EMMERICH.
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und die bedeutendsten Humanisten lehren an ihr und gehen von ihr aus.15 Als eine der
Hauptstädte der Hanse finden wir Emmerich stattlich abgebildet.16
Tafel II.
4.
Taufbrunnen von Gelbguss aus dem 16ten Jahrhundert. Die drei Sirenen, welche
karyatidenarlig das Becken tragen, sind von grosser Schönheit. In der Bekrönung des
Deckels unter dem Baldachin Paulus und 3 Bischöfe, unter denen wahrscheinlich der heil.
Martinus und Willibrord, über denselben Johannes, den Heiland laufend, unter Beihülfe ei-
nes Engels, der das Hemd des Täuflings hält. Die Statuette des Johannes fehlt. Die Höhe
beträgt 7
r
0.
Fränkisches Crucißx aus der Crypta der Martinskirche zu Emmerich. Dasselbe war
zur Aufnahme von Reliquien bestimmt, ist aus Holz und ursprünglich mit vergoldetem Me-
tallblech überzogen gewesen, das jetzt nur noch an Kopf, Füssen und Händen vorhanden
ist. Auch das Kreuz hat zur Verzierung einen Streifen gravirten Metallbleches; es ist
4' hoch, während die Figur eine Grösse von 2' 6" hat. Die bis zu den Füssen fallende
Bekleidung der Figur veranlasste die Meinung, es stelle die h. Wilgefortis17 vor, eine
Meinung, der einestheils die Thatsache zur Seite stellt, dass diese Heilige im 15ten Jahr-
hundert in dieser Gegend Verehrung fand,,s und die anderentheils auch ziemlich alt ist,
indem im Jahre 1613 die Canonici der Martinskirche dem sie fragenden Jesuiten Wirich
antworteten, es befinde sich in der Crypta der Kirche eine Statue der Wilgefortis, aber im
Archive sei nichts über die Heilige enthalten, noch auch, wie und wann das Bild dahin
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gekommen;19 der wir aber dennoch entgegentreten müssen, indem die Legende der h. Wil-
gefortis ihrer Unklarheit, ihrer Verwechselungen20 und Vermengungen halber, z. B. lässt
15. Dillenburgcr: Geschichte des Gymnasiums zu Emmerich. Gymnasial-Programme von 1846 u. 1848,
1 6. Werdenhagen : Res hanseaticae.
17. Bolland.: Tom.V. Juli p. 59 c. D.; Schäfer: Der Hülfensberg 1853. Wolfg. Menzel: Symbolik I. 535.
Wilgefortis wird auch Liberata, Ontcommera, Kümmerniss, S. Ililpe, Hülfe u. s. w. genannt und findet
besondere Verehrung in Spanien, Portugal, den Niederlanden, dem Eichsfelde, auf dem Hülfens-
berg. Sie war der Legende nach eine Königstochter und Christin, wurde von ihrem Vater gegen
ihren Willen zur Ehe bestimmt, hat Gott um Hülfe und empfing zu ihrem Schutze einen entstellen-
den Bart, und wurde dann auf Befehl ihres Vaters gekreuzigt. Einem jungen Geiger, der zu ih-
rem Tröste unter dem Kreuze spielte, liess sie einen ihrer goldenen Pantoffeln herabfallen. Der
Geiger sollte als der Dieb desselben hingerichtet werden. Als der Zug, zum Richtplatz eilend,
an der Märtyrerin vorüberkam, hess sie dem Unglücklichen auch den zweiten Pantoffel herabfallen
und rettete ihn dadurch.
IS. Lacomblet IV. 116. Vielleicht kam die Heilige mit der burgundischen Heiralh nach Cleve.
19. Bolland. 1. 1. p. 63, B.
20. Die Legenden verschiedener Heiligen scheinen unentwirrbar vermengt zu sein. Auch die h. Eva, die
Patronin der Crypta des Domes zu Braunschweig, trägt einen Bart zum Schutz gegen die Nach-
stellungen ihres Vaters.
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und die bedeutendsten Humanisten lehren an ihr und gehen von ihr aus.15 Als eine der
Hauptstädte der Hanse finden wir Emmerich stattlich abgebildet.16
Tafel II.
4.
Taufbrunnen von Gelbguss aus dem 16ten Jahrhundert. Die drei Sirenen, welche
karyatidenarlig das Becken tragen, sind von grosser Schönheit. In der Bekrönung des
Deckels unter dem Baldachin Paulus und 3 Bischöfe, unter denen wahrscheinlich der heil.
Martinus und Willibrord, über denselben Johannes, den Heiland laufend, unter Beihülfe ei-
nes Engels, der das Hemd des Täuflings hält. Die Statuette des Johannes fehlt. Die Höhe
beträgt 7
r
0.
Fränkisches Crucißx aus der Crypta der Martinskirche zu Emmerich. Dasselbe war
zur Aufnahme von Reliquien bestimmt, ist aus Holz und ursprünglich mit vergoldetem Me-
tallblech überzogen gewesen, das jetzt nur noch an Kopf, Füssen und Händen vorhanden
ist. Auch das Kreuz hat zur Verzierung einen Streifen gravirten Metallbleches; es ist
4' hoch, während die Figur eine Grösse von 2' 6" hat. Die bis zu den Füssen fallende
Bekleidung der Figur veranlasste die Meinung, es stelle die h. Wilgefortis17 vor, eine
Meinung, der einestheils die Thatsache zur Seite stellt, dass diese Heilige im 15ten Jahr-
hundert in dieser Gegend Verehrung fand,,s und die anderentheils auch ziemlich alt ist,
indem im Jahre 1613 die Canonici der Martinskirche dem sie fragenden Jesuiten Wirich
antworteten, es befinde sich in der Crypta der Kirche eine Statue der Wilgefortis, aber im
Archive sei nichts über die Heilige enthalten, noch auch, wie und wann das Bild dahin
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gekommen;19 der wir aber dennoch entgegentreten müssen, indem die Legende der h. Wil-
gefortis ihrer Unklarheit, ihrer Verwechselungen20 und Vermengungen halber, z. B. lässt
15. Dillenburgcr: Geschichte des Gymnasiums zu Emmerich. Gymnasial-Programme von 1846 u. 1848,
1 6. Werdenhagen : Res hanseaticae.
17. Bolland.: Tom.V. Juli p. 59 c. D.; Schäfer: Der Hülfensberg 1853. Wolfg. Menzel: Symbolik I. 535.
Wilgefortis wird auch Liberata, Ontcommera, Kümmerniss, S. Ililpe, Hülfe u. s. w. genannt und findet
besondere Verehrung in Spanien, Portugal, den Niederlanden, dem Eichsfelde, auf dem Hülfens-
berg. Sie war der Legende nach eine Königstochter und Christin, wurde von ihrem Vater gegen
ihren Willen zur Ehe bestimmt, hat Gott um Hülfe und empfing zu ihrem Schutze einen entstellen-
den Bart, und wurde dann auf Befehl ihres Vaters gekreuzigt. Einem jungen Geiger, der zu ih-
rem Tröste unter dem Kreuze spielte, liess sie einen ihrer goldenen Pantoffeln herabfallen. Der
Geiger sollte als der Dieb desselben hingerichtet werden. Als der Zug, zum Richtplatz eilend,
an der Märtyrerin vorüberkam, hess sie dem Unglücklichen auch den zweiten Pantoffel herabfallen
und rettete ihn dadurch.
IS. Lacomblet IV. 116. Vielleicht kam die Heilige mit der burgundischen Heiralh nach Cleve.
19. Bolland. 1. 1. p. 63, B.
20. Die Legenden verschiedener Heiligen scheinen unentwirrbar vermengt zu sein. Auch die h. Eva, die
Patronin der Crypta des Domes zu Braunschweig, trägt einen Bart zum Schutz gegen die Nach-
stellungen ihres Vaters.