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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Pfuhl, Ernst: Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs, 2, Die Bezirke und Bauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0160
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Pfuhl, Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs.

I5I

verhüllte Frau, die ein Liebespaar beobachtet 377. Auf pompeianischen Bildern
werden ebenfalls vielfach Figuren über Mauerrändern sichtbar und die Maler tragen
offenbar nicht immer den wirklichen Höhenverhältnissen Rechnung 378. Unsere
Steinmetzen schalten also auch hier mit altem Gemeingut, wodurch sich auch die
Freiheit der Anwendung erklärt — falls sie noch einer Erklärung bedarf.
Die Darstellungen zerfallen in drei Gruppen, deren erste durch die Beziehung
zum Totenkultus bestimmt wird. Hierher gehören die adorierenden Mädchen, die
Männer mit dem Schild und die wohl als Klagende im Sinne des sidonischen
Sarkophags aufzufassende Frau. Die Figuren sind Zeugen der dem Toten erwiesenen
Heroenehren; sie bedeuten im Grunde nichts anderes als der Pferdekopf und die
Waffen, die ja an gleicher Stelle erscheinen. — Die Kinder sind auch nicht so weit
in den Zusammenhang der Szene gezogen, daß ein rechtes Familienbild entstände;
sie sind im Hintergründe angebracht wie Attribute ihrer Eltern, den Gegenständen
vergleichbar. Die Frage, ob Mauer und Vorhang im Haus oder auf dem Friedhof
gedacht seien, darf man gar nicht stellen: es sind Typen, über deren Bedeutung in
unserem Falle der Bildhauer nicht nachdachte, wie er ja auch neben der am Grabmal
stehenden Mutter spielende Kinder anbrachte. — Auf ein ganz anderes Gebiet führen
uns die drei gewaffneten, nur in einem Falle nicht berittenen Männer. Wie typisch
auch sie verwendet wurden, zeigt das Relief mit der Prora, wo die Protomen ganz
unorganisch gestaltet sind. Auf dem verglichenen südrussischen Relief entsprechen
sich symmetrisch drei Männer und zwei Pferde; dazu konnte man auf dem Wege
über die Staffelung von Rossen und Reitern auf dem ,Frauentotenmahl’ gelangen.
Die Darstellung läßt sich nach Attika zurück verfolgen; sie beschränkt sich bisher
auf Totenmahle. Ein solches von attischem Stein und Stil aus Teos zeigt die drei
Krieger unberitten im Hintergründe; auf eine Motivierung der Anbringung ist nach
attischer Weise verzichtet 379. Drei Jünglinge zu Pferde bilden die Hauptdarstellung
eines spätattischen Kraters aus Kertsch 38°. Die bisherige Erklärung befriedigt nicht.
Man will in den bewaffneten und meist berittenen Männern Vertreter des Leichen-

zuges sehen381. Sollten wirklich der Bahre smyrnäischer oder te'ischer Bürger und
Bürgerinnen hellenistischer Zeit bewaffnete Reiter gefolgt sein? Und warum ist auf
den Reliefs die Dreizahl stets festgehalten? Wenn man bedenkt, daß die Drcizahl
nur ein Ausdruck für die Vielheit ist 382 und daß die Heroen den Menschen als
Krieger zu erscheinen pflegten 3 83, daß ferner das Pferd das Hauptsymbol der κρείττονες

377) Elite ceram. IV T. 66.
378) Vgl. z. B. das Bild mit dem Muttermorde des
Orestes, Michaelis - Springer 7. Aufl. S. 290
Abb. 512. Anders die Bilder mit der Über-
bringung des Orakels an Admet, Mus. Borbon.
XI T. 47.
379) In Wien, v. Sacken S. 19 Abb. 5. Stark, Nach
dem griech. Orient S. 384!.; Furtwängler,
Samml. Saburoff I S. 34, 9. Ein einzelner Reiter
in kleinem Felde auf dem attischen Totenmahl
Amer. Journ. 1896 S. 146,4.

38°) Brit. Mus., Calal. of Vases IV S. 30, F. 8.
38]) Furtwängler a. a. O. S. 34· Vgl. Pottier, Etüde
S. 81.
382) Diels, Archiv f. Gesch. d. Philos. 1897, S. 232,
Festschrift f. Gomperz S. 8, 3. Usener, Rhein.
Mus. 1903 S. 359E
383) Deswegen hat die von Weicker, Der Seelenvogel,
S. 35 abgebildete altkorinthische Sirene mit dem
Helm doch wohl eine tiefere Bedeutung, als der
Herausgeber annimmt.
 
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