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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 30.1931

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NEUE BUCHER

Heinrich Wölfflin: Die Kunst der Renaissance.
Italien und das deutsche Formgefühl. Mit 92 Ab-
bildungen. F. Bruckmann A. G., München.

Vor etwa dreißig Jahren hielt Wölfflin in Berlin (im Verein
für Kunstgewerbe) einen Vortrag über das Thema des Buches.
Soweit reicht die Beschäftigung mit diesem Problem zurück.
Jener Vortrag wollte nicht recht befriedigen. In der Zwischen-
zeit ist der Gedankengang dem Gelehrten so weise und
schön ausgereift, daß ein Buch von wahrhaft Goethischer
Klarheit entstanden ist. Wohl eines der schönsten Bücher
Wölfflins; jedenfalls eines, das unmittelbar verklärt erscheint
vom menschlichsten Anteil, und in dem die Gelehrsamkeit
wieder naiv erscheint. Besser, richtiger, gerechter kann die
merkwürdige, den Deutschen quälende Frage vom italie-
nischen und deutschen Formgefühl nicht behandelt werden.
Von besonderem Reiz ist es, zu beobachten, wie Wölfflin
sich zur wissenschaftlichen Gerechtigkeit diszipliniert hat.
Er erscheint etwa in einer Lage wie Fromentin, der Rembrandt
gegenüber in seinen „Alten Meistern" höchst gerecht zu sein
sich bemühte, dessen Herz, dessen natürlicher Instinkt aber
Rubens gehörte. Wölfflins Herz ist nun einmal vor allem in
Italien. Er ist selbst ein Italiener — ein klassischer — in der
Klarheit des Denkens und dem schönen Verhälrnisleben des
Auf baus nach. Ein Deutscher ist er dann durch seine erstaun-
liche Fähigkeit, treffende Sprachbilder, den richtigen Ausdruck
mit sinnlicher Bildnerkraft zu finden. Zum Schluß kann es sich
der Verfasser des „Geistes der Gotik" und eines Buches
über Italien nicht versagen festzustellen, daß er an mancher
Stelle sehr wohl zwischen den Zeilen zu lesen verstanden
hat. Er hat dann mit einem verschwiegenen Lächeln weiter-
gelesen. K. Sch.

Deutsche Lande, deutsche Kunst. Herausgegeben
von Burkhard Meier. Martin Wackernagel: Münster.
Deutscher Kunstverlag, Berlin 1931.

Ein weiterer Band in der Reihe dieser sorgfältig geschrie-
benen, mit instruktiven Abbildungen reich gefüllten Städte-
monographien, die ebenso gut dem Studium deutscher Städte-
baukunst daheim dienen, wie sie dem Reisenden nützlich
werden als Führer. Münster gehört zu den besonders inter-
essanten Städten, weil seine Bauten und Bildwerke ununter-
brochen von der romanischen Zeit bis zum Barock Johann
Conrad Schlauns reichen. Es gibt noch heute den Eindruck
eines in sich geschlossenen Stadtindividuums. Der wohlfeile
Preis von vier Mark für das broschierte Exemplar kommt zu
den Vorzügen des Inhalts hinzu. K. Sch.

Elie Faure: Corot. Maitres d'autrefois. Les F^ditions
G. Cres et Cie, Paris.

Hundert Heliogravüren von Braun & Cie nach Bildern und
Zeichnungen Corots, alle etwas schwarz und kohlig, so daß
die Eigentümlichkeit der leichten, hellen — selbst in den
Dunkelheiten noch blonden — Malerei Corots nicht genügend
herauskommt. Dennoch ein starker Gesamteindruck, aus dem
besonders die vielfachen Zusammenhänge anschaulich her-

vorleuchten. Die Wahl der Werke ist im ganzen vorzüglich.
Die Einführung von Elie Faure (auf etwa 60 Seiten) ist so
lebendig, unterhaltend und dabei doch ergründend geschrieben,
wie es eigentlich nur die Franzosen zustande bringen. Es
ist alles wie gesprochen. Vieles nur wie nebenbei; aber das
ist dann oft das beste. K. Sch.

Marie-Juliette Bailot: Le decor interieur au
XVIIIe siecle ä Paris et dans 1 'IIe de France. Boi-
series Sculptees et Panneaux Peints. Paris, Les Edi-
tions G. van Oest, 1930.

Die Aufgabe, französische Innendekoration an erhaltenen
geschnitzten Vertäfelungen und gemalten Panneaus der Pa-
riser Region zu demonstrieren, war lohnend. Die wechseln-
den Funktionen der Fläche, des plastischen Schmucks und
der abstrakt ornamentalen oder genremäßigen Malerei konn-
ten Anlaß zu Betrachtungen geben, welche „la marche du
style des boiseries" wirklich bezeichnet hätten. Statt dessen
wird in wenig sinnvoller Beschreibung dessen, was am reichen
Abbildungsmaterial mit größerem Genuß und unmittelbar
abgelesen werden kann, ein Repertorium der geläufigsten
rundplastischen oder reliefartigen Dekorationsmotive — Pal-
menstamm, Trophäe, Muschel usf. — und ihrer Permu-
tationen mit geraden oder gekrümmten Umrahmungslinien
als die jeweilige Stilstufe angegeben. Die Vorzüge des Buches
liegen in der Fülle und Übersichtlichkeit des z. T. schwer
zugänglichen Materials und der mit Sorgfalt und Geschick
benutzten Quellen. M. Eisenstadt

Comte de Salverte: Le Meuble Franc,ais d'aprös
les Ornemanistes de 1660 ä 1789. Paris, Les Editions
G. van Oest, 1930.

Daß es möglich ist, in einer allgemein orientierenden und
durchaus auf den konkreten Gegenstand fixierten Übersicht
etwas von der Bewegung, den vielfältigen Parallelen, Über-
schneidungen und rückläufigen Experimenten ahnen zu las-
sen, die das eigentliche Leben eines Stils ausmachen, zeigt
das Buch des Comte de Salverte. An gutgewählten Beispielen,
deren besonderer Vorzug der Typenreichtum ist, wird die
Formeigenart gekennzeichnet und der Verwendungszweck
genau umschrieben. Gelegentliche Konfrontierung des zeich-
nerischen Entwurfs mit der Ausführung zeigt den Kunst-
verstand des Handwerkers im achtzehnten Jahrhundert. Die
Mappenanordnung ist sehr Zweckmäßig. M. Eisenstadt

Les Tresors des Bibliotheques de France. Les
Editions G. van Oest. Tome III, 11, iz 1930.

Der dritte Band dieser vorzüglich ausgestatteten Publi-
kation, die von M. R. Cantinelli und E. Dacier geleitet wird,
enthält in guter Zusammenstellung einige kunsthistorisch
wichtige Untersuchungen. A.Auriol beschreibt eine Folge von
fünfzehn bisher unveröffentlichten Miniaturen, die zu einer
„Visio Sancti Pauli" (in achtsilbigen anglo-normannischen
Versen) aus der Handschriftensammlung der Bibliothek von
Toulouse gehören und die er in den Anfang des vierzehn-

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