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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 23.1908

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Birt, Theodor: Nachträgliches zur Buchrolle in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.44283#0122
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I 12

Th. Birt, Nachträgliches zur Buchrolle in der Kunst.

NACHTRÄGLICHES ZUR BUCHROLLE IN DER KUNST.
Wenn ich als Philologe über die Darstellung der Buchrolle in der antiken
Kunst gehandelt habe, so geschah dies vornehmlich in kulturgeschichtlich-antiquari-
schem Interesse, indem ich den Umgang mit dem Buch bei Griechen und Römern
kennen lernen und lehren wollte, aber ich tat es allerdings in der Hoffnung, daß
nunmehr auch Archäologen, die eine ganz andere Monumentenkenntnis als ich
besitzen, ihr Interesse gelegentlich diesem Gegenstände zuwenden möchten. Die
Hoffnung hat sich in dem Aufsatz »Zur Darstellung von Buchrollen auf Grabreliefs«
von E. Pfuhl, Jahrbuch XXII 1907, 113 ff. insofern erfüllt, als Pfuhl eine Anzahl
mir unbekannter Monumente neu heranzieht, übrigens auch meine Aufstellungen
im einzelnen mehrfach sehr dankenswert berichtigt. Der größere Teil seiner Aus-
führungen aber ist irreführend und leider in meinen Augen kein Gewinn, und
obwohl ich fest entschlossen war, nicht mehr auf diesen Gegenstand zurückzu-
kommen, muß ich dies doch klarzustellen versuchen.
Zunächst zum I. Motiv: Die geschlossene Rolle wird im festen Griff gehalten.
Daß dies Motiv, vor allem bei stehenden Figuren, der linken Hand gehört, lehrt die
Übereinstimmung unzähliger Monumente. Es versteht sich aber, daß sich dies aus
dem Usus des Lebens selbst erklären muß. Fälschlich referiert Pfuhl S. 117 meine
Ansicht dahin, daß die Rolle in der L. den »gelesen habenden« bedeute. Ich
habe vielmehr, Die Buchrolle in der Kunst S. 43, deutlichst ausgeführt, daß auch
mit Absehung von allem gelesen haben das Transportieren des Buchs mit der
Linken geschah, daß also durch das Buch in der L. im I. Motiv ausgedrückt wird,
daß im gegenwärtigen Moment der Inhalt des Buchs dem Buchträger gleichgültig
ist. Das Buch ist nur Attribut, indifferente Beigabe und außer Benutzung.
Nicht dasselbe gilt von der Rolle in der Rechten, Motiv I. Pfuhl sucht
hier einen methodisch abweichenden Standpunkt zu begründen. Ich war und bin
der Ansicht, daß es einen besonderen Sinn hat, wenn die Rolle ausnahmsweise in
der R. erscheint; und die Beobachtung des Lebens bestätigt das. Nach Pfuhl ist
das aber einerlei. Der Künstler oder Steinmetz hat absolute Freiheit. Das sei
ebenso, wie wenn er den Personen den Ball einmal in die R., einmal in die L.
steckt; »dem Künstler gefiel das eine Mal dieses, das andere Mal jenes«.
Als ob ein Künstler dabei von den Tatsachen des Lebens absehen könnte!
Zudem ist auch zwischen Ball und Rolle noch ein Unterschied; denn ein Ball ist
an allen Seiten gleich, eine Rolle öffnet sich nur nach einer Seite und muß, um
benutzbar zu sein, in der R. anders als in der L. liegen.
Nach Pfuhl (S. 120) bewegt sich die Kunst auf einem höheren Niveau als
die Natur und kann willkürlich handeln; sie kann dann also, konsequenterweise,
auch, wenn es ihr paßt, einem Schreibenden die Feder in die L. geben. Man
sieht, wohin ein solcher Satz führt. Der Soldat ficht mit der R.; die Kunst aber
würde ihm nach Pfuhl das Schwert »in die jeweils freie Hand« stecken, wie dies
Pfuhl von der Rolle behauptet. Der römische Soldat hat ferner sein in der
 
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