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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 22.1872

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Mecklenburg, A.: Ueber Steinkrüge und Holzformen für Backwerk als Proben volksthümlicher Kunst
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Schmädel, Josef von: Ueber eine "neue Methode, ohne Anwendung von Metall zu versilbern und zu bronciren"
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Beschreibung der Kunstbeilagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9047#0029

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Alles schaffen Leute, welche wohl kaum einen klaren Begriff von
Zeichnung und deren Kunstregcln haben. Um das liebe tägliche
Brod schaffen sie mit angestrengter Kraft, schaffen sie, wie sie es
von Kindheit auf gesehen und gelernt haben, ein uraltes Erbe ihrer
Voreltern. Da sitzen sie Alle, die ganze Familie, die ganze Dorf-
bevölkerung, und ahnen nicht, daß sie echte, rechte Kunst im Ge-
werbe treiben, und wir, die wir uns bis ins Innerste des Herzens
hinein über diese Schöpfungen freuen, denken wohl wenig daran,
daß dieselben vielleicht unter manchen Seufzern und Bangen um
die täglichen Nahrungssorgen entstanden sind.

Und wißt Ihr, wo diese Krüge gefertigt werden? — Ich will
es Euch sagen, denn auch um diese Frage haben sich,vielleicht die
Wenigsten gekümmert.

Etwa drei Meilen seitwärts von Koblenz auf dem rechten
Rheinufer liegen die Ortschaften Mergelbach, Hier undGrenz-
hausen. Dort wird die brauchbare Erde von den Männern aus
bis zu 100 Fuß tiefen Schächten geholt und auf den. Drehscheiben
verarbeitet, sodann gehen die Frauen an's Werk und bemalen sie
und hierauf werden sie glasirt und gebrannt. Dies geschieht in
Mergelbach und Grenzhausen. In Hier wird der Thon gepreßt
und daraus Pfeifen u. s. w. gefertigt.

Und es gibt noch einen Ort für diese Erzeugnisse der Kunst
im Gewerbe. Es ist das jüngsthin wieder deutsch gewordene Sulz
im Elsaß, dessen Erzeugnisse sich von denen aus der Koblenzer
Gegend nur durch den etwas tiefblaueren Farbenton unterscheiden.
Technik Wie Ideen der Zeichnungen sind an beiden Orten fast
identisch. Ein merkwürdiges Ding! Was aber gewiß ist, wenn
man die Zeichnungen betrachtet, ist, daß sie die auffallendste Aehn-
lichkeit mit den Erzeugnissen der romanischen und gothischeu Kunst
des Mittelalters haben, wie wir uns davon in unseren Museen
durch den Augenschein leicht überzeugen können. Somit haben wir
hier die Ueberreste einer viele Jahrhunderte hindurch geübten Kunst
vor Augen, welche streng traditionell ihrer Technik und ihrem
Jdeengange treu geblieben ist. Und auch deßhalb mögen sie der
Beachtung fort und fort werth sein!

Und schauen wir uns noch des Weiteren um! Wenn das
Wcihnachtsfest vor der Thür steht, denkt die sorgsame Mutter an
die Vorbereitungen zum fröhlichen Feste, und da darf das Klein-
gebäck für Groß und Klein nicht fehlen. Sie holt die Holz- |
model aus dem Kasten hervor, und mit Neugierde und geheimer !
Freude über den werdenden Leckerbissen sehen die Kinder der Mutter
zu, wie sie durch einen Druck allerlei lustige Sachen mit dem
Kuchenteige aus den Holzmodeln hcrvorzaubert. Sieh' da, ein
Affe! — Und der Haase, dieser Vogel u. s. w., so rufen die Kin-
der voll Freuden. Und welch' eine ernste Seite hat dies fröhliche
Treiben und Schaffen uni den Küchentisch! Da haben wir wiederum
echte, rechte Kunst im Gewerbe, Betrachtet die eingeschnitzten
Model genauer, bemerkt auf wie einfache Weise die Formen ent-
standen sind, wie zu ihrer Herstellung nur einige wenige Schnitte
nöthig waren, wie die Ornamentirung der Umrandung der ein-
zelnen Darstellung und die Einzelnheiten derselben direct aus
dem Werkzeuge selbst hervorgegangen sind, wie auf diese !
Weise in kürzester Zeit ein Model gefertigt wird — denn wohl
verstanden, jedes einzelne Model kostet 2 bis 4 Kreuzer
— und welch' ein Leben besitzen besonders die Thierstücke! Das
sind Vorbilder bester Art, und man kann sie nicht genug studiren,
besonders in Rücksicht aus 'die sehr geringen Mittel, mit welchen
sie hergestellt sind.

Laßt es Euch, liebe Leser, nicht verdrießen, wenn ich Euch
mit alltäglichen Dingen in den Weg getreten bin, denn Ihr wißt
es ja: Die echte, rechte Kunst ist all überall in Gottes weiter Welt!

Ueber eine „neue Methode, ohne Anwendung von
Metall zu versilbern und zu bronciren".

Von Jos. v. Schmädel.

Auf diese neue Methode der Versilberung und Broncirung
hat die Firma Robert Harras in Untersendling bei München für
Bayern, Oesterreich, die ungarischen Kronländer, Sachsen rc. Pa-
tente erhalten, und dürfte es für viele unserer Kunstindustriellen
von Bedeutung sein, über diese nicht unwichtige Erfindung Näheres
zu erfahren. Es ist vorzüglich die Versilberung, welche als ein
wesentlicher Fortschritt in der Dekorationskunst begrüßt werden
kann. Dieselbe ist für bie verschiedensten Materialien anwendbar,
wie z. B. auf Holz, Thon, Metall, Gyps, Kautschuk rc. rc., und
zeigt einen dem brillantesten Silber gleichkommenden Lustre, dessen
Reinheit selbst im Vergleiche mit metallischer Versilberung sowohl
die echte wie die unechte übertrifft, außerdem aber den großen
Vorzug hat, durch keinerlei äußere Einflüsse, als Dämpfe, Rauch,
Gase rc. alterirt zu werden, wie dieß bei echter Versilberung wegen
der außerordentlich leichten Oxydirbarkeit dieses Metalles stets der
Fall ist, wenn nicht ein die Reinheit des Silberglanzes sehr stören-
der Lacküberzug angewendet wird. Außerdem hat diese neue Me-
thode der Versilberung die wichtige Eigenschaft, daß bei allen-
fallsiger mechanischer Beschmutzung die Reinigung ohne die geringste
Alterirung des ursprünglichen Glanzes sehr leicht mit einem nassen
Schwamme bewerkstelligt werden kann.

Die Leichtigkeit der Methode sowohl, wie die Billigkeit der
angewendeten Stoffe werden die Einführung dieser neuen Erfindung
vorzüglich bei Saaldekorationen, Theatern rc. zu einer höchst will-
kommenen machen. Eiserne Treppengeländer, Stückarbeiten, Ro-
setten , Fcstons, Capitüle rc. würden hauptsächlich iu mit Tages-
licht spärlich erleuchteten Räumen zu einer überraschenden Brillanz
der Wirkung gebracht werden können. Besonders erhöht künstliche
Beleuchtung mittelst Kerzenlicht, Gas rc. den rein metallischen Ein-
druck dieses Ueberzuges ganz außerordentlich. Aber nicht nur für
die Dekorationskunst im Großen ist diese Erfindung von Wichtig-
keit, sondern hauptsächlich auch für die Kleinindustrie, welcher durch
sie eine Methode an die Hand gegeben ist, mit wenig Mitteln
brillante und zugleich solide Effekte zu erzielen.

Was die Broncirung anlangt, so gilt von ihr dasselbe, wie
von der Versilberung. Sie verleiht den mit ihr überzogenen Gegen-
ständen, besonders Figuren, Büsten, Reliefs rc., einen milden, weichen
Glanz, der, weit entfernt zu stören, von günstigstem Einfluß auf
die Markirung der Formen ist. Dabei ist die Unveränderlichkeit
und Haltbarkeit ganz dieselbe, wie bei der Versilberung, so daß
nach jeder Richtung hin dieser Erfindung eine im eigentlichen
Sinne des Wortes „glänzende" Zukunft prophezeit werden kann.

Beschreibung der Kunstbeilagen.

Heft VII. Blatt 1. Weinkühler von F. Widnmann. Galvano-
plastisch in Kupfer und versilbert.

Blatt 2. Kugellustre mit sechs Armen in Metall für
Metall-Dreher und -Drucker. Wegen der Deutlich-
keit sind überall nur zwei Arme gezeichnet. Die
Details sind im Vereinsatelier zu haben. Entwurf
von Adolph Seder.

Heft VIII. Blatt 1. Schmucksachen von Anton Seder.

Blatt 2. Armleuchter für drei bis sechs Lichter in
Metall auszuführen. Der erste ist ausgesiihrt vom
Gürtlermeister Stäble. Entwurf von Adolph Seder.

Redigirt unter Verantwortlichkeit des Nedaktionsausschusses von Dr. Lichtenstein. — Kgl. Hosbuchdrnckerei von vr. C. Wolf & Sohn.
 
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