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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 28.1913

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Thiersch, Hermann: Zum Problem des Tegeatempels
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https://doi.org/10.11588/diglit.44288#0287
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H. Thiersch, Zum Problem des Tegeatempels. 27 I

des χώμ,α γης im sog. Mühlenhügel erhalten), so werden die beiden Figuren auf den
flankierenden Frontsäulen beim Tempel wohl die Repräsentantinnen der beiden
Agone sein, die nach Paus. VIII, 47, 3 einst im Stadion drüben stattfanden: der
Aleaia und der ITalotia. Als deren Verkörperungen, nicht als »flügellose Niken«
möchte ich sie auffassenT). Bei genauerem Zusehen sind die von Neugebauer
S. 17 ff. im Anschluß an Studniczka aus Vasenbildern beigebrachten Analogien
auch gar keine flügellosen Niken, sondern eher etwas wie das hier Vermutete
(siegreiche Phylen u. ä.), wenigstens in den Darstellungen eines musischen Agons.
An den beiden tegeatischen Agonen scheinen sich zwei ganz verschiedene Kreise
jeweils beteiligt zu haben, entsprechend den damaligen politischen Verhältnissen, und
nach der von Pausanias selbst angedeuteten Erklärung des einen Namens: bei dem
einen das altangestammte arkadische Kontingent, bei dem andren das Sparta ab-
gerungene altlakedämonische. Also Vertreterinnen dieser beiden endlich friedlich
geeinten Kreise, vielleicht mit Tänien in den Händen. Alea, die »Protektorin«3), ent-
sendet gleichsam selbst die beiden Agone hinüber ins Stadion von ihrem Tempel
aus. Das sollten die in luftiger Flöhe schwebenden Gestalten besagen. Sie verbinden
Tempel und Stadion zu einem einzigen heiligen Festplatz in hochragenden Symbolen.
Ein solches Paar agonaler statuengekrönter Einzelsäulen kann auch nicht
überraschen als Novum. Die schlanken Säulenpaare der panathenäischen Preis-
amphoren mit ihren agonalen Emblemen, im 6. Jahrh. dem alten Hahnensymbol,
seit Einführung der Archontennamen im 4. Jahrh. mit statuarischen Gestalten
samt Sockel (vgl. v. Brauchitsch, S. 104 ff.) rücken nunmehr in helleres Licht.
Auf eine interessante Darstellung gerade der beiden agonalen Hauptgötter, Hermes
und Herakles, zwischen einem solchen Säulenpaar (1. mit Hahn, r. mit Eule darauf)
hatte schon Braun, Annali 1836 tav. d’agg. F. 2 hingewiesen (sfg. Bauchamphora),
und Ross, Arch. Anz. 1887, 205 hatte in ähnlichem Sinne geschlossen: »diese Säulen
vertreten die Stelle der Tempel selbst«. Rein kultlich betrachtet erscheinen dagegen
die beiden jonischen Säulen von Tegea als ein durch Jonien vermittelter Ausläufer
einer altorientalischen Tradition, deren bekanntestes Beispiel die beiden frei vor der
Tempelfront Salomos stehenden symbolischen Säulen Jachin und Boas sind, zu der
vielleicht auch die cyprischen Irisstelen gehören 3), und zu welcher schon Perrot
und Chipiez III, iipff. das Material aus dem alten Orient zusammengestellt haben.
Wie eine ähnliche Tendenz, nämlich zu einer besonderen Auszeichnung und
Betonung der vorderen Flanke, der Frontecken eines Tempels, tatsächlich in dem
Bestreben der jonischen Kunst lag, wenn sie ihrer reichen Phantasie bei einem un-

■) Vgl. Bulle bei Roscher Μ. L. III 316 ff. Wenn
das 5. Jahrh. Allegorien der Agone nur als
männliche Gestalten kennt (vgl. Reisch bei
Pauly-Wissowa I, 835), so besagt das nichts für
das stark in weiblichen Allegorien arbeitende
4. Jahrh. Als eine erhaltene Personifikation der
agonalen Spiele selbst darf noch die ΟΛΥΜΠΙΑΣ
der panathenäischen Amphora in New York, Amer.
Journ. X 1906, S. 392 Fig. 4, angeführt wer-
Jahrbuch des archäologischen Instituts XXVIII.

den. Vgl. Hoppin ebenda über eine analoge Ge-
stalt auf akarnanischen Münzen und die Personi-
fikationen der olympischen und pythischen Agone
auf dem bekannten Bilde des Aglaophon mit
Alkibiades.
2) In etwas übertragenem Sinne. Vgl. zum Namen
zuletzt Hiller v. G. Arkadische Forschungen S. 9.
3) Vgl. dazu die Votivaedicula aus Idalion, Perrot-
Chipiez III, S. 277.

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