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ZUR DEUTUNG DER
OSTGIEBELSTATUEN VOM PARTHENON.
Hierzu Tafel I.
So gewiß im Westgiebel des Parthenon die Zeugen des Streites um die alte
Polis von Athen zu deren heroischen Bewohnern gehören, müssen im Ostgiebel die
an den Hängen des Olympos ruhenden Zuschauer der Athenageburt unter den
großen Göttern, zunächst den darunter in Metopen und Fries dargestellten Zwölf,
gesucht werden1. In dem beschränkten Rahmen der durchaus früher entstandenen
Vasenbilder sind ja meist an erkennbaren Wesen außer dem Personal des Geburts-
aktes selbst nur die Brüder der neuen Göttin, neben dem mitwirkenden Hephaistos
regelmäßig Apollon und Hermes, nicht selten Ares und Dionysos, gelegentlich auch
die Schwestern Aphrodite und Artemis und Mütter von Geschwistern, nämlich Hera,
Demeter und Leto zugegen2. Auch an der Basis des olympischen Zeus wohnten
der Geburt Aphrodites, gleichfalls zwischen Helios und Selene, bloß ebenbürtige
Standesgenossen des Ankömmlings bei, und zwar durchaus in Paaren, ehelich, ge-
schwisterlich oder freundschaftlich geeint, wie ja in der Mitte Aphrodite selbst ihren
allgemeinst gültigen Bund mit einem Gotte des andern Geschlechts, mit Eros, ein-
ging3. Soweit als möglich gepaart kommen die großen Götter schon auf der Klitias-
vase zur Hochzeit des Peleus. Da nun Athenas einzige Verbindung mit einem
olympischen Manne, wenn von Herakles abgesehen wird, ihr unvergleichlich enges
Verhältnis zum Vater ist, dürfte die Zeit des Pheidias in der Wahl und Gruppierung
solch großer Assistenz bei ihrer Geburt erst recht auf die sonstigen Kinder des
Zeus und ihre Mütter Rücksicht genommen haben.
Diesen Voraussetzungen entsprechende Deutungen der erhaltenen Giebel-
figuren sind längst, besonders von Petersen, gefunden, aber immer wieder durch
andere, mehr oder weniger allegorisch zu nennende Erklärungsversuche in den
Hintergrund gedrängt worden.
Den von Petersen (S. i i6ff.) wohl begründeten Namen Dionysos für den
herrlichen Jüngling, der lässig auf Pantherfell und Mantel gelagert und, gleich dem-

>) Petersen, Kunst des Pheidias, S. 114 und sonst.
Denselben Grundsatz hat für den Westgiebel
am konsequentesten durchgeführt Furtwängler,
Meisterwerke, S. 232 ff. Um so überraschender
ist es, daß er ihn in betreff der anderen Seite
verkennt. Vgl. dagegen jetzt auch B. Sauer,
3) Pausan. V. 11, 8, vgl. Petersen
Jahrbuch des archäologischen Instituts XIX.

Der Weber-Laborde’sche Kopf, Progr. d. Univ.
Gießen 1903, S. 79, 99.
2) Es genügt, auf die treffliche Übersicht R. Schnei-
ders, Abh. d. arch.-epigr. Seminars in Wien I,
Die Geburt d. Athena, S. 9 ff., S. 17 f. zu ver-
weisen.
a. a. O. S. 115 f., 323, 372.
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