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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 23.1908

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Petersen, Eugen: Nachlese in Athen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44283#0022
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E. Petersen, Nachlese in Athen.

NACHLESE IN ATHEN.
I. PYRGOS UND NIKETEMPEL.
Weil die kleine Treppe einerseits in die Pyrgosquadern eingebunden, anderer-
seits gegen den Pfeiler W (vgl. Arch. Zeit. XXXVIII 1880 Taf. 10, deren Grundriß
und Ansicht in Abb. 1 wiedergegeben ist) stumpf gegengestoßen sei, folgerte
Bohn a. a. O., der Pyrgos in der überlieferten Gestalt sei jünger als die Propyläen.
Das Entgegengesetzte folgerte Wolters (Bonner Studien S. 92 ff.) aus der durch
Abbruch der Treppe sichtbar gewordenen Beschaffenheit des Pyrgos an dieser
Nordostecke, die nach seiner Meinung abgebrochen sei, um den Propyläenpfeiler W
aufrichten zu können. Köster (hier XXI 1906 S. 137) fand beide Beweise
»zwingend« und suchte aus dem Dilemma einen Ausweg: der Pyrgos sei älter,
er sei aber auch jünger. Der ältere, der nach Norden und also auch nach Osten
weiter gereicht habe, sei verkürzt worden, dort, um der Propyläenflucht angepaßt
zu werden, hier um dem Pfeiler W Raum zu geben; danach erst sei der Pyrgos
umgebaut, und in ihn die Treppe eingebunden. Ich brauche kein Wort über die
ungenügende Prämisse zu verlieren, aus der K. den Umbau des Pyrgos herleitet;
ich begnüge mich zu fragen: ist es denn der ältere oder der jüngere Pyrgos, der
den von Wolters behaupteten Abbruch aufweist?
Nein, das Dilemma löst sich viel einfacher: ein Abbruch des Pyrgos hat
überhaupt nicht stattgefunden; was Wolters dafür ausgibt, ist das rohgelassene
Ende, das nie gesehen werden sollte, also im wesentlichen ebenso zu beurteilen
ist, wie die unabgeglichenen Fundamente, die einst unter dem Erdboden ver-
schwanden. Hier war es die kleine Treppe, die diese Unebenheiten zudecken
sollte. Ist doch ganz dasselbe, obschon in geringerem Maße, auch auf der andern
Seite am Pfeiler W zu bemerken. Zwar der Pfeiler selbst, der ja als Basis einer
Reiterstatue dienen sollte, ist natürlich korrekt aufgeführt, aber sein Unterlager, der
Stein P, hat westlich Anathyrose und doch keinen Anschluß erhalten; ebenso
bricht dessen Unterlager ab. Und doch sind diese Lücken nicht durch Abbruch
des Pyrgos entstanden; denn was hier auf dieser Seite unvollständig ist, ist das
Unterlager eben des Pfeilers W, das durch Material und Maße von den Steinen
des Pyrgos durchaus verschieden ist. Also Anathyrose ohne Anschluß links so gut
wie rechts, hier wie dort Unfertigkeit, die weiterzuführen keinen Zweck hatte.
Die Steine waren von den Steinmetzen nach allgemeiner Vorschrift zugehauen;
im allgemeinen waren sie zum Anschluß bestimmt, ohne daß jeder einzelne ihn
gefunden hätte.
Statt einen Abbruch zu bezeugen, bestätigen die Steine, mit denen der Pyrgos
hier endet, vielmehr höchst unzweideutig, daß dies ein Ende, und daß es in rohem
Zustand belassen werden sollte. Es wechseln bekanntlich an dieser Seite des
Pyrgos, von unten nach oben an Regelmäßigkeit zunehmend, Läufer und Binder-
lagen; und wie beabsichtigt und für das Auge berechnet dies Fugensystem war,
erhellt, wie man weiß, namentlich daraus, daß, wo, wegen der im Pyrgos steckenden
 
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