ADALBERT STIFTER, SCHLOSS
BESITZER: STIFTER-GESELLSCHAFT, WIEN. AUSGESTELLT IN HEIDELBERG
STAATLICHE KUNSTSCHULEN
VON
ALBERT LAMM
Unser Staat pflegt die Malerei; will sagen: er
gibt jährlich eine nennenswerte Zahl von
Millionen aus, die der Malerei gelten. Malerei und
Malerschaft stehen heute vor dem Bankerott. Der
Bankerott war vorauszusehen. Weil ganz kunst-
widrige Dinge längst das sogenannte Kunstleben
terrorisieren. Nur der Staat konnte nichts voraus-
sehen. Die einzige Macht, die unabhängig sich der
Vertrustung eines Kulturgebietes hätte gegenüber-
stellen können, unterstellte sich den „Verhältnissen"
und unterstützte bettelhaft wie ein Kommerzienrat
alles, was ohnedies geschah, ließ das Ansehen des
Staates_das bekanntlich immer noch da ist und
immer erhalten werden muß — vor den Wagen
des Unternehmertums in Malmoden spannen. Die
Republik hat hier keine Aufgabe für sich gesehen.
Die kaiserliche Initiative im preußischen Kunstleben
war schauderhaft. Abgetan, das wußten wir längst;
und sie hatte eines Tages aufgehört. Nun mußte
die der Republik kommen. Eine eigene Verbindung
mit dem Kunstleben hätte die Republik suchen
müssen, Aufgaben hätte sie stellen, Aufträge geben
müssen: damit hätte sie ein gesundes neues Leben
in die Malerei gebracht. Es wären dabei Mißgriffe
gemacht worden, es hätte Opposition, ja, es hätte
vielleicht geradezu Krach gegeben. Gewiß. Aber
das hätte ja nichts geschadet. Der Streit hätte neue
Gedanken geweckt, bessere, als das ewige Um-
schaufeln all des ästhetischen Mistes es leisten konnte,
der nun seit bald drei Jahrzehnten immer dieselbe
Jugend (die bald goldene Hochzeiten feiert) und
die zukünftige Kunst ahnen lassen soll. Statt dessen
stellte sich die Republik die Aufgabe, alles auf-
zukaufen, was der Kaiser nicht gekauft hatte; auf
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BESITZER: STIFTER-GESELLSCHAFT, WIEN. AUSGESTELLT IN HEIDELBERG
STAATLICHE KUNSTSCHULEN
VON
ALBERT LAMM
Unser Staat pflegt die Malerei; will sagen: er
gibt jährlich eine nennenswerte Zahl von
Millionen aus, die der Malerei gelten. Malerei und
Malerschaft stehen heute vor dem Bankerott. Der
Bankerott war vorauszusehen. Weil ganz kunst-
widrige Dinge längst das sogenannte Kunstleben
terrorisieren. Nur der Staat konnte nichts voraus-
sehen. Die einzige Macht, die unabhängig sich der
Vertrustung eines Kulturgebietes hätte gegenüber-
stellen können, unterstellte sich den „Verhältnissen"
und unterstützte bettelhaft wie ein Kommerzienrat
alles, was ohnedies geschah, ließ das Ansehen des
Staates_das bekanntlich immer noch da ist und
immer erhalten werden muß — vor den Wagen
des Unternehmertums in Malmoden spannen. Die
Republik hat hier keine Aufgabe für sich gesehen.
Die kaiserliche Initiative im preußischen Kunstleben
war schauderhaft. Abgetan, das wußten wir längst;
und sie hatte eines Tages aufgehört. Nun mußte
die der Republik kommen. Eine eigene Verbindung
mit dem Kunstleben hätte die Republik suchen
müssen, Aufgaben hätte sie stellen, Aufträge geben
müssen: damit hätte sie ein gesundes neues Leben
in die Malerei gebracht. Es wären dabei Mißgriffe
gemacht worden, es hätte Opposition, ja, es hätte
vielleicht geradezu Krach gegeben. Gewiß. Aber
das hätte ja nichts geschadet. Der Streit hätte neue
Gedanken geweckt, bessere, als das ewige Um-
schaufeln all des ästhetischen Mistes es leisten konnte,
der nun seit bald drei Jahrzehnten immer dieselbe
Jugend (die bald goldene Hochzeiten feiert) und
die zukünftige Kunst ahnen lassen soll. Statt dessen
stellte sich die Republik die Aufgabe, alles auf-
zukaufen, was der Kaiser nicht gekauft hatte; auf
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