Das Wort »Tableau« meint heute im Deutschen: erstens ein wirkungsvoll arrangiertes
Bühnenbild; zweitens eine bewegte, personenreiche epische Darstellung; drittens eine Tafel,
auf der Ergebnisse angezeigt werden und viertens - aber veraltet - das Gemälde.21 Im Fran-
zösischen: erstens ein »oeuvre picturale«, zweitens im Aufführungszusammenhang ein »en-
semble d'images qui evoque une representation picturale«, drittens eine »description ou
evocation imagee, par la parole« und viertens im Theaterzusammenhang eine »subdivision
d'un acte qui correspond äun changement de decor«.22 Noch in Diderots Encyclopedie 1765
findet man erstaunlicherweise unter dem Begriff »Tableau« keinen Zusammenhang mit dem
Theater, obwohl er ihn selbst in seinen Theaterkritiken gegen den Begriff des »coup de theätre«
einsetzte.23 Auch im Deutschen bedeutete »Tableau« Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst
noch »Gemälde« ohne die Erweiterung auf das Theater.24 Gerade der Zusammenhang mit
dem Theaterbild - die Bedeutung, die im Deutschen heute an erster Stelle steht und auch im
Französischen prominent vertreten ist - hat sich offensichtlich erst zwischen den 60er Jahren
und dem Ende des 18. Jahrhunderts ausgebildet. Die Begriffe »lebende Bilder« oder »Tableaux
vivants« werden heute im Zusammenhang mit dem Theater als »Darstellung einer Szene [...]
in unbeweglichen Personen- und Requisitenarrangements«, »statische Darstellung von Sze-
nen«, beziehungsweise »Gruppierungen und Figuren der Schauspieler oder Tänzer auf der
Bühne in quasi erstarrtem Zustand« definiert.25 Die Loslösung aus diesem speziellen
Funktionszusammenhang und das Arrangieren von lebenden Bildern als eigenständige Kunst-
form beinhalten stets die Verknüpfung von »Gemälde« und »Bühnenbild«.26 Eine der umfas-
sendsten Definitionen in unserem Zusammenhang liefert das Deutsche Fremdwörterbuch:
»zunächst in der heute seltenen Bed. , (Tafel-)Gemälde', von daher in der zentralen Bed. , ma-
lerisch gruppiertes (lebendes) Bild; zum Bild erstarrtes, als Bild, statisch dargestelltes Ge-
schehen', speziell im Theaterwesen für effektvoll gestaltetes, arrangiertes Gruppenbild'
(Schlußtableau), [...]; häufig in den Syntagmen lebendes Tableau, tableau vivant,statische
Darstellung eines (historisch, bekannten) Geschehens, Gemäldes durch lebende Personen;
nachgestelltes lebendes Bild' f...]«21 Puster arbeitet vorbildlich anhand zahlreicher Lexika
die Bedeutungsdifferenzen zwischen dem »Nachstellen eines Bildes« und der »Erstarrung
einer Szene als Theatereffekt« heraus und kommt zu folgendem Ergebnis: »Die Gemeinsamkeit
zwischen dem Nachstellen einer Vorlage und dem Theatereffekt beruht auf der bildhaften
Gruppierung lebender Personen, die zur Bewegungs- und Sprachlosigkeit tendieren. Besteht
jedoch das Ziel bei der Nachahmung von Gemälden darin, bekannten Vorlagen Leben ein-
21 Siehe BrockhausAVahring 1984. 6.Bd. S. 161. Zur philosophischen Verwendung des Begriffes vgl.
Foucault (1966) 1974. S. 101-107, 269-274.
22 Siehe Robert 1970. Bd.6. S.450. Im Englischen wird entweder der Begriff »Tableau vivant« be-
nutzt oder die Übersetzung »Living picture« oder »Living painting«. Im 34bändigen Dictionary of
Art von 1996 findet sich keiner der Begriffe als eigene Eintragung. Unter »Living paintings« folgt
der Verweis auf »Performance Art«, der nach einem kurzen Abstecher in die Renaissance sofort das
20.Jahrhundert behandelt, vgl. Turner 1996. Im Italienischen wird der Ausdruck »Quadro vivente«
verwendet. Vgl. Rimels. In: Enciclopedia dello Spettacolo 1961. Bd.8. S.612-14.
23 Vgl. Diderot 1765. Bd.15. S.804-806. Vgl. Kap.3.1.1.
24 Vgl. Zedier 1744. Bd.41. S.1307.
25 Siehe Rischbieter 1983. S.804 und Schumacher und Poloni. In: Brauneck / Schnerlin 1986. S.527
und S.833.
26 Die unterschiedlichen Bedeutungen von »Bild« und »Gemälde« - so setzte sich im Französischen
nicht »image vivant« und im Deutschen nicht »lebendes Gemälde« durch - sollen hier nicht weiter
ausgeführt werden. Zur weitgefächerten Problematik der Begriffe »Gemälde« und »Bild«, vgl. den
Aufsatzband »Was ist ein Bild?« mit weiterführender Literatur, hrsg. von Boehm 1994.
27 Siehe Deutsches Fremdwörterbuch 1981, Bd.5, S.10.
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Bühnenbild; zweitens eine bewegte, personenreiche epische Darstellung; drittens eine Tafel,
auf der Ergebnisse angezeigt werden und viertens - aber veraltet - das Gemälde.21 Im Fran-
zösischen: erstens ein »oeuvre picturale«, zweitens im Aufführungszusammenhang ein »en-
semble d'images qui evoque une representation picturale«, drittens eine »description ou
evocation imagee, par la parole« und viertens im Theaterzusammenhang eine »subdivision
d'un acte qui correspond äun changement de decor«.22 Noch in Diderots Encyclopedie 1765
findet man erstaunlicherweise unter dem Begriff »Tableau« keinen Zusammenhang mit dem
Theater, obwohl er ihn selbst in seinen Theaterkritiken gegen den Begriff des »coup de theätre«
einsetzte.23 Auch im Deutschen bedeutete »Tableau« Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst
noch »Gemälde« ohne die Erweiterung auf das Theater.24 Gerade der Zusammenhang mit
dem Theaterbild - die Bedeutung, die im Deutschen heute an erster Stelle steht und auch im
Französischen prominent vertreten ist - hat sich offensichtlich erst zwischen den 60er Jahren
und dem Ende des 18. Jahrhunderts ausgebildet. Die Begriffe »lebende Bilder« oder »Tableaux
vivants« werden heute im Zusammenhang mit dem Theater als »Darstellung einer Szene [...]
in unbeweglichen Personen- und Requisitenarrangements«, »statische Darstellung von Sze-
nen«, beziehungsweise »Gruppierungen und Figuren der Schauspieler oder Tänzer auf der
Bühne in quasi erstarrtem Zustand« definiert.25 Die Loslösung aus diesem speziellen
Funktionszusammenhang und das Arrangieren von lebenden Bildern als eigenständige Kunst-
form beinhalten stets die Verknüpfung von »Gemälde« und »Bühnenbild«.26 Eine der umfas-
sendsten Definitionen in unserem Zusammenhang liefert das Deutsche Fremdwörterbuch:
»zunächst in der heute seltenen Bed. , (Tafel-)Gemälde', von daher in der zentralen Bed. , ma-
lerisch gruppiertes (lebendes) Bild; zum Bild erstarrtes, als Bild, statisch dargestelltes Ge-
schehen', speziell im Theaterwesen für effektvoll gestaltetes, arrangiertes Gruppenbild'
(Schlußtableau), [...]; häufig in den Syntagmen lebendes Tableau, tableau vivant,statische
Darstellung eines (historisch, bekannten) Geschehens, Gemäldes durch lebende Personen;
nachgestelltes lebendes Bild' f...]«21 Puster arbeitet vorbildlich anhand zahlreicher Lexika
die Bedeutungsdifferenzen zwischen dem »Nachstellen eines Bildes« und der »Erstarrung
einer Szene als Theatereffekt« heraus und kommt zu folgendem Ergebnis: »Die Gemeinsamkeit
zwischen dem Nachstellen einer Vorlage und dem Theatereffekt beruht auf der bildhaften
Gruppierung lebender Personen, die zur Bewegungs- und Sprachlosigkeit tendieren. Besteht
jedoch das Ziel bei der Nachahmung von Gemälden darin, bekannten Vorlagen Leben ein-
21 Siehe BrockhausAVahring 1984. 6.Bd. S. 161. Zur philosophischen Verwendung des Begriffes vgl.
Foucault (1966) 1974. S. 101-107, 269-274.
22 Siehe Robert 1970. Bd.6. S.450. Im Englischen wird entweder der Begriff »Tableau vivant« be-
nutzt oder die Übersetzung »Living picture« oder »Living painting«. Im 34bändigen Dictionary of
Art von 1996 findet sich keiner der Begriffe als eigene Eintragung. Unter »Living paintings« folgt
der Verweis auf »Performance Art«, der nach einem kurzen Abstecher in die Renaissance sofort das
20.Jahrhundert behandelt, vgl. Turner 1996. Im Italienischen wird der Ausdruck »Quadro vivente«
verwendet. Vgl. Rimels. In: Enciclopedia dello Spettacolo 1961. Bd.8. S.612-14.
23 Vgl. Diderot 1765. Bd.15. S.804-806. Vgl. Kap.3.1.1.
24 Vgl. Zedier 1744. Bd.41. S.1307.
25 Siehe Rischbieter 1983. S.804 und Schumacher und Poloni. In: Brauneck / Schnerlin 1986. S.527
und S.833.
26 Die unterschiedlichen Bedeutungen von »Bild« und »Gemälde« - so setzte sich im Französischen
nicht »image vivant« und im Deutschen nicht »lebendes Gemälde« durch - sollen hier nicht weiter
ausgeführt werden. Zur weitgefächerten Problematik der Begriffe »Gemälde« und »Bild«, vgl. den
Aufsatzband »Was ist ein Bild?« mit weiterführender Literatur, hrsg. von Boehm 1994.
27 Siehe Deutsches Fremdwörterbuch 1981, Bd.5, S.10.
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