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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Engelmann, Richard: Zu den Phoenissen des Euripides
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0195
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ι86

Engelmann, Zu den Phoenissen des Euripides.

Sohnes aus der Tiefe holt (v. 1325 δν άρτι κρημνών έκ δρακόντειων ελών αύτοσφαγή δύστη-
νος έκόμισ’ έν χεροΐν), so daß also in dem Augenblick des Zweikampfes der Tote nicht
mehr am Ort gegenwärtig sein konnte, wird ja wohl nicht gegen die Beziehung des
auf unserm Vasenbild dargestellten Toten auf Menoikeus vorgebracht werden; der
Maler konnte recht wohl mehrere aufeinanderfolgende Szenen vereinigen und zu
einem Bilde gestalten.
Auch die beiden anderen Kämpfer erklären sich aus den Phoenissen des
Euripides. Der mit der Lanze von rechts heranstürmende, der schon dem Jüngling
links einen Stich in den linken Schenkel beigebracht hat, ist Tydeus, der nach v. 1172
(ορώ δέ Τυδέα και παρασπιστάς πυκνούς Αιτωλισιν λόγχαισιν εις άκρον στόμα πύργων ακον-
τίζοντας, ώστ επάλξεων λιπεΐν έριπνας φυγάδας) mit seiner Lanze die thebanischen Vor-
kämpfer von den Zinnen heruntertreibt3, und der verwundete Jüngling, der den läng-
lichen Gegenstand auf den Lanzenkämpfer schleudert, ist Periklymenos, der einen
gewaltigen Stein von den Zinnen auf den Parthenopaios herabwirft (v. 1163 άλλ’ έσχε
μαργώντ αυτόν έναλίου θεού Περικλύμενος παΐς, λάαν έμβαλών κάρα άμαξοπληθη, γεΐσ επάλ-
ξεων άπο). Daß der Maler zwei Szenen zu einer vereinigt hat, insofern er den
Periklymenos nicht wie bei Euripides dem Parthenopaios, sondern dem Tydeus gegen-
überstellt, könnte dadurch erklärt werden, daß die beiden Helden auch sonst als
Gegner gelten, insofern Tydeus den Periklymenos bei einer Zusammenkunft mit
der Ismene überrascht, so daß dieser mit Mühe entkommt (Körte, Ril. d. urne etr.
II Taf. 8a); es wäre aber auch möglich, daß an Stelle des Tydeus Parthenopaios
oder an Stelle des Periklymenos sein Bruder Melanippos vom Maler gemeint ist,
gegen den Tydeus besonders grimmigen Haß hegte (Herodot. V 67, Apollod. III
6, 8). Der Steinwerfer erscheint auch auf einigen etruskischen Aschenurnen (Körte,
ÄzZ d. urne etr. II Taf. XXI 1 u. 2 u. 22, 4); dort ist allerdings die Form des Steines
eine unregelmäßigere, während auf dem Neapeler Vasenbilde der Gegenstand, den
der Jüngling schleudert, mehr die Form eines oblongen Brettes hat, so daß der
Duc de Luynes an einen marche-pied, meuble domestique denken konnte. Eine ähn-
liche Verzierung, wie dem fraglichen Gegenstand gegeben ist, ein Rautenmuster mit
Punkten, findet sich auf einer steinernen Basis [Bull. Nap. NS VI Taf. 9). Das be-
treffende Gefäß, eine damals bei Barone, jetzt im Brit. Mus. befindliche Vase, hat
viel Ähnlichkeit mit der hier abgebildeten Amphora. Sollte vielleicht in dem einen wie
in dem andern Falle eine Ausführung in Ziegelsteinen gemeint sein? Die regelmäßige
Form des geschleuderten Gegenstandes darf übrigens nicht wundernehmen, da nach
PSuripides nicht ein beliebig gestalteter, roher, auf der Mauer liegender Stein in
Frage kommt, sondern ein architektonisch behandelter und als γεΐσον bei den Zinnen
verwendeter (v. 1165 λάαν έμβαλών κάρα άμαξοπληθή, γεΐσ’ έπάλξεων άπο).
Der Pan auf der linken Seite wird keine Schwierigkeit machen; wie vielfach
die Satyrn, ist hier ihr Genosse Pan verwendet, um anzudeuten, daß die geschilderte
Szene im Freien vor sich geht. Die beiden Göttinnen endlich, die rechts und links

3) Vgl. Körte, Ril. d. u. etr. II T. 21, 3 u. 22, 4.
 
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