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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 20.1870

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Miller, Friedrich: Email auf Metall: und dessen Anwendung im modernen Kunsthandwerk
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hundert war fast jede Spur der einst in so hoher Blüthe gestan-
denen Kunst verloren.

Durch die herrlichen, an geschickter Ueberwindung der tech-
nischen Hindernisse Alles bis dahin Bekannte überbietenden Arbeiten
aus Indien, China und Japan wurde Wohl zuerst wieder die Auf-
merksamkeit der Fabrikanten und Industriellen auf die große Be-
deutung hingelenkt, welche die Emaillirung für das Kunstgewerbe im
Großen haben mußte, und in Folge dessen wurden Versuche angestellt,
die nur ganz vereinzelt im Dienste der Bijouterie verwendete Kunst
in Einklang zu bringen mit den Erfordernissen der modernen Metall-
Industrie.

Mag bei aller Verschiedenheit der Anwendung des Email die
Technik in ihren Grundzügen auch sehr einfach erscheinen, so muß
bei näherem Eingehen in dieselbe doch der Einfluß in die Augen
fallen, den die Praktischen Bedingungen der Ausführung auf Form
und Farbe, auf den künstlerischen Theil der Arbeit selbst üben.

Es bedurfte nur des rechten Verständnisses und der Genauig-
keit, um die farbigen Glaspasten und Steine nach einem gegebenen
Vorbilde zusammen zu fügen zu den herrlichen Mosaiken, die in
unübertrefflicher Pracht die Decken und Wände der ersten christlichen
Kirchen schmücken; wir bewundern an den noch erhaltenen ägypti-
schen Schmuckgegenständen und orientalischen Waffen die Geschick-
lichkeit des Arbeiters, der mittelst geschnittener und sorgfältig in
Gold gefaßter Glasstückchen und bunter Steine die Emaillirung
zu ersetzen wußte. Für Form und Farbe aber war in beiden
Fällen der Geschmack des Künstlers allein maßgebend.

Anders aber gestaltet sich das Verhältniß bei Anwendung
dieses bunten Glases zum Email, wo feste Gesetze und praktische
Erfahrung zahlreiche Bedingungen für die Ausführung stellten.
Die chemischen Verbindungen, welche die zur HerstAung der Farbe
verwendeten Metall-Oxyde beim Schmelzen des Glases auf die
metallene Grundfläche mit letzterer einzugehen das Bestreben haben,
mußten von selbst jedem einzelnen Metalle einen bestimmten Kreis
der passendsten Farben zutheilen. So wird das herrlich durchsich-
tige Roth z. B. nur auf feinstem Golde seine ganze Pracht ent-
falten, während auf Silber violett, grün oder blau schöner wieder
denn auf einem anderen Metalle erscheint; auch das Verhältniß
der Härte der Farben unter sich und zu dem zu verwendenden
Metall wird bei dem Umstand, daß der Schmelzpunkt beider einen
oft kaum merklichen Unterschied des Hitzgrades bedingt, bei Aus-
wahl der Farbe und des zu verwendenden Metalles wohl zu be-
achten sein. Dazu gesellt sich zur Anwendung im Großen die viel
zu mühsame Art des Auflöthens der Scheidewände beim Zellen-
Email.

Es mußte, wie oben bemerkt, der Handwerker den Weg erst
finden, auf welchem er die fast verlorene und unbrauchbar gewor-
dene Kunst wieder einführen konnte in das Bereich des modernen
Kunsthandwerks.

Die letzten Ausstellungen in London und Paris (1862, 1867)
haben die ersten Erfolge jenes Strebens gezeigt und der künstleri-
schen Thätigkeit ein weites neues Feld im Bereich der Metall-
Industrie eröffnet.

Soweit es sich um die Anwendung des Email für Gold- und
Juwelier-Arbeiten handelt, wüßte ich kaum irgendwo glänzenderer
Proben dieser Kunst mich zu erinnern, als jene Prachtstücke es
waren, die wir von Münchener Meistern ausgeführt hier sahen,
und deren Fehlen bei den großen Wettkämpfen der Industrie ich
inimer nur auf das lebhafteste bedauern konnte. Leider sind es
aber nur vereinzelte Prachtstücke geblieben, mit all der Liebe und
Sorgfalt wie die Arbeiten der alten Meister ausgeführt. Bon
größerem Einfluß auf die praktische Entwicklung und Anwendung
der Emailtechnik für den eigentlichen Fabrikbetrieb sind die zunächst
in Paris und Wien angestellten Versuche geworden, durch galvano-
plastische Niederschläge die einmal gravirte Arbeit zu vervielfältigen
und dadurch das Verfahren einfacher und billiger zu machen. Es
hat dasselbe vielseitig Anwendung gefunden, doch mußte das ver-

wendete Email auf leicht flüßige Farben beschränkt bleiben und
konnten dieselben den Glanz und die Frische solcher auf gravirtem
Blech oder besser noch gehämmertem Metall nie erhalten. Jedenfalls
dürfte das Resultat auch für die Folge kaum den) zuerst daran ge-
knüpften Erwartungen entsprechen.

Ein anderes Verfahren für Grubenemail, den Grund auf rein
mechanische Art herzustellen, ist das Prägen oder Ausschlagen der
Vertiefungen in Blech mittelst Stanzen; dasselbe ist wohl anwend-
bar für kleine Arbeiten, die besondere Ansprüche auf Schärfe und
Genauigkeit nicht machen; bei etwas größerem Umfang der Arbeit
aber kann sie die Garantie der Dauerhaftigkeit nicht bieten und die
geringsten Einflüsse der Temperatur oder etwas unsanfte Berühr-
ung haben das Abspringen des Email zur Folge.

Am praktischsten und darum am ausgedehntesten angewandt
ist die Vervielfältigung der einmal gravirten Arbeit durch den Guß.
Es ist dadurch ein Mittel geboten, bei hundertfältiger Wiederholung
des gleichen Stückes durch den Wechsel der Farben demselben das
Einförmige der Fabrikarbeit zu nehmen und ein bis zu gewissem
Grade selbstständiges Kunstprodukt daraus zu machen. Bei größeren
Arbeiten geschieht die Gravirung nicht in Metall, die zur Aufnahme
der Email bestimmten vertieften Felder werden vielmehr im Gyps-
modell schon ausgeschnitten und den dadurch etwas breit erscheinen-
den Scheidewänden durch nachträgliche Eingravirnng einer einfachen
Linie das Ansehen größerer Zierlichkeit gegeben. Bei kleineren
durch den Guß zu vervielfältigenden Arbeiten ersetzt das Einätzen
der Zeichnung mittels Scheidewasser die Gravirung. Bei diesen
letzteren Verfahrungsarten sind allerdings nur undurchsichtige Email-
farben Ivie bei den Cölner- und alten Limoges-Arbeiten zu ver-
wenden, jedoch dürften sie mit diesen auch an Glanz und Dauer-
haftigkeit verglichen werden.

Der Natur der Sache nach wenig verbreitet gleichwohl aber
zu hoher Vollkommenheit gediehen sind die neuerdings in Paris und
Sevres ausgeführten Limoges-Malereien; es brachten die letzten
Ausstellungen Prachtstücke darin, die mit ihren herrlichen Vorbildern
rivalisiren konnten, und ist nur zu bedauern, daß in Deutschland
diese Kunst noch kaum Eingang gefunden hat.

Soll ich die Resultate der modernen Email-Technik zusammen-
fassen, so hat festhaltend an dem Prinzip der Vervielfältigung und
bei möglichster Vereinfachung der eigentlichen Handarbeit insbe-
sondere die Bronce-Technik damit einen Vorzug selbst vor den
gleichfalls oft sich wiederholenden Broncearbeiten der Alten ge-
wonnen. An Stelle einer überladenen Ornamentik ist neueren Ar-
beiten gegenüber der einfache und doch wirksamere Schmuck der
Farbe getreten. Das Email hat aber auch da, wo es Anwendung
gefunden, den materiellen Werth der Arbeit selbst erhöht und ge-
wissermaßen eine Garantie geschaffen gegen die so häufig gewordene
Mittelmäßigkeit und Täuschung durch den äußeren Schein. Ist es
leicht, dem Zink durch Broncirung das Ansehen der Bronce zu
geben, und wird es dem Laien kaum möglich sein, schlechtes Silber
oder Gold von gutem zu unterscheiden, so ist die Farbe die hier
das Material verdeckt, zugleich die Bürgschaft für dessen inneren
Werth.

Durch den Einzelnen wie durch Vereinigung von Handwerkern
und Künstlern ist überall der Weg gebahnt, daß die Kunst frucht-
bringend mit dem Handwerk zusammen wirken könne. Fiel es früher
kaum je dem Lehrer ein, die Aufmerksamkeit des Schülers auf die Un-
terschiede zu lenken, die in der Zeichnung schon für Stein und Holz
und hinwiederum für Metall bestehen, so sind dagegen heute die
Kunstgewerbschulen zu Werkstätten geworden, in welchen der Schüler
gleichzeitig nnt der künstlerischen Form die technischen Bedingungen
des Materials, mit der Zeichnung zugleich die Handgriffe, dieselbe
auch praktisch auszuführen, kennen lernt.

Hier aber wie überall werden die Bemühungen des Künstlers
wie des Handwerkers verloren und praktische Erfolge für die heimische
Industrie nicht zu erwarten sein, so lange der Käufer, das ganze
Volk nicht selbst lernt, so lange es nicht weiß, das Schöne von
 
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