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E. Maaß, Pannychis.

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logischen Überlieferung in Pannychis umgetauft: also versteckt. Eine Scheu dieser
Art lag diesem Apologeten und allen vollkommen fern! Im übrigen hat aber Bursian
mit der plastischen Unausführbarkeit einer Darstellung der Konzeption natürlich recht.
Ebenso Overbeck, Geschichte der griechischen Plastik^ II. S. 134, 183, der sonst
die Bursiansche Auffassung wenigstens bezweifelte und richtig hinzufügte: »Dennoch
weiß ich nicht, ob wir dadurch eine bestimmte Vorstellung von dem Werke des
Euthykrates gewinnen . . . Daß Euthykrates' Werk geradezu das darstellte, was die
Worte Tatians besagen, ist mir undenkbar, und die einzige Vorstellung, die ich mir
zu bilden vermag, ist die von einer Gruppe, in der etwa eine Entführung dargestellt
war, welche der Verführung vorhergehen mußte.« Der Name Pannychis mochte,
meint er, auf einem bezeichnenden Festkostüm des entführten Mädchens beruhen.
Auch diese Lösung des Rätsels ist unmöglich; wie sollte man sich das vorstellen?
So bedeutet es geradezu das Ende dieser Zweifel, wenn Kalkmann in einem
Aufsatze über Tatians Nachrichten über Kunstwerke (Rhein. Museum XLII
188/, 494) die Nachricht Tatians für freche Fälschung des Apologeten hielt.
Er machte auf Grund der fragwürdigen Konjektur O. Jahns Tatian zu einem Fälscher
und zu einem ganz lächerlichen: »Pannychis empfängt von einem Verführer:
das ist eine der Kunst des Meißels zur Last gelegte Wunderlichkeit und Widerlich-
keit.« Und S. 497 f.: »Pannychis ist ein geläufiger Hetärenname; auch spielt der
Name deutlich genug an auf das nächtliche Gewerbe, und Pannychis folgt bei Tatian
gleich auf Phryne. Also: die Hure hat empfangen, ist geschwängert worden; wie
merkwürdig, welches Omen!« Solch »Miraculum« reiht sich nach Kalkmann würdig
dem übrigen Inhalt des Schmutzkatalogs dieses Apologeten an. Tatian kann von
dem Vorwurf, aus dem griechischen Kunstvorrat einen Schmutzkatalog mit bewußter
Absicht und mit der ganzen Einseitigkeit einer fanatischen Christennatur zusammen-
gelesen zu haben, nicht freigemacht werden. Des Unsinns aber, den Kalkmann ihn
aussprechen läßt, ist Tatian nicht schuldig. Daß eine Hetäre einmal ein Kind gebiert,
ist an sich doch wohl kein ominöses Miraculum; indessen über solche Dinge soll
lieber nicht gestritten werden. Im allgemeinen ist gegen Kalkmanns Behandlung
der Tatianischen Nachrichten über Kunstgegenstände zu erinnern, daß Tatian zwar
seine tendenziöse Auswahl von Werken in üblem Sinne, um sie zu brandmarken,
erläutert hat; erfunden hat er sein Material nicht in einem einzigen Falle, der erwiesen
wäre. Und wahrscheinlich ist die Sache an sich gar nicht; wahrscheinlich ist das
Gegenteil. So urteilt richtig auchBlümner (Archäol. Zeitung XXIX 1871, S. 86 ff.).
2. Ich schlage einen andern Weg ein. Tatian hat den cpDopeu? ohne Namen
gelassen; denn TßopstU zu schreiben und dies als Eigennamen mit Jahn zu fassen,
ist wieder nicht möglich. Tatian will nur eben ganz allgemein irgend einen Jung-
frauenschänder bezeichnen. Dann ist auch für das beteiligte Mädchen die Namen-
losigkeit im Sinne Tatians als natürlich, als Absicht zu verstehen; und GtA7o!p.ßavoüGK
entspricht ja in seiner Unbestimmtheit dem (pßopsu? durchaus; daran sollte niemand
rütteln. Ist aber das zugegebenermaßen verdorbene rrav-soyGa von cuVap.ßavoucKv ex
(pDopeu^ abzutrennen, dann gibt es ein Mittel, es zu heilen, das ist, zu
 
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