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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Six, Jan: Apelles
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0184
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Six, Apelles.

175

Dürfen wir also mit einem gewissen Grade von Wahrscheinlichkeit wagen,
Apelles das Vorbild der Auffindung des Telephos zuzuschreiben, so erhebt sich
sofort die Schwierigkeit, daß wir von einem Werke in Rom ausgingen und seit
Otto Jahn24 mit Recht allgemein angenommen wird, daß das herkulanensische Bild
auf Pergamon hinweise.
Zunächst scheint dieses Hindernis unüberwindlich, aber bald wird sich zeigen,
daß es uns auf eine Kombination führt, die unserer Vermutung eine neue Stütze
verleiht.
Wie das römische Bild, das dem Apelles zugeschrieben wurde, beschaffen
war, ist schwer zu sagen. War es eine Replik, eine Kopie der ganzen Komposition
oder eine Studie für die Einzelfigur? Wir können es nicht wissen. Nur dieses ist
sicher, daß ein Werk des Apelles nicht von Anfang an für Rom bestimmt gewesen
sein kann.
Etwa aber für Pergamon, dessen Blüte auch erst in spätere Zeit fällt? Ohne
Zweifel, und es hat sich sogar die Nachricht davon in einer kuriosen Stelle des Solin
erhalten25. Unter den Plinianischen Excerpten über den Basiliscus steht folgender
bei Plinius fehlende Bericht: denique basilisci reliquia amplo sestertio Pergamem
comparaverunt, ut aedem Apellis manu insignem nec araneae intexerent nec alites
involarent. Was die Verwendung des Basiliscus betrifft, ist die Behauptung vielleicht
nicht ganz absurd. Noch heute wird oleum animale foetidum, den Alchimisten besser
bekannt als der heutigen Pharmacopöie, auf einen Hering gestrichen empfohlen,
um durch seinen üblen Geruch die Vögel aus Obstgärten zu verscheuchen; wie viel
mehr aus einem Tempel, in dem Zeuxis keine Trauben gemalt hatte.
Allerdings hat man früher mit der Mehrzahl der Handschriften Apollinis
statt Apellis gelesen, aber Th. Mommsen26 hat mit vollem Recht aus der Margo
des Parisinus und der Korrektur des Leidensis Apellis in den Text aufgenommen,
indem er gewichtige Gründe dafür anführte, daß eine solche Lesung den wahren Text
aufbewahrt habe.
Hat aber wirklich Apelles einen ganzen Tempel zu Pergamon ausgemalt, so
dürfte es uns nicht Wunder nehmen, darin eine Telephos-Geschichte zu finden;
Telephos ist doch recht eigentlich im pergamenischen Lande zu Hause27.
Und fragen wir weiter, wie Apelles nach Pergamon gekommen sein mag, so
möchte ich daran erinnern, daß Pergamon der Sitz der Barsine war, der Mutter des
Herakles, der nach Alexanders Tode auch als Thronfolger genannt wurde.
Hat aber die Vorlage des herkulanensischen Gemäldes einen Teil einer
Tempelbemalung ausgemacht, so darf man erwarten, weitere Episoden aus der
Telephos-Sage in demselben Stil und derselben Auffassung zu finden. Und diese
Hoffnung trügt nicht. Robert28 hat sehr wahrscheinlich gemacht, daß die geflügelte
Figur mit dem Ährenbündel in der Hand, die den Herakles auf Telephos mit der
21) Archäologische Aufsätze 161. 26) Vorwort zu Solin S. LVI.
2δ) 27> 53· 27) Thrämer, Pergamon, 2. Buch 3. Kapitel.
28) Eratosthenis Catasterismorum Reliquiae 247.
 
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