Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1880

DOI Artikel:
Pecht, Fr.: Das Kunsthandwerk auf den Ausstellungen zu Düsseldorf und Brüssel, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7024#0066

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
um so mehr, als das, was von fagomrirtcn Sammeten und
Seidenstoffen da war, einen außerordentlichen Fortschritt im
Vergleich zu dem auf der Wiener Ausstellung Gebrachten
nachwies, und oft einen ganz ungewöhnlichen Farbenreiz
zeigte, der es den französischen dieser Art vollkommen eben-
bürtig erscheinen ließ. — Dies galt besonders von denen,
die der talentvolle Dessinateur Römer gezeichnet, Olfenius
und Bürhaus in Elberfeld aber ausgeführt. Sie zeigten
eine geschickte Brechung und Brillanz der Grundfarben, auf
der die meist dunkeln Dessins mit ihren matten Tönen ein
außerordentlich reizendes Farbenspiel abgaben. So waren
hier in's Violette und Grünliche schillernde Töne gefunden,
von denen die Herren noch vor zehn Jahren keine Ahnung
hatten, oder die sie als gänzlich unbrauchbar verworfen
hätten, weil sie den Reiz der Farbenbrechung noch gar nicht
verstunden. Offenbar hat erst das erneute Studium der
Stoffe der Rococo und Renaissance-Periode ihnen dazu
verholfen. Auch die Seidensammete von Andreae in Mül-
heim a. R. und die Seidenwaaren von Michels Geschw.
in Treseld waren sehr zu loben, und man bedauerte, wie
gesagt, nur, daß nicht mehr da war. Dies galt viel weniger
von der Bielefelder Damastweberei, wo eigentlich nur Wester-
mann und Sohn bedeutend ausgestellt, aber im Geschmack
ihrer Dessins wie der feinen reizvollen Färbung der Gründe
doch noch hinter manchen Wiener Fabrikaten nach Zeichnungen
von Stork zurückblieben, wenn sich auch unleugbarer Fort-
schritt zeigte. Dagegen war dieser um so erheblicher in den
Stickereien, wie man sie sowohl einzeln für sich, als haupt-
sächlich an den ganzen Toiletten mit großem Geschick ver-
wendet traf. So bei denen von pinz 6c Tie. in Töln,
die überhaupt sehr vornehm und geschmackvoll aussahen.
Ob hier französische Stoffe verwendet waren will ich natürlich
nicht untersuchen, da jedenfalls die Farbenzusammenstellung
und Ausstattung ihr Werk war, und gerade den feinsten
Geschmack zeigte, so daß unter etwa fünfzig Damenfiguren
kaum ein halb Dutzend schlechte Farben-Aombinationen brachte.
Für die Form ist ja am Ende das Modejournal verant-
wortlich, das Talent der Putzmacherin hat sich darin zu
bewähren, daß sie innerhalb des' Rahmens der gerade
waltenden Mode immer wieder die Grundsätze aller farbigen
Dekoration und die Prinzipien, auf denen alle Schönheit
des Aolorits beruht, zur Geltung zu bringen wisse. Die
Thätigkeit der Modistin unterscheidet sich von der des Malers
hauptsächlich dadurch, daß dieser sein Bild ganz macht,
während der Modistin mindestens Aopf und pals, pände
und Füße gegeben sind, ihr Beruf also der ist, diese zur
höchst möglichen Wirkung zu bringen, ihre Reize hervor-
zuheben und ihre Schwächen zu verhüllen. So sind z. B.
alle Uebergänge aus hell in's dunkel und umgekehrt weich
zu vermitteln, wie dies gewöhnlich durch Spitzen, Garnirungen
u. dgl. geschieht, die Aopf, Brust und pände oder Arme
einrahmen. Zeder ausgesprochen energischen Farbe ist eine
ähnliche, aber weniger glänzende beizugeben, starke Farben-
gegensätze sind durch eine Reihe vermittelnder Töne, welche
die Ueberleitung von der einen zur andern besorgen zu ver-
söhnen, wozu Besatz, Blumen, Stickereien u. dgl. dienen. Diese
haben aber nebst den: Schmuck auch durch ihr Funkeln
den Blick dahin zu ziehen, wo man Hinsehen soll, weßhalb
man sie bekanntlich um Aopf und Büste und nicht etwa
hinten am meisten verschwendet. — Vor Allem hat die

Modistin aber auch neben dem allgemeinen Beruf durch
die Toilette alle natürlichen Reize der Trägerin hervorzu-
heben und den Blick vorn etwaiger: Marrco klug abzulenken,
auch den, durch neue pikante Farbenzusammenstellungen und
Verwendung ihrer sonstigen Mittel von Spitzen, Blumen
und Stickereien die Aufmerksamkeit in wohlthuender Weise
auf sie zu lenken. Pier zeigt sich am ehesten ihre schöpferische
Araft, da sie die Toilette vornehm und zurückhaltend er-
scheinen und doch alle Blicke fesselnd gestalten soll. Zch
habe dies Problenr in Düsseldorf einigemal so vortrefflich
gelöst gefunden, daß jeder Maler von dieser Verwendung
künstlerischer Mittel hätte lernen können: z. B wie man
durch Blonden und Spitzen das Schwere leicht und ätherisch
macht, durch Aombination von zwei besonders fein ge-
ftimmten Nuancen, von schwerer, fagonnirter, schwarzer
Seide und Garnirung mit feinen millefleurartig gestickten
Bändern und Spitzenbesatz, oder matt blaßgelber Seide
und reiche Garnirung von Perlenstickerei alle Blicke anzieht,
und doch vornehm-bescheiden dabei aussieht. Da der jetzige
Damenputz schon durch das Gefälle, das Ausnähen und
Steppen der Aleider eine Menge koloristischer Mittel, um
das Auge anzuziehen, besitzt, hat das Verfolgen derselben
nur oft viel mehr Vergnügen gemacht bei diesen Meister-
werken der putzmacherinen, als bei denen der Maler in der
Gemäldeausstellung, wo sie selten mit den: gleichen Raffinement
angewendet werden, wie es eine Jahrhunderte alte Praxis
bei den Modistinen ausgebildet. — Daß die Anflügen aber
hierin die Brüsseler ganz entschieden weit übertrafen, kann
ich nach den: aufmerksamsten Studium bestimmt versichern.
Za ich habe in Brüssel nicht eine einzige so geschmackvolle
Toilette ausgestellt gesehen, wie in Düsseldorf mindestens
ein Dutzend.

Mit den: Damenschmuck von Blumen und Stickereien
konnnen wir von selbst auf den von Gold, perlen und
Edelsteinen. Pier war der Fortschritt wohl auch vorhanden,
aber doch viel geringer. Mehrere Gold- und Silberschmiede
haben noch immer nicht vollständig begriffen, daß ihr kost
bares Material nichts Anderes ist, als was die Farben auf
der Palette, die der Maler zu einen: wohlthuenden Ganzen
erst zu mischen hat, wo dann die richtige Aombination
Alles thut. Sie behandeln Edelsteine und Perlen zu sehr
als Selbstzweck, die man nur so groß und auffallend als
möglich erscheinen zu machen habe. Darun: schrecken sie
auch vor den härtesten Farben-Aombinationen, z. B. vor-
der Plazirung eines Smaragden mitten unter in Silber
gefaßten Diamanten nicht zurück, während doch eine solche
Aombination von Weiß und Grün entsetzlich hart wirkt,
wenn sie nicht, geschickt durch verschiedene andere Töne ver-
mittelt, durch die Dissonnanz aufgelöst wird. Noch viel weniger
wissen sie oft die Emaillirung mit Edelsteinen, Gold und
Silber zu verbinden. Die besten Alten verwenden gerade
sie vor Allem zur Ueberleitung, zur Perstellung der ver-
wandten Töne und Vermittlung der Aontraste, endlich dazu,
alle die Töne zu liefern, deren man zu einem besonders
reichen und harmonischen Farbenkonzert noch bedarf, damit
keine Farbe allzu sehr dominire, wie mau das besonders
bei den Meisterwerken der Goldschmiedekunst in der hiesigen
Schatzkannner unübertrefflich sehen kann. So z. B. bei der
berühmten St. Georgskette, wo die goldenen Glieder der-
selben überall mit feinen weißgelblich emaillirten oder
 
Annotationen