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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0012

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-4- 8

Die ersten nothwendigen Erfindungen vervollkommnete man mit klugem Sinn für
Schönheit und Zier. Die Tegernseer hatten eine neue Ingredienz zu einer unzerstörbaren
Tinte erfunden. Selbst entfernte Klöster bestürmten den Bruder werinher, ihnen von
dem kostbaren Safte mitzutheilen, wodurch die Manuskripte wie mit feinstem Lack gemalt
erscheinen, wie es anderwärts stand, zeigen die Klagen Petrarka's, daß er in Lüttich mit
Blühe so viel Tinte aufgetrieben, um eine Abschrift zu nehmen.

Das Pergament hatte Silberwerth; schon der Dichter Hroumund bittet den Abt
Gozbert darum für seine literarischen Wanderungen, und das älteste Todtenbuch von Tegernsee
zeigt auf jeder Seite ausgeschabte Zeichnungen und Köpfe, indem eine spätere Band darüber
die verstorbenen eintrug.

Die Bücherei in Tegernsee nahm unter den Aebten Gozbert, Gotthart, Berinqer
u. f. w. so ansehnlich zu, daß das Kloster dem Kaiser Heinrich III. 1054 eine kleine Bibliothek
zum Geschenke machen konnte. Dabei waren viele Bücher mit silbernen und goldenen Buch-
staben geschrieben und die Einbände prachtarbeiten von getriebenem Goldblech, mit edlen,
ungeschliffenen Steinen, perlen und Elfenbeinfchnitzwerk besetzt. Friedrich I. Barbarossa
machte in Tegernsee eine große Bestellung von Büchern, da er so Rühmliches von der
Geschicklichkeit der Mönche gehört; zugleich bezog er Handschriften mit köstlichen Malereien.

höhere Schulen traten ins Leben, Klassiker wurden abgeschrieben und die berühmte
Peutinger'sche Tafel oder römische Militärkarte hat der gelehrte Humanist Konrad Eeltes
im Stifte der fürstlichen Brüder Adalbert und Gtkar ausgesunden.

^rounrund, der am Schlüsse des ersten Jahrtausends als fahrender Magister sich
bewegte und erst 101? die weihen nahm, erkor zum Spruche:

„Einzig will ich die Kunst mir zum Lebensstudium wählen,

„Andern zum Unterricht bin ich aus Büchern belehrt!"

Er freute sich an bsoraz und Zuvenal, las Eicero's Briefe und suchte den Styl des
Sallust sich eigen zu machen. Selbst schrieb er die jovialsten Briese und dichtete die reizendsten
lyrischen Lieder und poetischen Episteln, gesammelt in einem Büchlein von vierzig Gesängen.
Sein Lsauptwerk ist aber der Ruot lieb, dessen Lseld die Welt durchwandert und nach einem
Dutzend Abenteuern in wildfremden Ländern, wie Afrika, reich an Erfahrung und sententiöser
Weisheit, zur klugen und bekümmerten Mutter heimkehrt, Hroumund fang auch das Fest-
gedicht zum Empfang des Bayernherzogs und späteren Kaisers Heinrich II. in Tegernsee,
das wohl im Ehoral vorgetragen wurde; ebenso dichtete er ihm den Abschiedsgruß.

Ein Menschenalter darnach oder 1060 lebte der Mönch Metellus*) von Tegernsee,
der gefeierte Dichter der (Huirinalia, einer bsymnologie aus das Leben des heiligen (Quirin
und die erste Verbreitung des Ehristenthums in Norikum. Er singt, wie die (Quelle am
Ort der Kapelle entsprang, dazu die ersten Lsirtenlieder. Gras Berthold II. von Andechs
ersucht 1180 den Abt Ruprecht um eine Abschrift des Volksepos Herzog Ernst von Bayern,
der für einen Sohn der Kaiserin Adelheid, Tochter König Rudolfs von Burgund,
Wittwe König Lothars von Italien und neue Gemahlin des Ungarnsiegers auf dem Lechfeld,
Kaiser Otto I., galt.

Angezogen von dem Ruhme unseres klassischen Stiftes, wallte auch der Minnesänger,
Lserr Walther von der vogelweide, hieher, der ritterlich den Kreuzzug mitmachte, aber
ausdrücklich auf Seite des Kaisers stand, wahrscheinlich dieser Umstand bei der damaligen
Kirchensehde und nicht die Mißachtung seines Saitenspiels veranlaßte, daß er betrübten
bserzens reimt:

®) §u deutsch: Nader, d. h. Näher, Schnitter, Nesserer oder ttornprobst, wenn wir de» Namen richtig fassen.
 
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