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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 1
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Rubensohn, Otto: Aus griechisch-römischen Häusern des Fayum
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0031
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Rubensohn, Aus griechisch-römischen Häusern des Fay um.


Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahrhunderts ansetzen. Damit ist ein
ungefährer Ansatz für die Entstehungszeit der Bilder gegeben, denn es handelt sich
nicht um Kunstwerke, die jahrhundertelang sorgsam aufbewahrt werden, sondern um
billige Ware, für die man jederzeit Ersatz finden konnte. Die nächsten Verwandten
der Bilder finden sich unter den Mumienporträts aus dem Fayum. Auf ein Detail
in der Gewandung der Isis, das auf Mumienporträts wiederkehrt, wurde schon oben
hingewiesen. Einen weiteren kleinen Anhalt bildet das Medaillon, mit dem Athena’s
Mantel auf der Brust zusammengehalten wird. Ganz gleichartige Schmuckstücke

kenne ich zwar nicht auf Porträts selbst, aber an den der gleichen Epoche ange-

hörigen Gipsmasken von Sarkophagen finden sie sich öfters in Stuck nachgebildet

(z. B. Berliner Museum Inv. 14629, s. Abb. 16, und 14630, mir von G. Möller nach-


gewiesen). Derselbe Gesichtstypus mit den rundlich vollen
Formen wie bei Isis und Athena begegnet uns immer wieder
bei den Porträtbildern, dieselbe schematische Art der Haar-
zeichnung und besonders dieselbe Wiedergabe der Augen mit
den geschwungenen Brauen, den spärlichen dick gezeichneten
Wimpern, ja auch mit dem stereotyp nach oben gerichteten
Blick weisen viele von den geringeren Exemplaren unter diesen
Bildern auf. Ich möchte deshalb unsere Tafelbilder derselben
Zeit zuweisen, der die Mumienporträts angehören, also dem
zweiten, spätestens dritten Jahrhundert nach Christus.

Die feierliche Haltung, Nimbus und Strahlenkranz machen die beiden Bilder

äußerlich Andachtbildern ähnlich und nähern sie in der Auffassung den Laren- und
Penatenbildern in Pompeji und den mittelalterlichen und modernen εικονοστάσια und

προσευχητήρια in koptischen und griechischen Wohnhäusern. Daß die Bilder aber
direkt einer kultlichen Bestimmung geweiht waren, also etwa als Objekte des Haus-
kultus dienten, ist damit nicht gesagt. Die Wandbilder des Hauses in Batn-Harit
haben uns gezeigt, daß solche Bilder von Gottheiten im Fayum auch als einfacher
Wandschmuck Verwendung fanden, auch hier wie dort entscheidet die Auswahl der
Gottheiten, besonders das Auftreten der Athena gegen die kultliche Verwendung
der Bilder. Sie sind einfach als Wanddekoration zu betrachten.

Trotz des geringen künstlerischen Wertes haben die beiden Bilder eine Be-
deutung für uns, weil sie die ersten und bisher einzigen Holztafelbilder sind, die in
einem antiken Wohnhaus zum Vorschein gekommen sind. Über die Verwendung
des Tafelbildes im antiken Privathaus haben nach Raoul Rochette’s und Helbig’s
ausführlichen Abhandlungen Mau zu verschiedenen Malen, Robert im 19. und 21.
Hallischen Winckelmannsprogramm und Donner v. Richter in den Röm. Mittig. 1899
S. 1 ipfE. gehandelt. Die Wandmalereien des römischen Hauses bei der Villa Far-
nesina und der Casa Tiberina haben uns ebenso wie eine ganze Reihe pompejani-
scher Wandgemälde die häufige Verwendung der Tafelbilder in den vornehmen
Privathäusern des ersten Jahrhunderts nach Christi Geburt vor Augen geführt. Der
Fund von debtynis zeigt uns nun, daß die Dutzendware dieser Denkmälergattung
 
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