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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0014

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Die Synagoge erhebt sich dagegen und spricht;

„Nicht die Menschen mögen helfen, Einer ist Immanuel,

„D'rum mit gläubigein Vertrauen betet an Gott Israel."

Nun nähert sich die Kirche, eine Krone auf dein Haupte und den ganzer um die
Brust; ihr zur Rechten schreitet die Barmherzigkeit mit dem Gelzweige, links die Gerechtigkeit
mit Schwert und Mage. Die Kirche singt:

„Aber aus dem Iammerleben, das des Todes Macht vernichtet,

„Ist der Glaube auserstanden, hat zum tsimmel sich gerichtet."

Darauf beginnt der Kaiser:

„Wie in allen alten Schriften ausgeschrieben steht zu lesen,

„Ist voreinst die ganze Erde römisch Eigenthum gewesen."

Jetzt sei die Macht des Reiches zerfallen: ein Bote geht ab an den Frankenkönig,
dasselbe wieder aufzurichten. Weitere Sendung ergeht an den Griechenherrscher und an den
viellieben König von Jerusalem. Wider solche Einigung der Thristenheit erhebt sich zorn-
müthig der Tyrann von Babylon, doch der Kaiser sammelt seine Getreuen. Ihm voran
zieht der Engel des cherrn:

„Fürchte nichts, Jerusalem, denn es kömnit dich zu befreien,

„Gottes Waffenträger wird deine bferrlichkeit erneuen."

Der Tempel öffnet feine Thore, der Kaiser zieht ein und legt seine Krone auf den
Altar, um dann seinen Sitz wieder einzunehmen. Der Auszug fand gewiß im Klosterhof
unmittelbar vor den Kirchenpforten statt.

Nun sammelt aber auch der Widerchrist seine Anhänger und sendet Voten an die
Ungläubigen und Ketzer. Der vertriebene König von Jerusalem erscheint. Der Grieche
nimmt vom bösen Feind treulosen Rath an. Nach bangen Zweifeln und langem Zögern
und Zaudern rafft der König der Deutschen alle Kraft seiner Völker zusammen. Die heuch-
lerische Synagoge verkündet umsonst die Erscheinung ihres neuen Messias:

„Für die Währung des Gesetzes bist du lauge schon verbannt,

„Bis zur Ankunft des Messias fern voin wahren Vaterland."

Gottes Donner rollen, die Propheten treten auf und erklären ihre Sprüche. Den
Schluß bildet die große Schlacht, worin der Babylonier gefangen genommen wird: die Kirche
verkündet ihren Triumph.

Der Aufführung dieses ältesten einheimischen Dramas in Tegernsee wohnte Friedrich
Barbarossa persönlich bei und der Abgesandte des Königs vou Jerusalem forderte den
Kaiser von der Bühne aus zur Befreiung des heiligen Landes auf. Manegold's Vorgänger
starb h c. Jänner. Mir bemerken nur, daß die kaiserliche Majestät bereits Ende April U89 in
Regensburg sich zum Kreuzzug einschiffte. Friedrich hatte bereits in seiner Jugend der Belagerung
der Burg Wolfratshausen beigewohnt, von wo eine Prinzessin Andechsischen Adels, nach
der Thronik Bertha, unter dem Namen Irene deti Kaiserthron von Konstantinopel bestieg.

Diesem von grunddeutschen Gedanken beseelten Tegernseer Mysterium steht das
Weihnachts- und Gsterspiel zu Benediktbeuern zur Seite *). Die Ammergauer j)assions-
begehung ist von diesen Aufführungen noch hauptsächlich übrig. Die Szenen wurden be-
greistich auch gemalt und das lebendige Spiel in bildliche Darstellung gebracht. An den
Kirchenwänden und Altartafeln entwickelte sich die klösterliche Malerei. Im XII. Jahr-
hundert zählte die Umgegend von Benediktbeuern einen Gotfchalk, Bartmann, Heinrich,
Gebhart und Lberhart als ansäßige Maler in Laingruben, jAichl, Fessenbach u. s. w. **)

*) Holland, die Entwicklung des deutschen Theaters im Mittelalter, und das Ammergauer Passionsspiel. — Zezschwitz,
das Drama vom Ende des römischen Reiches und die Erscheinung des Antichrist. Leipzig :8?8, in deutscher Uebersetzung.

**) Monum. Boica VII, 50 f. VIII, 52 f. 431.
 
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