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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 2
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Goepel, Max: Zum betenden Knaben und zur springenden Amazone
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0118
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Goepel, Zum betenden Knaben und zur springenden Amazone.

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0,50 m voneinander entfernt sein mögen, fest da mit etwas gebeugten Knien (Seit-
grätschstellung). Dann kann er mit Leichtigkeit einen Schritt links oder rechts seit-
wärts, auch vorwärts und allenfalls auch rückwärts machen, er kann auch den Ober-
körper nach rechts oder nach links, auch vornüber beugen, um den heranfliegenden
Ball zu fangen. Auch Mau (S. 104) behauptet, daß es »nicht auf einen möglichst
festen, sondern auf einen elastischen, beweglichen Stand ankommt, in dem der
Oberkörper leicht rechts oder links gebogen, auch leicht ein Schritt seitwärts getan
werden kann«. Dieser Forderung entspricht aber die Stellung des betenden Knaben
nur in geringem Maße. Sobald er den Oberkörper seitwärts beugt, kommt er aus
dem Gleichgewicht; einen Schritt rechts seitwärts oder vorwärts würde er tun
können, aber links seitwärts durchaus nicht, da die Last seines Körpers auf dem
linken Beine ruht.
Ich darf wohl bemerken, daß ich auch gegen die Beschreibung eines festen
Standes bei Mau etwas einzuwenden habe. Mau sagt: »Es wäre ja denkbar, daß
der Spieler den einen Fuß zurückgesetzt und beide Knie gestreckt hätte, so daß
beide Füße fest aufträten«. Nein; vielmehr würde das Knie des vorderen Beines
gebeugt sein, ebenso würde der Oberkörper etwas vornüber geneigt sein. In dieser
Haltung würde er etwa einen schweren, gestopften Ball fangen; allerdings würden
dazu die emporgehobenen Arme nicht passen, sie würden vielmehr, im Ellbogen-
gelenk gebeugt, vor der Brust sich befinden.
Die Haltung der Beine, wie wir sie bei dem Adoranten sehen, könnte ich
mir nur so erklären, daß der Knabe einige Schritte vorwärts gerannt ist, um den
Ball, der zu kurz geworfen ist, zu fangen, und daß nun der rechte Fuß noch etwas
zurück ist. Aber dem widerspricht die ruhige Haltung des Oberkörpers; von lebhafter
Bewegung ist nichts zu bemerken.
Ich komme zu der Haltung der Arme. Diese sind ja bekanntlich ergänzt,
und zwar ist von dem Stumpf des linken Armes etwas mehr antik als vom rechten.
Es ist mir aber sehr zweifelhaft, ob selbst von dem linken soviel erhalten ist, daß
man daraus mit Bestimmtheit auf die Haltung des Unterarms schließen kann. Es
kommt hinzu, daß die Ansatzstellen überarbeitet sind, man also nicht mehl' genau
feststellen kann, wie der antike Künstler die Muskeln gebildet hat. Wenn die
Ergänzung der Arme, so wie wir sie haben, richtig ist, so meine ich, daß für einen
Ballfänger die Arme, namentlich der linke, zu weit nach außen gedreht sind. Es
gibt Knaben, die so fangen, daß die eine Hand von unten, die andere von oben
zufaßt, aber von solcher Haltung der Arme kann hier gar keine Rede sein. Die
meisten fangen so, daß die Handflächen in gleicher Höhe gehalten werden und
einander zugekehrt sind. Auch ist zu bemängeln, daß die kinger ziemlich weit von-
einander gespreizt sind; ein Ballfänger würde dieselben mehr Zusammenhalten.
Nun hindert uns ja aber wohl nichts, uns die Haltung der Arme im Original
etwas anders zu denken, so daß sie der eines Ballfängers mehr entsprechen. Da
habe ich dann aber noch ein Bedenken. Mau sagt,: »Es war das Recht des Künstlers,
eine Partie zwischen vorzüglichen Spielern vorauszusetzen«. Gewiß! Wenn aber
 
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