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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 30.1931

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Heft 1
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Göpel, Erhard: Museum als Erlebnis?: aus Anlass der Neuordnung der städtischen Sammlung in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.7612#0037

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-19.3AWBWUNDEG1T

N

GRUNDRISS VOM OBERGESCHOSS DES LEIPZIGER MUSEUMS

DAS DUNKLE MAUERWERK BEZEICHNET DEN ALTEN EAUJ DIE VERSCHIEDENARTIGE
SCHRAFFUR DEUTET DIE VERTEILUNG DER ALTEN MEISTER UND DER BILDER DES
NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERTS AN

MUSEUM ALS ERLEBNIS?

AUS ANLASS DER NEUORDNUNG DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG IN LEIPZIG

VON

ERHARD GÖPEL

Seit kurzem ist auch die Leipziger Sammlung in die Reihe
der deutschen Museen getreten, die mit einem neuen
Leiter eine neue Ordnung erhalten haben. Die Vorausset-
zungen einer solchen Veränderung sind baulich und samm-
lungsmäßig örtlich bedingt, in den zugrundeliegenden Ge-
danken und Absichten aber von allgemeiner Bedeutung.

Die deutschen Galeriebauten des neunzehnten Jahrhunderts
gehören heute noch zu den im Gebrauch befindlichen Bau-
werken, über deren Verwendungsmöglichkeiten die Praxis
immer wieder nachdenken muß, deren Entwicklung aber
nur selten Abstand schaffend historisch angesehen wird.

Die Entwicklung bestimmten Bauten der drei großen
Architekten Schinkel, Klenze und Semper. In Berlin, München
und Dresden. Die maßgebende Bedeutung dieser Bauten
beruht auf der intensiven gedanklichen Vorarbeit über Zweck
und Sinn der Institution Museum, und auf deren Umsetzung
in künstlerische Formen. In allen drei Städten entstanden
diese Bauten, um das Kunsterbe der Fürsten in würdiger
Form zugänglich zu machen. Die Bauten der Nachfolge
zehren von der Erfindung der Führer und „verbessern" sie
durch gewonnene Erfahrungen zu jenem farblosen Idealtyp,
der für eine nicht vergrößerte Sammlung auch heute noch
paßt: Kassel, Braunschweig usw.

Anmerkung: für die Zeichnung des Grundrisses danke ich dem
Architekten Max Tippmann. Von gemeinsamen Gedankengängen aus-
gehend , kommt seine Dresdener Dissertation „Zur Entwicklung des Types
der deutschen Gemäldegalerien im neunzehnten Jahrhundert" zu Er-
gebnissen, die eine breitere Fundierung der vorliegenden Besprechung
ermöglichten.

Der Unterbringung des fürstlichen Erbes in würdigen
Bauten steht der neuerwachende Ehrgeiz der Städte gegen-
über, die für ihre wachsenden, von den Kunstvereinen der
Bürger geschaffenen oder gestützten Sammlungen ein Haus
bauen müssen. Diese Bauten fassen den Gemcinschaftswillen
zusammen und machen die kulturellen Absichten der Bürger-
schaft sichtbar. Ihnen werden die städtebaulich besten Plätze
eingeräumt. Träger dieser Bauart ist der Bildungsgedanke
der Klassik. Es ist nicht Zufall, daß in Leipzig auf dem
niedergelegten Festungswall sich Opernhaus und Museum
an der Stelle gegenüberstehen, wo von altersher die Uni-
versität ihren Sitz hatte, ein Nebeneinander, das sich ähnlich
in Berlin und für Oper und Galerie auch in Dresden findet.

Der ursprüngliche Leipziger Bau von Ludwig Lange (1855 bis
1858) ist ein typisches Beispiel für die Vermengung der
Vorbilder jener drei führenden Architekten. Der Erbauer
gruppiert wie Schinkel die Räume um einen zentralen Raum,
der im ersten Stock als das Sempersche Achteck der Dresdener
Kuppel wiederkehrt. Er legt wie Klenze und Semper die
Seitenlichtkabinette nach Norden und vermeidet das gefähr-
lich brennende Südlicht durch Oberlichtsäle. An den Schmal-
seiten bringt er Loggien an, ein Motiv Klenzes, das dieser
in München an der Südseite angewandt hatte, um korridor-
artig den Zugang zu jedem einzelnen Raum zu ermöglichen,
ohne Notwendigkeit aufnehmend. Die östliche dieser Loggien
ließ der Kunstverein mit großen Kosten von Theodor Große
ausmalen.

Diese Fresken in ihrer Wirkung und Beleuchtung zu er-
halten, wurde dem Architekten Hugo Licht, der den bald

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