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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 30.1931

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Degas lebte sehr mäßig. In jeder Hinsicht. Von seinen
Freunden war er oft geneckt worden wegen seiner Gleich-
gültigkeit den Frauen gegenüber. Er fühlte, daß er den
Freunden ein Opfer bringen und ein galantes Abenteuer
wenigstens vortäuschen müsse. Als eine kleine Tänzerin, die
ihm oft Modell gestanden hatte, nach Amerika fuhr, nahm
er einen Platz auf dem Schiff, das dem der Tänzerin folgte.
In New York angekommen, blieb er an Bord und kehrte
gleich nach Frankreich zurück. „Was kann man mehr tun,"
sagte er, „als zeigen, daß man es in sich hat, eine Dame
von Paris bis New York zu verfolgen!"

Als Oskar Wilde im Gefängnis saß, hatte er mit einem
literaturbeflissenen Aufseher zu tun. Trotz des Redeverbotes
fragte ihn dieser einst: „Entschuldigen Sie Sir, war dieser
Charles Dickens ein großer Schriftsteller?" Oskar erwiderte:
„Gewiß, sehr groß; sehen Sie, er ist doch tot." „Jawohl
Sir, ich verstehe, da er tot ist, muß er wohl groß sein. Und,
bitte Sir, diese Marie Corelli, ist die nun groß?" Wilde sagte
ihm auf die Schulter klopfend: „Glauben Sie nicht, daß ich
etwas gegen ihre Moral habe, was aber ihre Schriften an-
belangt, so verdiente sie hier zu sein."

*

Max Seliger, der Leipziger Akademiedirektor, hatte 1914
ein Diptychon gemalt. Links sah man einen deutschen Sol-
daten von Frau und Kind Abschied nehmen, rechts kehrte
er bekränzt zurück. Um doch etwas zu sagen, fragte ein
Kollege, dem er das Bild zeigte: „Wie nennen Sie das Bild?"
Seliger antwortete: „Landwehrmanns An- und Abschied."

*

Liebermann trifft Edwin ScharfF in einer Ausstellung, wo
dieser eine kleine Statue von Drake aufmerksam betrachtet.
„Jefällt Ihnen das?" fragt Liebermann. „Doch," antwortet
ScharfF, „das gefällt mir gut." „Jefällt Ihnen das wirklich?"
fragt Liebermann eindringlicher. „Aber gewiß," versichert
ScharfF, „es gefällt mir wirklich." „Ausjeschlossen," sagt
Liebermann, „das jefällt Ihnen nich!"

*

Einer, der zu Geld gekommen ist, erzählt einem Freund,
er hätte einem Architekten den Auftrag gegeben, ihm ein
Haus im allermodernsten Stil zu bauen.

„Was ist denn das Allcrmodernste?" fragt der Freund.
„So einfach wie möglich — koste es was es wolle".

*

Liebermann besieht in einer Ausstellung Bilder eines Kol-
legen. Vor einem Porträt sagt er: „Das ist geschickt, das ist
unheimlich geschickt. Wissen Sie, ich habe mal zu Anders
Zorn gesagt: Sie sollten nur noch mit der linken Hand ar-
beiten."

*

Der Assistent fragt seinen Direktor: „Kann dieses Bild
vom Meister von Meßkirch sein?" „Ausgeschlossen," sagt der
Direktor. „Vielleicht ist es von einem Schüler des Meisters?"
meint der Assistent. „Ja," antwortet der Direktor, „aber von
einem Schüler, den der Meister wegen Unfähigkeit hinaus-
geworfen hat."

*

Leo Tolstoi hat seinem Roman „Anna Karenina" das
Motto vorangesetzt: Die Rache ist mein, ich will vergelten!
Die erste deutsche Übersetzerin hat mit dem Russischen und
mit der Bibel offenbar nicht gut Bescheid gewußt, denn sie
hat so übersetzt: Rache ist süß, ich spiele Aß!

*

Eine Frau geht mit ihrem kleinen Sohn über den Markt
in Rostock 'am Standbild Blüchers vorüber. „Mutter," fragt
der Junge, „wat's dat for n'ne Fru?" „Dat is keen Fru," ant-
wortet die Mutter, „dat is Bismarck."

*

An der Schirmabgabe eines Museums:
„ . . .und was kostet das?"

„Zu verlangen haben wir nichts. Wenn Sie es aber gleich
erledigen, haben Sie es nachher hinter sich."

*

Liebermann bekam eine gedruckte Aufforderung, sich über
sein Schaffen zu äußern. Was er fühlte und dächte, bevor
er zu malen beginnt, was er beim Malen empfände, wie
ihm hinterher zu Mute wäre. Und so weiter; fünfzig Fragen.
Er erwiderte: „Wenn ich Ihre Fragen beantworten könnte,
wäre ich nicht Maler geworden."

*

Derain über Picasso: „Picasso hat ein Mittel gefunden,
die Malerei zu umgehen."

IOI
 
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