4 Th. Wiegand, Der Hippodrom von Konstantinopel zur Zeit Suleimans d. Gr.
Nur bei zwei Blättern bildete Konstantinopel den Hintergrund. Die zweite
außer dem Hippodromblatt für Konstantinopel in Betracht kommende Zeichnung ist
neuerdings durch die Kaiserliche Reichsdruckerei in Berlin vervielfältigt worden (dar-
nach Abb. i). Sie stellt einen türkischen Musikantenzug auf den Höhen von Kassim-
pascha am Goldenen Horn dar, jenseits dessen man links die kleinen Kuppeln der
Pantokratorkirche, in der Mitte die Apostelkirche (Moschee Sultan Mahomeds), rechts
aber — und dies ist chronologisch wichtig — die 1520 erbaute Moschee Selims I.
erkennt. Damit ist die Entstehung des Blattes in der Regierungszeit Suleimans d. Gr.
gesichert, und das wird sich unten auch sonst noch bestätigen. Doch lehren mehrere
Umstände, daß bei dem Hippodromblatt der Künstler sich nicht nur an das hielt,
was er tatsächlich von seinem Standpunkt aus zeichnen konnte, sondern daß er
sich für die weitere Umgebung, den Horizont seines Bildes, teilweise einer älteren
topographischen Vorlage bediente, während das Figürliche, da es durchaus den
Charakter des XVI. Jahrhunderts trägt, das volle Eigentum Pieter Koecks ist. Es
fehlen im Stadtbild Monumente, die Koeck unbedingt hätte sehen und verzeichnen
müssen, andrerseits zeichnet er ein Monument, das lange vor Suleimans Regierung
vernichtet worden ist; beispielsweise fehlt die 1489—97 errichtete Moschee Sultan
Bajasids, des Sohnes des Eroberers, es fehlen an der Landspitze von Stambul alle
Bauten des neuen Serail, dagegen erscheint die Theodosiussäule (6 to5 Taupou xtmv),
die schon Sultan Bajasid II. (1481 —1512) zerstört hatte, als er seine Bäder erbaute6).
Koeck hat also ein älteres Stadtpanorama gekannt. Von wem dieses stammte,
läßt sich nicht feststellen. Die Zeichnungen des einen der beiden Künstler, die
unter Mohammed II. in Konstantinopel tätig waren, des Veronesen Matteo de’ Pasti,
sind bisher nicht gefunden worden, und von Gentile Bellini, der 20 Jahre nach
Matteo kam, kennen wir nur figürliche und die Zeichnung der Arkadiussäule?)
auf dem heutigen Awret-Basar.
Doch gehen wir zur Einzelbetrachtung des Hippodromblattes Taf. 1 über. Der
Holzschnitt ist 30 cm hoch, 83,5 cm lang und wird beiderseits von frei erfundenen,
hermenartigen Gestalten eingefaßt: links (nur in seiner rechten Hälfte vorhanden)
ein Orientale mit Spitzmütze und lang herabhängendem Schnurrbart, rechts eine
orientalisch gekleidete Karyatide. Ein prächtiger Aufzug turbangeschmückter
Reiter, begleitet von Bogenschützen zu Fuß, bewegt sich nach links in die Tiefe;
als wichtigste Person des Aufzugs erscheint hinter den Bogenschützen ein vor-
nehmer Reiter mit Adlernase, dem zwei Janitscharenoffiziere8) zu Pferde folgen.
Es ist Sultan Suleiman d. Gr., wie ein Vergleich mit anderen Porträts dieses Fürsten 9),
6) E. Legrand et Th. Reinach, L’eglise de Saints
Apdtres de Constantinople, Paris 1896, S. 44 ff.
7) Monuments Piot II, 1895, PI. X—XIII, Legrand-
Reinach a. a. O. 47 ff. und Fig. 3; Michaelis
Jahrbuch VII, 1892, 91 ff.; L. Thuasne, Gentile
Bellini et Sultan Mohammed II., Paris 1888, 13 ;
Fr. Sarre im Jahrbuch der K. Pr. Kunstsamm-
lungen XXVII 302, XXVIII 51 (Nachtrag). Die
Medaille Bertoldo di Giovannis auf Sultan Mo-
hammed II. ist abgebildet »Das Museum« Taf. 120.
8) Vgl. Monsgr. de Ferriols Abbildungen des Tür-
kischen Hofes, Nürnberger Ausgabe 1723, 72,
Tafel XXXII.
9) Vgl. auch Vita et icones Sultanorum Turcicorum,
Frankfurt 1596, neue Ausgabe 1648, danach
Schefer, Le Voyage de M. d’Aramon, Tafel I;
Nur bei zwei Blättern bildete Konstantinopel den Hintergrund. Die zweite
außer dem Hippodromblatt für Konstantinopel in Betracht kommende Zeichnung ist
neuerdings durch die Kaiserliche Reichsdruckerei in Berlin vervielfältigt worden (dar-
nach Abb. i). Sie stellt einen türkischen Musikantenzug auf den Höhen von Kassim-
pascha am Goldenen Horn dar, jenseits dessen man links die kleinen Kuppeln der
Pantokratorkirche, in der Mitte die Apostelkirche (Moschee Sultan Mahomeds), rechts
aber — und dies ist chronologisch wichtig — die 1520 erbaute Moschee Selims I.
erkennt. Damit ist die Entstehung des Blattes in der Regierungszeit Suleimans d. Gr.
gesichert, und das wird sich unten auch sonst noch bestätigen. Doch lehren mehrere
Umstände, daß bei dem Hippodromblatt der Künstler sich nicht nur an das hielt,
was er tatsächlich von seinem Standpunkt aus zeichnen konnte, sondern daß er
sich für die weitere Umgebung, den Horizont seines Bildes, teilweise einer älteren
topographischen Vorlage bediente, während das Figürliche, da es durchaus den
Charakter des XVI. Jahrhunderts trägt, das volle Eigentum Pieter Koecks ist. Es
fehlen im Stadtbild Monumente, die Koeck unbedingt hätte sehen und verzeichnen
müssen, andrerseits zeichnet er ein Monument, das lange vor Suleimans Regierung
vernichtet worden ist; beispielsweise fehlt die 1489—97 errichtete Moschee Sultan
Bajasids, des Sohnes des Eroberers, es fehlen an der Landspitze von Stambul alle
Bauten des neuen Serail, dagegen erscheint die Theodosiussäule (6 to5 Taupou xtmv),
die schon Sultan Bajasid II. (1481 —1512) zerstört hatte, als er seine Bäder erbaute6).
Koeck hat also ein älteres Stadtpanorama gekannt. Von wem dieses stammte,
läßt sich nicht feststellen. Die Zeichnungen des einen der beiden Künstler, die
unter Mohammed II. in Konstantinopel tätig waren, des Veronesen Matteo de’ Pasti,
sind bisher nicht gefunden worden, und von Gentile Bellini, der 20 Jahre nach
Matteo kam, kennen wir nur figürliche und die Zeichnung der Arkadiussäule?)
auf dem heutigen Awret-Basar.
Doch gehen wir zur Einzelbetrachtung des Hippodromblattes Taf. 1 über. Der
Holzschnitt ist 30 cm hoch, 83,5 cm lang und wird beiderseits von frei erfundenen,
hermenartigen Gestalten eingefaßt: links (nur in seiner rechten Hälfte vorhanden)
ein Orientale mit Spitzmütze und lang herabhängendem Schnurrbart, rechts eine
orientalisch gekleidete Karyatide. Ein prächtiger Aufzug turbangeschmückter
Reiter, begleitet von Bogenschützen zu Fuß, bewegt sich nach links in die Tiefe;
als wichtigste Person des Aufzugs erscheint hinter den Bogenschützen ein vor-
nehmer Reiter mit Adlernase, dem zwei Janitscharenoffiziere8) zu Pferde folgen.
Es ist Sultan Suleiman d. Gr., wie ein Vergleich mit anderen Porträts dieses Fürsten 9),
6) E. Legrand et Th. Reinach, L’eglise de Saints
Apdtres de Constantinople, Paris 1896, S. 44 ff.
7) Monuments Piot II, 1895, PI. X—XIII, Legrand-
Reinach a. a. O. 47 ff. und Fig. 3; Michaelis
Jahrbuch VII, 1892, 91 ff.; L. Thuasne, Gentile
Bellini et Sultan Mohammed II., Paris 1888, 13 ;
Fr. Sarre im Jahrbuch der K. Pr. Kunstsamm-
lungen XXVII 302, XXVIII 51 (Nachtrag). Die
Medaille Bertoldo di Giovannis auf Sultan Mo-
hammed II. ist abgebildet »Das Museum« Taf. 120.
8) Vgl. Monsgr. de Ferriols Abbildungen des Tür-
kischen Hofes, Nürnberger Ausgabe 1723, 72,
Tafel XXXII.
9) Vgl. auch Vita et icones Sultanorum Turcicorum,
Frankfurt 1596, neue Ausgabe 1648, danach
Schefer, Le Voyage de M. d’Aramon, Tafel I;