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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [6, 7]
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und die Helder decke mit Farbeupigmeut." *) Die karolingische Prinzessin selber trug die
Farben ans, und zwar dieselben aus Glas wie auf L)olz, und es ist so wenig von Einschmelzen
aus die Kristalltafel, wie von Einbrennen ins Getäfel die Rede, auch weiß man von keiner
ständigen Glashütte. Welch' ein lebenlanges studieren und jDrobiren unter wie oftem ver-
werfsn mißlungener versuche gehörte dazu, bis die Gewißheit sich ergab, wie die Farben im
Brennen sich verändern! von Alldem ist hier nicht die Bede. Bischof Salomo von Konstanz
weift 905 den schwäbischen Kammerboten zur Bewunderung seine kunstreichen Gefäße von
Gold, Silber und besonders von Glas**) — wie denn fein Zeitgenosse Tutilo von
St. Gallen (-H 915) in Metallkunst Wunderbares leistete und 912 selbst eine Goldschmiede
für Schmucksachen namhaft wird.

St. Gallen entwickelte früh ein reges Kunstleben, aber daß etwa Ratpert selber die
Glasmalerei dort etablirte, kann ich nicht herauslesen; sicher würde man aus allen Ländern
dort Bestellungen gemacht haben, wie Tegernsee schon 1005 all' den Aufträgen kaum mehr
genügen konnte. Aber nichts verlautet; man behalf sich ahnungslos, wie weit solche versuche
noch führen könnten, einfach mit Lackfarben, wie so oft spätere Maler, wenn es galt, defekte
Glasgemälde auszubessern oder auf den Schein hin auch neue zu malen, die natürlich dem
Wetter nicht widerstand leisten.***) So wandte man in Halber st adt zu Zeichnung und
Schattirung statt Schwarzloth die mehr durchsichtigen Harz- und Bernsteinfarben an, die
auch uneingebrannt auf der nicht glatten Glasfläche haften und der Feuchtigkeit widerstehen.
Farbe mit Bernsteinlack verrieben und auf Glas übertragen, hält allerdings fest, besonders
wenn die Scheibe nicht absichtlich der Sonne und dem Wetter ausgesetzt ift.f) Au den
uneinbrennbaren Harzlackeu gehört auch Kopal und dieser Anfang der Fenftermalerei scheint
nicht abzuweisen. In Italien war die Harz Malerei so üblich, daß sie Guicciardini für
die ursprüngliche Kunst hält. Er hat Recht, so lange die Kunst noch in den Kinder-
schuhen ging. Es wäre reizend, die Enkelin Karl's des Großen mit der Strahlenkrone des
Ruhmes einer so göttlichen Ersindung einzuführen. Aber das war keine Tegernseer Email-
malerei und so ist nicht mehr davon die Rede; die Bilder verschwanden, wie so oft auf Glas-
bildern die Farben stellenweise ganz verblichen oder von Regen und Sonnenschein erblindet
und verwischt sind.

Schasler in j)ierer's Uuiverfal-Lerikou datirt die erste Periode der Glasmalerei vom
IV. bis Xl. Jahrhundert, wo man die Rundbogenfenster mit Farben glas mosaik füllte.
Im VII. und VIII. Jahrhundert steht die Kunst der musivischen Glasmalerei in Frankreich
wie Italien bereits auf hoher Stufe, ja der Mosaikteppich vervollkommnete sich zum Gemälde,
indem der schönen Farbe die freie Zeichnung hinzugefügt wurde. Man verfügte jedoch in
dieser Periode blos über rothes, blaues, gelbes und flaschengrünes Glas, erst in der folgenden
trat hellgrünes, purpurnes u> a. hinzu. Die zweite Periode datirt von der Anwendung mit
dem jXufel aufgetragener Farben, die nach dem Malen eingebrannt wurden, während
man früher nur gefärbte Gläser musivisch verwandte. Die erste Nachricht von Glas-
gemälden im eigentlichen Sinn datirt aus dem Briefe des Abtes Gozbert von
Tegernsee u. s. w. Dies scheint ein wohlbegründetes Urtheil.

*) Sicque fenestrarum depinxit plana colorum Pigmentis laquear pigmentaque arte manuque Artifici, et fucis, quadrato ab orbe
petitis. Ut superaretur ita ab his, ipsum velut herba. Vicisset viles, vario vel flora placentes.

**) Die gepriesene Graalschüssel, il sacrocatino, von Smaragd, von den Genuesen noy bei der (Eroberung Läsareas erwoiben,
besteht aus orientalischer Glasmischung. Der größte Gnyx im Staatsarchiv von Schaffhausen erhielt aus Paris ein Angebot von svoo Frs.

*»*) Wir kennen ein Frauenkloster an der Loisach, wohin noch in neuester Zeit ein Geschenk mit solchen Fenstern gelangte;
aber Lackfarben vertragen keinen Schweiß, bekommen Risse und splittern ab, wenn man nicht mit Zinksilikat sie sestleimt. Noch
heute hausiren „wälsche Briefträger" in Tyrol mit ölgemalten Glasbildern, die Fleischfarbe ist ans der Rückseite übersttichen,
Mund und Augen zuerst gepinselt, u. z. Maria Hilf, Maria Trost, Maria von Absain, nach mehr oder weniger altein Typus.

y) von Farbenmischung mit Gel weiß bereits Theophilus. Ebenso malte der Londoner Meister Gdo, der das wetk an
der westmüuster Abtei leitete, mit seinem Sohne \257 schon Gelbilder für die Gemächer der Königin. Bloße Delsarben werden
dagegen lawinenartig herabgewaschen; ebenso verderben Eier-, Gummi- und Aquarellfarben beim ersten Fensterschwitzen und ab-
wechselnden Sonnenblitzen.
 
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