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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 30.1931

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Heft 3
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Kunstausstellungen
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UNSTAUSSTELLUNGEN

mf/^JzMit'' BENNO ELKAN

Uf^SäK^^^U ^cr Frankfurter Bildhauer Benno
■rv\aJH<2^vlBr Elkan, der Plastiken, Plaketten,'jZeich-
M^y^HfcjEj££i*Sli nungen und Photographien monumen-
HU^n taler Grabmale und Denkmale in der

PR^gJHlSsiffi*] Kunsthandlung Victor Hartberg ausge-
stellt hatte, befindet sich der Kritik
gegenüber in einer ungünstigen Lage. Er ist ein Könner von
vielen Graden, ein Beherrscher seines Handwerks; doch gehört
er einem Typ des Bildhauers an, der der Gegenwart fremd
geworden ist. Er hat eine hohe Meinung von seiner Kunst
und seiner Künstlermission. Das ist gut. Nicht so gut ist es
jedoch, daß sich dieses Wollen mit provinziell gewordenen
Geniebegriffen paart, daß es immer ein wenig theatralisch
forciert und altmeisterlich drapiert ist. Die Bildnisköpfe haben
manches Gute, doch sind sie alle irgendwie übercharakteri-
siert und übermonumentalisiert. In dieser Hinsicht tauchen
Erinnerungen an Max Klinger auf. Die Zeichnungen sind
Paraphrasen von Holbein. Der große Bibelleuchter mit 32 alt-
testamentarischen Figuren ist in seiner Art eine erstaun-
liche Leistung, bleibt aber zu sehr eine Renaissancearabeske,
um spontan wirken Zu können. Elkan leitet seine Kunst
mehr von Kunst als von Natur ab; der ehrgeizige Künstler
gerät dadurch in eine unnaive, konventionelle Formensprache,
ihm fehlt die schöpferische Verwunderung vor der Erscheinung.
Daß die Zeit einer so gearteten emphatischen Akademie vor-
über ist, muß, mit der gebührenden Achtung vor so viel Kön-
nen, Intelligenz und Fleiß, festgestellt werden. Um der Idee
der Kunst willen.

DIE HERBSTAUSSTELLUNG DER
AKADEMIE

Sie ist besser als ihr Ruf in der Presse. Sie enthält nicht
nur im einzelnen gute Zeichnungen und Plastiken, son-
dern ist auch im ganzen mit klug ordnendem Geschmack
gemacht. Die Ablehnung erklärt sich zumeist daraus, daß
jene Künstler, die ihre Stilgesinnung wie ein Wappen vor
sich hertragen, in dieser Ausstellung fehlen oder — wie
Schmidt-Rottluff — ohne Wirkung bleiben, daß dagegen die
Künstler wieder mehr hervortreten, die im Sinne der Tra-
dition arbeiten. Die Gründe dafür sollten in der festgefah-
renen Arbeitsweise der Programmatiker gesucht werden —
Ausstellungen wie die in der Berliner Secession, in der Galerie
A. Flechtheim und auch im Kupferstichkabinett beweisen
es —, nicht in einem Versagen der Akademie. Man hat sich
auch wohl zuviel von den im Sommer diktatorisch vorgenom-
menen neuen Ernennungen versprochen. Die davon erwartete
und erhoffte Wirkung wird auch weiterhin ausbleiben. Denn
die „neue" Kunst, von der immer noch Rettung erwartet wird,
hat sich selbst längst erledigt. Es mag was immer in Zeitungen
und Zeitschriften darüber geschrieben werden, die Akademie
mag diese Kunst nachträglich sanktionieren: es gibt für sie we-
der rechte Liebhaber mehr noch rechte Feinde. Die Aus-
stellungen liegen verlassen, der Kunsthandel hat die einst über-
mäßig Protegierten wieder fallen lassen, und den Museums-
leitern wird in ihren Bildersälen moderner Kunst bang und

bänger. Die Dinge korrigieren sich selbst. Was nach der Selbst-
reinigung bleiben wird, ist eine Kunst der mittleren Linie
ohne Lärm und Renommage, geleitet von Überlieferungen
und einem wieder zu Ehren kommenden Fleiß.

*

Willkommen sind in dieser Herbstausstellung Arbeiten von
vier Münchner Zeichnern — Münchnern freilich im weiteren
Sinne. Carl Caspar hat unbefangen gezeichnete Illustrationen
für ein Kinderbuch ausgestellt, vortrefflich in Holz geschnitten
von A. Fallscheer. Sie lassen sich den im besten Sinne deutschen
Märchenillustrationen Leopolds von Kalckreuth an die Seite
stellen. Max Unold zeigt Landschaftsaquarelle, die in ihrer
bewußten Selbstbeschränkung sympathisch sind. Zeichnungen
von Kubin bilden eine ausdrucksvolle Gruppe; hier wächst
Stil organisch aus einer Persönlichkeit. Ausgezeichnet ist
eine Radierung von Hermann Mayrhofer-Passau; es ist die
reife, sinnlich spontane Arbeit eines Talents mit guter Kinder-
stube.

Unter den Gästen fällt wohltätig auch Karl Walser auf
mit Entwürfen zu Wandmalereien im Züricher Muraltengut.
Es sind Grisaillen von feinem Reiz der Komposition und
des Hell-Dunkels. Auf Walser, der ein seltener Gast ge-
worden ist und manchmal schon vom Schauplatz abgetreten
zu sein schien, läßt sich das im Sport gebiäuchliche Wort
anwenden: Klasse bleibt Klasse. Nachhaltige Wirkung geht
auch von den Pinselzeichnungen des Dresdeners Josef Hegen-
barth aus; in einer persönlichen Weise ist darin Altmeister-
liches mit Persönlichem verbunden.

Unter den Zeichnungen Berliner Künstler erfreuen die
heiteren, klaren Federillustrationen Hans Meids, die über-
zeugenden Landschaftsaquarelle von Georg Walter Rößner,
die mit ihren römischen Motiven freilich ein wenig wie aus
der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wirken und die per-
sönlichen Blätter von Max Kaus, Lithographien und Aqua-
relle, die ebenfalls den Charakter des Graphischen haben.
Rudolf Großmann hat unter seinen geistreich bissigen Bild-
niszeichnungen dieses Mal nicht ganz glücklich gewählt; von
Dreßlers Arbeiten überzeugt am meisten das aquarellierte
Frauenbildnis (Nr. 73), unter ArturDegners Aquarellen nimmt
die Abendlandschaft den ersten Platz ein, und Willy Jaeckel
interessiert am lebendigsten mit dem ernsthaft durchgearbei-
teten pasteliierten Selbstbildnis. Walter Klinken ist ein liebe-
voll genauer Landschaftszeichner. Er erlebt, menzelisch fleißig,
die Freuden der Reise und läßt den Betrachter daran teil-
nehmen.

Die Plastik hat ein schönes Niveau. Joachim Karsch zeigt
empfindsam modellierte Kleinplastik. Er wird immer besser.
Anton Grauel kommt ihm mit zwei Gipsen einer sitzenden
und einer ruhenden Frau nahe. Und nicht weit zurück bleibt
auch Toni Stadler mit einer weiblichen Bildnisbüste. Eine
kleine Terrakotta von Heinz Rosenberg-Fleck bestätigt die
Disziplin einer Begabung, worauf früher schon hingewiesen
wurde. Meisterhaft ist ein Bronzekopf von Richard Scheibe,
den wir als Selbstbildnis ansprechen möchten. Die ältere
Bildhauergeneration repräsentiert Fritz Klimsch, vor allem
mit der sehr anmutigen „sitzenden Frau", August Kraus mit

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