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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 20.1870

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Miller, Friedrich: Email auf Metall: und dessen Anwendung im modernen Kunsthandwerk
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des

Kunst-Gewerbe-Vereins.

Zwanzigster Jahrgang.

1870.

München.

jw^ o 4' mo.

Die Zeitschrift erscheint monatlich mit wenigstens zwei Seiten Text und zwei Kunstbeilagen. Die Vereinsmitglieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich. Im Buch-
handel kostet dieselbe 4 fl. s. Lei. — 2Thlr. 12 Sgr. der Jahrgang. Inserate geeigneten Inhaltes werden niit 6 kr - 2 Sgr. für den Raum einer gespaltenen

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Theodor Ackermann dahier wenden.

Email auf Metall

und dessen Anweitdung im modernen Kunsthandwerk.

Von Friedrich Miller,

Professor an der Kunstgewerbschule

Der Fehler, an dem das ganze Kunstgewerbe so lange krankte, die
vollständige Trennung in Handwerk und Kunst war wohl mit ein
Grund, daß nur zu oft der Handwerker im blinden Vertrauen dem
Künstler folgend, der künstlerischen Form die technischen Bedingun-
gen der Arbeit unterordnen zu müssen glaubte, daß er mit anderen
Worten, um einer gegebenen Form bis in ihre Einzelheiten zu
genügen, die allgemeinen praktischen Grundsätze seiner Zeit ver-
läugnend, sich zurückversetzte in eine unseren Einrichtungen und
Verhältnissen fremde Culturperiode.

Die großen Ausstellungen, die Wettkämpfe der Industrie, in
welchen oft der kleinste technische Bortheil den Sieg entschied, sie
erst mußten die Blicke der Handwerker und Fabrikanten von dem
idealen Suchen weg zunächst auf das Praktische Bedürfniß als erste
Grundbedingung für ihre Arbeit richten und damit den Boden
schaffen, auf dem das Handwerk frische Wurzel fassen und zu er-
neuter Blüthe sich entwickeln sollte.

Der Schönheitssinn des Künstlers war dazu nicht genügend,
es mußte der Handwerker selbst erst eindringen in das Wesen der
Werke, an welchen jener gelernt, er mußte das Brauchbare von
dem Unbrauchbaren scheiden, und in der Form den Bedürfnissen
unserer Zeit, den Fortschritten der Wissenschaft und der Technik
Rechnung tragen.

Mit dem raschen Aufschwung, den durch Befolgung dieses
Grundsatzes das Kuusthandwerk in den letzten zwanzig Jahren
genommen, wurde auch eine Reihe technischer Künste in dasselbe
neu eingeführt, die trotz ihrer früheren Bedeutung fast verloren
gegangen oder bei dem mangelnden Verständniß der Herstellung
auf unsere heutigen Verhältnisse nicht mehr anwendbar erschienen
waren.

Unter diese letzteren möchte ich die Kunst des Emailirens, den
Schmuck der Farbe für das Metall zählen.

Bei der großen Verbreitung und vielseitigen Anwendung, welche
diese vor noch kaum zwanzig Jahren als Geheimniß von nur wenig
Goldschmieden bewahrte und geübte Kunst heute gesunden, dürfte
ein Blick auf dieselbe und ein näheres Bekanntwerden mit ihrer
Technik nicht ohne Interesse sein, um so mehr, als gerade sie ge-
eignet ist, die oben ganz im Allgemeinen ausgesprochene Ansicht zu
illustriren.

Der erste Ursprung jener Kunst, den Metallen durch Aus-
schmelzen eines mittelst Metalloxydon gefärbten Glasflußes einen an
Dauerhaftigkeit und Glanz dem Metalle ebenbürtigen Schmuck zu
geben, ist kaum mit Sicherheit festzustellen; die ältesten erhaltenen
Arbeiten weisen nach dem Orient, nach Asien als deren Heimat hin.
Um der Entwickelung derselben nur ganz kurz zu folgen, dürfte es

vor Allem nöthig sein, einen Blick auf die beiden ältesten Arten
der Emailirung, auf die Technik selbst zu werfen.

Dieselbe bestand zunächst darin, auf einer gegebenen Metall-
fläche Umrahmungen oder Vertiefungen von einer bestinimten orna-
mentalen Form, oder Figuren in erhabenen Umrissen zu schaffen,
welche bestimmt zur Aufnahnie des Glasflußes wie in einem Ge-
häuse die einzelnen Farben unter sich begrenzten. Es geschah dieses
durch Auflöthen feiner Metalldrähte oder Blechstreifen auf Gold,
Silber-oder Kupferblech zu verschiedenen gewissermaßen eine erhobene
Zeichnung bildenden Zellen (Zellenemail) oder durch Eingraben der
zur Aufnahme der Farben bestimmten Vertiefungen in den Metall-
körper (Grubenemail), wobei nur die Conturen ähnlich wie beim
Holzschnitt stehen bleiben.

Die erste Art der Technik ist es, der mir bei der byzantini-
schen und fast allen aus dem Orient und Asien stammenden Ar-
beiten begegnen, während das Grnbenemail späteren, celtischen Ur-
sprungs, seine größte Anwendung erst im 10. Jahrhundert durch
deutsche Meister fand, die in Cöln eine hervorragende Schule und
Pflanzstätte der Emailirknnst begründet hatten.

Im zwölften Jahrhundert erst wurde sie von dort nach Frank-
reich eingeführt, in Limoges aber durch einen großen fast fabrik-
mäßigen Betrieb zu solch hoher Berühmtheit gebracht, daß bald
selbst die trefflichsten Arbeiten der Cölner Meister als Email de
Limoges gelten mußten.

In Italien hatte im 14. Jahrhundert eine neue Art, die
durchsichtigen Emaile auf Gold und Silber anzuwenden, sich ge-
bildet. Zu ganz flachen Reliefs wurden Figuren und Ornamente
in Gold und Silber mit dem Stichel erhaben eingegraben und das
Ganze ohne trennende Zwischenlinien mit den gewünschten Farben
überzogen. Durch die in Folge der wechselnden Höhe des Reliefs
verschiedene Dicke der durchsichtigen Emailschichte war es möglich,
eine passende Schattiruug der Farben bis zur scheinbar vollkom-
menen Rundung der Gestalten zu erzielen.

In ähnlicher Weise wurden ganze Figuren und deren Ge-
wänder, die Henkel und Theilc von Gefässen, Fruchtguirlanden und
phantastische Gestalten mit Email überzogen und damit den plasti-
schen Gebilden freilich oft auf Kosten der Form ein bunter Farben-
schmuck gegeben.

Als Letztes in der Reihe der mannigfachen Emailtechnik dürfte
die eigentliche Emailmalerei, die Malerei de Limoges, zu erwähnen
fein, bei welcher Kupferplatten oder ganze Gefäße aus dünnem
Blech getrieben, mit einer Schichte undurchsichtigen Emails über-
zogen. die Unterlage bildeten, auf welchen meist Grau in Grau
mit Gold, die Körper im leichten Fleischton angegeben, Farbe und
Zeichnung gleich dem Verfahren bei Porzellain mit dem Pinsel
aufgetragen wurde.

Aber auch diese Art der Technik verschwand und im 18. Jahr-
 
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