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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Pecht, Friedrich: Kunstindustrielle Ergebnisse der Pariser Weltausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0084

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figürliche Kompositionen oft eine leuchtende Schönheit des Kolorits mit einer breiten Meister-
haftigkeit des Vortrags verbinden, die man bei unseren derartigen Malereien vorläufig noch
ganz vergeblich sucht. Nicht weniger bewunderungswürdig find feine Thier-, Blumen- und
Fruchtstücke, sowie landschaftlichen Lompositionen. Der Unterschied gegen die frühere fran-
zösische Art besteht überall nächst der weit größeren Naturwahrheit in dem großen coloristischen
Reiz dieser ächt künstlerisch geistreich hingeworsenen, nicht mühselig znsammengetüpfelten
Tompositionen, die bisweilen auch blos als mehr oder weniger gelungene Farbenphantasien
zu bezeichnen sind. Sie haben eine unermeßliche Nachahmung gefunden und diese Keramik
wäre allein schon eine Reise nach Paris werth, da wir in München z. B. nur die Produkte
der Utzschneider'schen Fabrik in Laargemünd allein schon bewunderten, während man dort
noch Dutzende dieser Gattung sindet, die alle möglichen Arten von Technik zu überraschender
Meisterschaft gebracht.

Dennoch kann man sich sagen, daß wir unter den hiesigen Künstlern Talente genug
fänden, die Dergleichen bald machen könnten, wenn sie es nur erst einmal versuchen wollten.
Ja, ich wüßte keinen Industriezweig, der in so hohem Grade geeignet wäre, zu uns hieher
verpstanzt zu werden, die wir einen solchen Ueberfluß an malerischen Talenten haben, um
so mehr, als das Anlagekapital verhältnißmäßig gering sein kann. Dek erzählte mir selber,
daß er, von Wien kommend, s852 mit 600 Frcs., die ihm ein guter Freund geborgt, sein
Geschäft in Paris begonnen habe, während jetzt für feine von den ausgezeichnetsten Künstlern
gemalten Platten Preise bezahlt werden, die aus den Tausenden gar nie herauskommen, die
ganze Faxence-Industrie aber eine Produktion von jährlich t4 Millionen, die des Porzellans
gar von 43 Millionen hat, die echtere aber zum weitaus größten Thsil auf Paris fällt.

Dasselbe ist mit der Kunstbronze-Fabrikation der Fall, die sogar eine Produktion von
80 Millionen ausweist ohne die berufenen Pendülen, deren in Paris 250,000 geinacht werden;
endlich beschäftigt die Lurusmöbel-Fabrikation in Paris allein \ 4,000 Arbeiter und hat eben-
falls eine jährliche Produktion von ca. 80 Millionen, von der ein viertel ausgeführt wird.
Diese ungeheure Thätigkeit und die dadurch erzeugte immense Loncurrenz bildet natürlich eine
große Masse guter, ja vortrefflicher Arbeiter und Künstler, so daß Alles, was Technik heißt,
durchschnittlich aus einer sehr hohen Ltufe steht, liederliche und psuscherhaste Arbeit fast
unmöglich wird. Lie gibt aber auch allen ihren Trzeugniffen jenes gewisse Etwas, dessen
Erreichung nur aus dem Grunde einer wahrhaft lebendigen Produktion möglich ist: Die
virtuose Benützung aller jener kleinen Reize des polirens, patinirens, Vergoldens, Lakirens,
preffens rc., die einen Artikel erst recht lockend und verkäuflich machen und deren Ausbildung
eine quantitativ geringe Thätigkeit nur sehr schwer erreicht.

Anr Meisten kann man dies bei der textilen und Tapeten-Industrie beobachten, wo
in neuerer Zeit der bsauptvorzug vor den Toncurrenten besonders durch Pressung aller Art
erreicht wird, die dort eine ungeheure Ausdehnung gewonnen hat, während sie in Deutschland
nur erst sehr unvollkommen betrieben wird. Dieser Reiz ist wiederum durchaus coloristsicher
Art. Indem man bei einer Tapete z. B. durch die Pressung die Fäden eines Gewebes nach-
ahmt, welches sie ja ursprünglich darstellen soll, so erzeugt man vor Allein den in der Industrie
wie Kunst so mächtigen Reiz des Flimmerns, also des Lebens und der Bewegung. Man
gewinnt aber durch die Lichter und Lchatten der Fäden auch zugleich eine Menge grauer
bsalbtöne, welche die Weichheit der Uebergänge und damit der gesammten Färbung unendlich
steigern. Die Tapeten-Fabrikation hat unter des berühmten Balin's Vorgang daraus besonders
großen vortheil gezogen und ihr Produkt so vervollkommnet, daß es von den prachtvollsten
Geweben und Gobelins oft kaum mehr zu unterscheiden ist. Demgemäß hat sie in den letzten
Jahren auch ihre Ausfuhr gesteigert und producirt jetzt für ungefähr 20 Millionen, eine
Lchätzung, die wahrscheinlich noch unter der Wirklichkeit ist. Aber auch bei der kolossalen
Leiden- und Lammt-Industrie Frankreichs sowie bei dem bseer der gemischten Ltoffe, deren
 
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