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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Assmann, Ernst: Das Schiff von Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0047
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Aßmann, Das Schiff von Delphi.

denn die mauretanischen Münzen sind nach phoinikischem Maßstab geprägt, tragen
phoinikische Inschrift, zeigen Köpfe von semitischem Typus (Müller 86, 87), die
gesamte Küste war von Puniern besiedelt und beherrscht. Von den Puniern über-
nahmen die Römer die Schilderzier des Kriegsschiffes, wie sie sich ja überhaupt
beim ersten großen Flottenbau nach karthagischem Muster richteten (Polyb. 1, 20),
nicht etwa nach hellenischem, trotz der vielen griechischen Seestädte in Unteritalien.
Von den Römern ging die Überlieferung hinüber ins Mittelalter, die Reling schmückte
sich als pavesata mit Wappenschildern, wie wir das noch um 1500 auf Bildern von
Pinturicchio sehen. So läßt sich allerdings in dem obenerwähnten Sinne von Jaehns
die andauernde Fortpflanzung altphoinikischen Brauches, unter Überspringung der
Griechen, erkennen. Aus vorstehenden Gründen bin ich geneigt, die Schilde am
Schiff von Delphi als ein vereinzeltes Beispiel vom Eindringen jener Phoinikersitte
in Hellas aufzufassen. Ein derartiger Phoinikismos an einem Werk der Sikyonier
aus dem 6. Jahrhundert würde recht gut stimmen zu dem, was E. Curtius, Ges.
Abhandl. 2, 225; 1, 182 über eine starke Besiedelung von Sikyon und Korinth durch
Phoiniker in uralter Zeit und über die nachhaltigen Wirkungen dieses Phoinikerblutes
gedacht hat. Der im Morgenlande heimische Apollonius Rhod. (4, 201) läßt an-
scheinend die Rojer der Argo durch schildtragende Leute decken, wie solche die
assyrischen Bogenschützen schirmen (Layard, mon. of Nineveh 27, Taf. 18. 21); von
Normannenschiffen gibt Ähnliches an du Chaillu, Viking age 1, 185. Die barres
entrelace'es bei Torr, Rev. arch. 1894, 2 S. 27 können Schilde gewesen sein oder
reifenartige Träger für Schutzdecken (παραρρόματα) wie auf den Galeeren.
Unterhalb der Schilde, zwischen dem mittleren und untersten Gürtelholzzuge
wird die Schiffswand von drei Rojepforten (τρήματα, columbaria) durchbrochen, deren
Form gleichfalls von dem, was wir in Althellas zu sehen gewohnt sind, abweicht.
Sie gleicht dem oberen Drittel eines Kreises mit 15 mm Breite und 9 mm Höhe,
sowie der Grabnische des römischen columbarium. Um ein Seitenstück zu dieser
Pforte zu finden, muß man gar weit durch die Zeiten hinabsteigen, nämlich bis zu
gewissen venetianischen Galeeren auf den Bildern im Dogenpalast und einigen
Reliefs vom Denkmal Foscarini (Levi, Navi venete Taf. 28, 31) sowie zur Vergilhand-
schrift im Vatikan (Daremberg-Saglio, Abb. 1748). Die Schiffsbilder des Altertums
zeigen meistens Schiffe ohne Rojepforten, deren Riemen an Dollen auf dem Bord
liegen oder sie lassen die Riemen unvermittelt aus der Schiffsseite heraustreten
(wie z. B. auf der Trajanssäule, Baumeister, Abb. 1685). Ferner ist die Austritts-
stelle der Riemen öfters durch Askome [biremispraenestina) oder den überhängenden
Riemenkasten verhüllt. Kreisrunde Rojepforten führen die Schiffe der cista Ficoroni
und der bei Torr, ancient ships Taf. 4, Abb. 17 wiedergegebenen schwarzfigurigen
Vase, solche in Gestalt einer unteren Kreishälfte hat ein Vasenbild (Torr, Abb. 19),
eigenartige Schlitze die prora von Samothrake. Es verlohnte sich, auf diese Dinge
hinzuweisen, weil noch niemand sie beachtete. Bei dieser Gelegenheit möchte ich
auch die Frage aufwerfen, ob nicht unsere hergebrachte (Aßmann bei Baumeister
1609; Torr 44), nur auf Herodot 5, 33 fußende Annahme riesiger, mannskopfgroßer
 
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