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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 20.1870

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Jahresbericht des Kunst-Gewerbe-Vereins in München pro 1869
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Extra-Beilage zur Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins, Heft 5 L 6.

In der Generalversammlung vorgetragener

Jahresbericht

ÖP8 Runfl-Zewerke-Memes tn Jliümfji’ii

pro 1860.

Die Vorstandschaft des Kunstgewerbe-Vereines erfüllt hiemit
^ne i^rer Verpflichtungen, indem sie über die Thätigkeit, das
streben und die Erfolge dieses Vereines vor der General-Ver-
sammlung Rechenschaft ablegt. Sie erfüllt diese Pflicht heute um
lieber, als ein Rückblick auf dieses Wirken die Genugthuung ge-
währt, daß Sinn und Verständniß für das Schöne bei unserm
Handwerker sich mehr und mehr entwickelt, und das Bedürfniß dar-
^ach auch bei unserm Publikum, wenn auch nicht gleichen Schritt
wit dem Produzenten haltend, doch unzweifelhaft im Wachsen be-
griffen ist.

Der erste Herr Vorstand, Banrath Hügel, ist leider seit ge-
raumer Zeit durch großartige Unternehmungen von hier abgerufen
und konnte auch heute nicht erscheinen. Es mußten daher dessen
Obliegenheiten vom zweiten Vorstande übernommen werden.

Der Tod hat uns in diesem Jahre 12 Mitglieder entrissen.
Wollen wir ihr Andenken in stiller Erinnerung ehren.

Ausgetreten sind 71 Mitglieder, dagegen haben sich 145 neue
angemeldet, so daß wir einen Zuwachs von 55 Mitgliedern kon-
statiren können, sohin am Jahresschluß der Verein 816 Mitglieder

zahlte.

Aus der Jahresrechnung, welche unser Herr Vereins-Sekretär
äorzntragen die Güte haben wird, und welche mit jener über die
außerordentliche Verloosung dieses Jahres im Vereinslokale acht
„ uge lang öffentlich aufliegen wird, ist zu ersehen, daß wir bei
7103 fl. 3 kr. 2 dl. Einnahmen und 6687 fl. 29 kr. Ausgaben mit
e'nem Aktivrest von 415 fl. 34 '/2 kr. abschließen können. — Unter
Einnahmen sind 155 fl., welche uns als ein jährlicher Beitrag
e* hohen Magistrats zugestanden ist und wofür wir unfern Dank
Uemit aussprechen. Einen Staatszuschuß konnten wir dieses Jahr
ewer nicht erlangen, dagegen haben wir für übrig gebliebene Jahr-
gänge unserer Zeitschrift aus Amerika die Summe von 1200 fl. —
tn Einnahme gebracht.

_ In diesem Jahre wurden die Zinsen des Habenschaden'schen
Stiftungs-Kapitals im Betrage von 45 fl. zum ersten Male an
einen Schüler unserer Abendschule, Namens Joh, Zapp verliehen,
er sich durch Talent und Fleiß anszeichnete.

Als das bedeutendste Ereigniß des Jahres dürfte hier un-
I reitig das Zustandekommen der erweiterten Permanenten Ausstel-
ung kunstgewerblicher Produkte verzeichnet werden. — Hochherziges
utgegenkommen von Seite der Besitzer solcher kunstgewerblicher
rzeugnisse, wie der Wetteifer unserer hiesigen wie auswärtigen
fftglieder machte es möglich, eine Ausstellung in den herrlichen
"umen des bayer. Nationalmuseums zu Wege zu bringen, die
»wnd ohne Befriedigung gesehen und verlassen hatte.

Vom fürstlichen Tafelaufsatz bis zum einfachsten Hausgeräthe

Nie

Al^ wichsten Brillantschmucke bis zum hölzernen Spielzeug —
®iel -tru^ ^ett unverkennbaren Stempel künstlerischen Einflusses,
bekundete eine vollendete Technik.

die ^ wind er interessant und lehrreich waren für den Besucher
S>ve ti^^^Een genialen Zeichnungen von Schwind, Seitz,
Bartl Hefner-Alteneck, Faustner, Seder, von Schmädel,

Kü m ^ ^ iz'’ iE alle die preisgekrönten Entwürfe verschiedener
R>'t • lD*r gruben hieraus entnehmen zu dürfen, daß wir der
n z^wlich nahe gerückt sind, wo die größten Meister der Kunst
u 1 für das Handwerk thätig sind.

Möge uns hier gestattet sein, unfern Dank für diese allseitige
Unterstützung öfientlich auszusprechen, insbesondere möchten wir
aber dabei gedenken unseres erhabenen Protektors, Sr. Maj. des
Königs Ludwig II., allerhöchstwelcher zu gestatten geruhten, aus
den königlichen Gemächern von unfern Mitgliedern verfertigte
Einrichtungsstücke auszustellen, Sr. k. Hoh. des Prinzen Adalbert,
dessen kostbare Kleinodien und Waffen mit freundlichem Entgegen-
kommen uns überlassen wurden, sowie all derer, die sich herbeiließen,
sich auf so lange Zeit von lieben und werthvollen Andenken und
Gegenständen zu trennen.

Die Kosten einer solchen Ausstellung sind ziemlich bedeutend,
und da es im k. National-Museum nicht anging, eine weitere Ein-
trittsgebühr für uns zu erheben, suchten wir um die allerhöchste
Erlaubniß nach, eine Verloosung veranstalten zu dürfen. — Unsere
Loose fanden solch reichen Absatz, daß wir nicht allein alle Kosten
zu decken vermochten, sondern noch ein namhafter Ueberschuß für
die anderweitigen Vereinszwecke unserer Kassa überantwortet werden
konnte.

Zu Weihnachten hatte unser Verein jedes Jahr eine Ausstel-
lung von zu Christgeschenken sich eignenden Gegenständen veranlaßt,
wir gingen diesmal nicht ohne Beklommenheit an das Werk,
da wir ja für die große Ausstellung Alles erschöpft zu haben
glaubten, was München zu bieten vermochte; — dennoch war das
für diesen Zweck gemiethete Lokal des Hrn. Breul in wenigen
Tagen von einheimischen Produkten in einer Weise gefüllt, daß
man gerne die früheren Jnsaßen dieses Raumes aus Paris, Eng-
land und China darüber vergaß. — Es kann wohl keinen sprechen-
deren Beweis geben, daß Bayerns Kunstindustrie jeden Wunsch rasch,
billig und gediegen auszuführen vermag, als die beiden Ausstel-
lungen; möchte auch das konsumirende Publikum endlich zu dieser
Einsicht gelangen, und unser Streben dadurch unterstützen, daß es
nicht vom Auslande kauft, was es mit wenigen Ausnahmen besser
und billiger in der Heimath erhalten kann.

Unser Zeichnungssaal mit der damit verbundenen Sammlung
kunstgewerblicher Werke wurde auch dieses Jahr von Vielen unserer
Mitglieder benutzt und wurden ca. 300 Zeichnungen an Gewerbs-
leute geliefert, dennoch dürfte im Hinblick auf die Reichhaltigkeit
unserer Sammlung darauf aufmerksam gemacht werden, daß der
artistische Vorstand täglich in unserm Zeichnungssaale anwesend ist,
und von Seite des Ausschusses jeder Anforderung bereitwilligst
entsprochen wird.

Seit Jahren besteht in München der Wunsch, für jene Kate-
gorie von Unterrichtsuchenden, die den Tag über in den Werkstätten
ihr Brod verdienen müssen, eine Abendzeichenschule zu errichten;
nachdem dieß von keiner Seite gelungen, hat Ihr Ausschuß den
Versuch gemacht, eine Abendzeichenschule zu errichten. Obwohl nur
mit sehr bescheidenen Mitteln ausgerüstet, besteht nun die Vereins-
Abendschule seit 8 Monaten und der Anblick der jungen strebsamen
Leute, die noch in später Abendstunde mit Eifer und Lust zeichnen,
ist wahrhaft erfreulich und berechtigt zu den schönsten Hoffnungen
für die Zukunft. Wir können aber dabei nicht unerwähnt lassen,
wie dieser rasche Erfolg zunächst der Ausdauer unseres ar-
tistischen Vorstandes, Herrn Seder zu danken ist .— einige vorlie-
gende Arbeiten sind vielleicht geeignet, den Nutzen einer Abendschule
für junge Handwerker zu beweisen.
 
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