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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 20.1870

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Kuhn, ...: Wirkerei und Gobelins, [1]
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Chronik des Vereins
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Beschreibung der Kunstbeilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9147#0018
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8

5) Daß diese Kunst dem Orient entsprossen, daselbst zur
höchsten Ausbildung gelangte, und sein Hauptdepöt in Mittelasien
und an der Seeküste hat, wo Tyrus vorzüglich den Verschleiß be-
sorgte. Später traten die Saracenen theilweise in diese Erbschaft
ein, und durch sie kommt dieser Kunstindustriezweig nach Spanien,
Sicilien, später nach Frankreich (Arles), während Byzanz die Tra-
ditionen im Osten forterhält.

Wir wenden uns nun dem christlichen Abendlande zu.

Nach den uns überlieferten Nachrichten von Schriftstellern,
welche gelegentlich der Teppiche und ähnlicher Stoffe erwähnen,
gibt es durchaus keinen Anhaltspunkt, diese für Wirkereien zu halten.

Im Gegentheile haben wir es während der Periode der Me-
rovinger und jedenfalls auch noch im Anfänge der Karolingischen
Periode, so oft von derlei Stoffen die Rede ist, nur mit Stickereien
zu thun, welche ebenfalls von Frauenhand hergestellt wurden.

So erzählt Gregor von Tours, daß bei der Taufe Chlodwigs
„vela depicta“ an den Häusern ausgehangen waren.

Ebenso ist nur an Stickereien zu denken, wenn der Bibliothekar
Anastasius, der bekannte Biograph der römischen Päpste bis auf
Stephan VI. in seinen vitis pontif. von den Geschenken erzählt,
welche von seinen zeitgenössischen Päpsten den verschiedenen Kirchen
in und außer Rom geschenkt wurden. So ließ nach ihm Papst
Leo III. (795—816) den Hauptaltar der Marienkirche zu Rom
mit einem purpurnen und goldgestickten Vehim schmücken, auf'
welchem sich die Darstellungen der Geburt Christi und Simon's
Weissägung, das Mittelbild der Verkündigung umrahmend, befanden;
für den Altar der St. Laurentiuskirche ein Völuin von Seide und
goldgestickt mit der Geschichte der Passion und der Auferstehung;
für den Altar des hl. Petrus ein Velum von goldgesticktem Pur-
pur mit kostbarem Steinen besetzt, auf welchen man die Schlüssel-
übergabe an den hl. Petrus, dann das Martyrium des hl. Petrus
und Paulus sah. (Forts, folgt.)

Holzarchitektur.

Auswahl praktischer Beispiele

von <1. W. Hast, Lehrer an der kgl. Bauakademie in Berlin.

Dieses Werk, welches 32 Tafeln enthält, ist in 6 Lieferungen
bei Carl Scholze in Leipzig erschienen. Der Herausgeber sagt in
seinem Vorwort, er habe in seiner mehr als dreißigjährigen Praxis
die verschiedenartigsten Entwürfe für Gebäude in Holzkonstruction
angefertigt und für die Ausführung bearbeitet, wobei die mannig-
fachsten architektonischen Formen angewendet worden seien. Die
reichhaltige Sammlung von allen sich wiederholenden Haupt-Archi-
tektur-Theilen, welche er auf diese Weise erhalten habe, veranlasse
ihn zur Veröffentlichung derselben. Wir haben also ein Werk vor
uns, welches aus vieljähriger Praxis hervorgegangen ist. Darum
vermag auch der erfahrene Mann dem Praktiker, welcher sein
Werk benützen will, durch die vielen Beispiele auf den 32 Tafeln,
sehr deutliche Anhaltspunkte für die Konstruction und Verzierung
von Holzbauten zu geben. Da finden wir mancherlei Beispiele für
Sparrenköpfe, Giebel, Verticalunterstützungen, für Geländeranlagen
aus ausgestochenen Bretstückchen und für freistehende Geländerdocken
dann wieder Beispiele für Thüren, Fensteranlagen u. s. w. und
zulezt begegnet uns die Ansicht von einem kleinen zierlichen Landhause.

Elementar-Oruamente.

24 Vorlagen für den Unterricht im Freihandzeichnen an Real- und
Gewerbeschulen.

Von Eduard Herdtle. (Stuttgart, Verlag von Nitzschkc.)

Das vorliegende Werk ist für Schulen, wie für den Privatunter-
richt sehr zu empfehlen; es wird gewiß kein Lehrer einen Fehlgriff
thun, wenn er diese Elementar-Ornamente für seine Schüler benützt.
Schon durch die Art, wie die Vorlagen ohne Andeutung von Licht
und Schatten gehalten sind, wird der Blick des Anfängers auf das,

was für ihn die Hauptsache ist, auf den einfach und doch lebendig
gezeichneten Umriß sixirt. Dabei sind solche Formen ausgewählt,
welche der Schüler auch brauchen kann, wenn er zur Praxis übergeht.

Chronik des Vereins.

Folgende Herren setzten die Reihe der im vorigen Hefte er-
wähnten Vorträge fort: Am 1. Februar Hr. Professor I),-. Riehl:
Ueber die deutschen Kunststädte. Am 15. Febr. Hr. Prof. Kuhn:
Ueber Wirkerei und Gobelins. Am 15. März Hr. Regierungsrath
Fentsch: Culturgeschichtliche Fragmente aus dem Handwerkerleben.
Am 22. März Hr. Baubcamte Seidel: Charakteristik des Ornaments
im Mittelalter in Deutschland und Italien. Am 29. März Hr.
Prof. D,-. Schafhäutl: Ueber Glockenguß. Am 19. April Hr. Prof.
Di-, Meßmer: Ueber häuslicheEinrichtung im Mittelalter. Am 10. Mai
Hr. Prof. Dr. Reber: Ueber das Leben Benvenuto Cellini's

Auf die Vorlesungen, welche vor einer zahlreichen und auf-
merksamen Zuhörerschaft gehalten wurden, folgte an den verschie-
denen Abenden die Vorlage der von den Schülern der Abendschule
verfertigten Arbeiten und die Vorlage der Concurrenzarbeiten, sowie
durch Hrn. Direktor v. Hefner-Alteneck die Vorlage einer Reihe
trefflicher Photographien nach Arbeiten, die sich im Natioualmuseum
befinden; wir werden später ausführlicher auf dieselben zurückkom-
men. Hr. Baubcamte Degen zeigte eine Reihenfolge architekto-
nischer Zeichnungen, sowie Hr. Prof. Fischer eine Menge natür-
licher und künstlicher Krystallformen.

In Folge des letzten Konkurrenzausschreibens wurde der,Ent-
wurf für eine Theemaschine von Mäs solvic der Entwurf für einen
Wandbrunuen von Widnmann prämiirt.

Beschreibung der Kunstbeilagen.

Heft III. Blatt 1. Visitenkartenbehälter von Schmädel (Holzschnitt von
Braun u. Schneider). Die gegebene Zeichnung dieses Gegenstandes
ist in halber Größe gegeben und in dunkler oder gebeizter Holzart
ausgeführt gedacht. Derselbe besteht aus zwei Seitenbrettchen,
und den für die Aufnahme von Visitenkarten bestimmten
Fächern. Auf dem einen Seitenbrettchen befindet sich die Figur
eines Portiers, der die bei Staatsvisiten so angenehme Weisung,
daß Niemand zu Hause, ertheilt. Auf dem anderen entgegen-
gesetzten ist die Figur eines Besuchers angebracht, der nicht
umhin kann, auf die Mittheilung des Portiers den allerdings
nicht taktvollen, aber gefühlswahren Stoßseufzer: „Gott sei
Lob!" ertönen zu lassen. Auf die charakteristische Wiedergabe
dieser beiden Figuren dürfte von dem Verfertiger das Haupt-
augenmerk zu richten sein, auch verlangt der ornamentale
Schmuck charakteristisches Gepräge und sicheren Schnitt.

Blatt 2. Ofen von F. Barth. Der vorliegende Ofen aus Thon
ist in grüner Farbe gedacht; der Grund, auf dem die Orna-
mente ruhen, ist roth; das Spruchband weiß; die Figuren,
welche den Spruch illustriren, sind entsprechend bemalt.

Heft I V. Blatt 1. Wauddekoration von F. Barth. Holzschnitt von
Braun u. Schneider. Bei dieser Wanddekoration eines großen
Empfangzimmers im Geschmacke der Renaissance soll der obere
Theil mit den Festontragcnden Kindern und mit den Portraits
schöner Frauen oder berühmter Männer mit Oelfarbeu auf
Leinwand ausgeführt werden; daran schließt sich eine Leder-
tapete mit gepreßten Ornamenten, deren Grund golden ist.
Unten herum läuft eine Holzvertäfelung in Mannshöhe mit
großem Vorsprung des Hauptgesimses zum Aufstellen verschie-
dener Schaustücke.

Blatt 2. Postament zu einer Büste von Adolph Seder. Das
Postament hat eine Höhe von 5' bnyer.; dasselbe ist in rothem
Amarantholz und Ebenholz mit Elsenbeineinlage auszuführen.
Die dunklen Gesimse sind aus Ebenholz, ebenso die Füllungen;
die weißen Ornamente bestehen aus Elfenbein mit gravirter
Zeichnung.

Redigirt unter Verantwortlichkeit des Redaktionsausschusses von Dr. Lichten st ein.

Kgl. Hosbuchdruckerei von vr. C. Wolf & Sohn.
 
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