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Aber Arbeitskraft und Arbeitsluſt nahmen noch nicht ab. Ein im Jahre
1654 bereits durch Bezeichnung als abgeſchloſſen erklärtes Gemälde, „Joſeph
wird bei Potiphar verklagt“, überarbeitete Rembrandt im folgenden Jahre, und
zugleich malte er dieſelbe Kompoſition mit geringen Veränderungen friſch noch
einmal. Das mit der umgeänderten Jahreszahl bezeichnete Bild befindet ſich in
der Ermitage zu St. Petersburg. Das andere iſt im Kaiſer-Friedrich⸗Muſeum zu
Verlin; es reiht ſich den feinſten Schöpfungen des Meiſters ein. Potiphars Weib
ſitzt neben dem hellbeleuchteten Bett, und während ſie mit der Linken den halb-
entblößten Buſen zu verhüllen ſucht, deutet ſie mit dem Daumen der rechten
Hand auf Joſeph, der im Gefühl ſeiner Unſchuld aufwärts blickt und die Hand
beteuernd emporhebt; ſie vermeidet es, beim Vorbringen ihrer erlogenen An-
ſchuldigung den Gatten anzuſehen, der hinter ihr ſteht und ſeine Entrüſtung über
Joſeph noch hinter der Miene vornehmer Gelaſſenheit und ernſten Erwägens
verbirgt. In der Farbenwirkung hat Rembrandt hier Wunderbares, im Aus-
druck namentlich bei der lügenden Frau — Unglaubliches geleiſtet Abb. 158).

Mit ſichtlicher Freude hat er eine ungewöhnliche Aufgabe gelöſt, die ihm
um dieſe Zeit geſtellt wurde. Das war das Reiterbildnis eines polniſchen Herrn.
Über die Beſtellung iſt nichts bekannt. Aber daß das Bild kein Phantaſieſtück,
ſondern ein Porträt iſt, geht deutlich aus ihm hervor. Nach Beſonderheiten der
mit großer Genauigkeit gemalten Kleidung und Ausrüſtung weiß man ſogar das
Negiment zu nennen, dem der Reiter aͤngehört hat. Der junge Pole, leicht-
bewaffnet mit Säbel und Bogen, reitet in flottem Schritt am Beſchauer vorbei
mit einem Blick über die Schulter, der das Geſicht in gerade Vorderanſicht bringt.

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