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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 23.1908

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Zahn, Robert: Hellenistische Reliefgefässe aus Südrussland
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https://doi.org/10.11588/diglit.44283#0055
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R. Zahn, Hellenistische Reliefgefäße aus Südrußland.

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HELLENISTISCHE RELIEFGEFÄSSE AUS
SÜDRUSSLAND.

Der großen Liebenswürdigkeit des Herrn Vogell habe ich es zu danken, daß
ich die reichen Schätze hellenistischer und hellenistisch-römischer Keramik, die
seine in Südrußland gebildete Sammlung enthält, vor ihrer Zerstreuung noch
schriftlich und photographisch aufnehmen konnte. Für den, der nicht so glücklich
ist, die großen Bestände der russischen Museen durch eigene Anschauung zu
kennen, bieten diese Proben der in Südrußland sich findenden jüngeren Gefäß-
gattungen ein willkommenes Material zum Studium und zum Vergleich mit ent-
sprechenden Funden und Erzeugnissen anderer Länder der griechisch-römischen
Welt. Ich veröffentliche hier zunächst eine Anzahl Reliefgefäße, die fast alle zu der
Klasse der sogenannten megarischen Becher gehören und in Olbia gefunden sind1).
Sie mögen einmal meine Bemerkungen zu den Scherben von Priene (Wiegand-
Schrader, Priene S. 401 ff.) weiter illustrieren, dann auch eine von mir geplante
zusammenfassende Bearbeitung dieser ganzen interessanten Gattung vorbereiten.
Aus der Masse der Becher heben sich nach Ton, Firnisüberzug, Form und
Verzierung zwei Gefäße heraus. Sie stimmen durchaus mit Bechern aus Griechen-
land2) überein. Die Farbe des Tones ist lebhaft hellbraun, Glimmer ist nur ganz
wenig vorhanden, der Firnis ist schwarzbraun oder violettbraun, dicht und gleich-
mäßig, matt glänzend, stellenweise leicht irisierend. Das Becken der Becher ist
ziemlich tief, der Rand hoch und leicht nach außen geschweift.
1. Höhe 0,08, Durchm. 0,14 m. Am Ansätze des Randes, durch dessen An-
drehen ziemlich zerdrückt, eine Reihe kleiner Spiralen mit’Palmetten darüber, wie
Watzinger, Athen. Mitteilungen XXVI 1901 S. 60, 19. Darunter Perlschnur und Eier-
stab von eigentümlicher Bildung. Der innere Teil der einzelnen Glieder läuft nämlich
nach unten ziemlich spitz zu und ist oben gezackt, es sind wohl Blütenkelche
gemeint. Der Körper ist durch lanzettförmige Blätter und schlanke Palmetten,
zwischen denen unten wieder kleine, andersgestaltete aufwachsen, in einzelne Felder
zerlegt. Diese füllen zweimal abwechselnd folgende Gruppen, die in der Form-
schüssel sehr schwach eingedrückt waren:
a) Der junge Dionysos mit Nebris, die auf der linken Seite niederhängt, auf der
rechten Schulter geknüpft ist, und mit Laschenstiefeln, links gestützt von einem Be-
gleiter, offenbar einem jungen Satyr, wendet sich nach rechts zu einer mit Chiton und
Mantel bekleideten Frau (Ariadne oder Mänade), die ihn liebevoll umfängt. Diese

‘) VgL die kurze Notiz von E. v. Stern, Iswestja
der Archäol. Komm. Heft 3, S. 21 unten.
2) Becher aus Megara: Benndorf, Vasenbilder
Taf. 59—61; Dumont-Chaplain, Ceramiques de
la Grece propre I Taf. 30, 31, 40. — Aus Kreta
und Kythnos: Furtwängler, Samml. Saburoff I
Taf. 73. — Aus Olympia, Olympia IV Tafel 70

Nr. 1311 —1313. — Scherben aus Athen:
Watzinger, Athen. Mitteilungen XXVI 1901
S. 58 ff. — Aus Delphi: Perdrizet bei Homolle,
Fouilles de Delphes V S. 174 ff., wo auch
weitere Funde aus Griechenland nebst Literatur
angeführt werden.
 
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