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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Lange, Emil: Die Kunstgewerbe-Ausstellung zu Amsterdam i. J. 1877, [3]: Vortrag des Direktors der Münchener Kunstgewerbeschule, Emil Lange, angehalten am 18. Februar d. J. im Kunstgewerbeverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0059

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größeren Kreis von Kunstindustriellen möglich gemacht, sich an solchen Konkurrenzen mit
Erfolg zu betheiligen, da es nicht mehr auf prunkhafte Schaustücke, mit welchen der bemittelte
Fabrikant bisher das Publikum zu blenden versuchte, sondern allein auf die künstlerische stil-
gerechte Lösung ankommt, wozu es oft nur bescheidener Auslagen bedarf.

Werfen wir noch zum Schluß einen Blick auf das dem Unternehmen der Ausstellung
nächststehende Land, auf Holland selbst, dessen Anstrengungen gewiß in erster Linie ihm ein
Anrecht verleihen, einen reichlichen und nachhaltigen Gewinn aus seiner Ausstellung zu ziehen.

Holland hat, wie schon vorher erwähnt, mit dieser Ausstellung den Boden einer ge-
sunden und eingreifenden Reform betreten. Es hat sich nicht gescheut, die Blößen seines
Gewerbestandes öffentlich zu zeigen und herbes Urtheil über sich ergehen zu lassen, denn nur
dadurch konnte es zur vollen Erkenntniß seiner schwächen gelangen und für ein resorma-
torisches Vorgehen die Zustimmung und Unterstützung des ganzen Landes gewinnen. Zn
Bälde werden die bis jetzt falsch geleiteten Gewerbszweige auf richtige Bahn gelenkt und die
bisher schlummernden Kräfte des hoch begabten Volkes zu neuer Entfaltung künstlerischen
Schaffens geweckt sein. Um voranzukommen, hat Holland lediglich die Traditionen seiner früheren
in Kunst und Kunstgewerbe gleichmäßig erfolgreichen Glanzperioden wieder aufzunehmen!

Durch solches Bestreben nach Förderung heimischer Kunstthütigkeit und Geschmacks-
bildung hat sich vor Allem die Kommission der Amsterdamer Ausstellung große Verdienste
um den holländischen Staat erworben. Sie war es, welche zuerst den Zustand des tiefen
Verfalls des heimischen Kunstgewerbes erkannt und öffentlich beklagt hatte, dann von der
Bothwendigkeit einer Umkehr durchdrungen keine Mühen und Opfer scheute, durch Mort und
Bild das öffentliche Urtheil über die Sachlage auszuklären und dadurch dem bisherigen ver-
derblichen S\ftem der Selbstberäucherung den Todesstoß zu versetzen. Bicht nur durch das
Bild der Ausstellung selbst, sondern auch durch eine Reihe von streng sachlich gehaltenen
Artikeln über dieselbe — durch die Tagespresse und Flugschriften jeder Art verbreitet —
suchten die Leiter der Ausstellung ihr Ziel zu erreichen. Ein besonderes Gewicht legten diese
deshalb auf das Urtheil der Internationalen Jury, welche programmgemäß ihren Entscheiden
eine möglichst umfassende Begründung derselben beizugeben hatte. Zn der That bildet der
gegen Ende der Ausstellung veröffentlichte Zurybericht ein nicht nur an sich, sondern speziell
für die holländische Propaganda äußerst werthvolles Material der Unterweisung und Belehrung.

Bach solchem Vorgehen wie gemäß der günstigen Aufnahme, welche die Ausstellung
im Lande selbst fand, darf sich die Kommission der sicheren Hoffnung hingeben, durch dies
Unternehmen eine neue 2lera des niederländischen Kunstgewerbes inaugurirt zu haben. 2lber
noch eines weiteren für Holland nicht minder werthvollen Erfolges darf sich die Kommission
mit Recht rühmen. Durch die zahlreichen Gäste, welche die stattgesundene 2lusstellung nach
Holland lockte, wurde das Interesse aller Künstler und Kunstfreunde der umliegenden Staaten
für die mannigfaltigen und zahlreichen Kunstschätze, welche Holland in seinen vielen Museen,
Kirchen und Rathhäusern birgt, in mächtigem Grade erregt und gewonnen, und hiedurch
gleichsam eine Wiederentdeckung dieses hochinteressanten Landes gefeiert. Holland ist uns feit
jener Ausstellung viel näher gerückt. Als unserm jüngsten Bundesgenossen im Kampfe gegen
den verfall des Kunstgewerbes bringen wir ihm für sein energisches und einsichtsvolles Vor-
gehen von vornherein unsere wärmsten Sympathien entgegen.

Möge es ihm gelingen, wie wir es ja auch für uns erstreben, frei von jeglicher Ueber-
hebung und blinden Ueberschätzung durch ernstes gewissenhaftes Studium die einstig behauptete
Höhe künstlerischen Schaffens zu neuem Ruhm und Ehre wieder zu erringen!

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