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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 2
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Six, Jan: Pamphilos
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0110
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Six, Pamphilos. jqj

der Weg, den die Phliasier und ihr attisches Hilfskorps zogen, bergab ging, das
erhellt ohne weiteres aus der zunehmenden Schnellheit ihres Sturmlaufs.
Wir hätten also, wenn nicht alles trügt, eine willkommene Bestätigung
unserer Vermutung gefunden, aus den Worten Xenophons abgeleitet, die diesen
Vorschlag aus der rein subjektiven Empfindungssphäre in mehr faßbare Bahnen lenkt.
Zugleich ergibt sich auch eine einleuchtende Vermutung für die sonst
befremdende Tatsache, daß ein sikyonischer Meister einen Sieg der Athener bei
Phlius gemalt haben sollte. Bei Xenophon versprechen die Phliasier dem Chares
als Retter ihrer Stadt Ruhm in seinem Vaterlande und Ruf bei Freund und Feind.
Ich halte das allerdings für ein vaticinium post eventum, hervorgerufen durch das
Gemälde, das die Phliasier nach dem Frieden von 366 von Pamphilos in dem
benachbarten Sikyon hatten malen lassen und Chares zur Ehre nach Athen gestiftet
hatten. Es ist ja sonst kaum einzusehen, weshalb ein Sikyonier irgend einen unbe-
deutenden Sieg der Athener über die Argiver und Arkader oder über seine eigenen
Landsleute gemalt haben sollte.
Für Phlius aber war dieser Sieg von dem größten Gewicht und die Rettung
der Stadt; und Siege pflegen nicht so sehr nach dem Aufwand von Kraft und Blut
geschätzt zu werden, sondern nach ihrem Erfolge.
Chares würden wir sehr schlecht kennen, wenn wir meinen sollten, daß er
eine solche Ehrung einer Tat seiner ersten Strategie wegen der Geringfügigkeit
des Streites, abgelehnt haben sollte, auch wenn die Phliasier die ihnen gebührende
erste Stelle bei dem Sturmlauf sich gewahrt hätten.
Ich kann aber nicht verschweigen, daß mir ein leiser Verdacht an der Dar-
stellung des Xenophon gekommen ist. Und so verwegen es scheinen mag, an
einem Gemälde, das wir eben in unserer Phantasie rekonstruiert haben, deuteln zu
wollen, so kann ich meinen Verdacht nicht unausgesprochen lassen. Das ύστερον
πρότερον, das in einer erzählenden Darstellung nicht zu vermeiden ist, womit wir
haben rechnen lernen in den assyrischen Reliefs und phönikischen Schalen so gut
wie an der Trajanssäule oder Memlings sieben Schmerzen der Maria, ist, wenn es
in einer einzigen Gesamtdarstellung verarbeitet wird, wie in der Marathonschlacht
des Panainos oder im Panathenäenzug am Parthenon, nicht immer vor Mißdeutung
frei. In der Poikile sah man Miltiades seine Truppen vorwärts winken ihm zu
folgen15, davor das Handgemenge und der Streit bei den Schiffen, zwei Akte der
Handlung, die zeitlich hinter dem Moment lagen, worin wir die Hauptfigur sehen.
Auch der Führer des panathenäischen Zuges reitet fast ganz hinten, indem ganz
vorne der Schlußakt, die Überreichung des Peplos, sich abspielt16.
So beweist auch gar nichts in dem Gemälde, daß, wenn man da Chares noch

15) Mit Unrecht hat Robert, XVIII. Hallisches
Winckelmannsprogramm, die Figur des Miltiades,
die Benndorf aus der Griechenschlacht zu Trysa
und der Schwertscheide aus Nikopol erschlossen
hatte, verworfen. Noch in der Josuarolle des

Vatikan (Seroux d’Agincourt, T. XXX) findet
man dieses Schema wieder.
16) Vergl. Michaelis, Der Parthenon S. 216 ff. und
in der Festschrift für Joh. Overbeck S. 183.
 
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