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ſchärfſter Beobach-
tung. Hier, wo er
für niemand anders
als für ſich arbeitete,
ſpielte er förmlich
mit der Olfarbe; mit
einer, man möchte
faſt ſagen, luſtigen
Kühnheit warf er die
Farbenflecken hin,
daß ſie ſich zum aus-
druͤcksvollen Bild zu-
fammenfügten. Mit
Vorliebe faßte er
ſich als den unver-
droſſen Arbeitenden
auf; der Maler im
farblos braunen,
nachläſſigen Anzug
hebi mit einem Blick
des Erhabenſeins
über alles Mißge-
ſchick den Kopf; bis-
weilen zuckt ein Lä-
cheln, faſt ſpöttiſch,
um die Mundwinkel.
Eines dieſer Bilder,
in engliſchem Privat-
befiß, trägt die Zahl
von Rembrandts
letztem Lebensjahr, Abb. 171. Der Evangeliſt Matthäus. Gemälde von 1661. Im Louvre-
1669. So endete Mufeum zu Paris. (Zu Seite 168.)
der Meiſter ſeine
Malerlaufbahn, wie er ſie begonnen hatte, mit der künſtleriſchen Selbſtbetrachtung.
Bevor er das Malgerät für immer niederlegte, mußte er noch Bitteres exleben
Es ſchien ihm vergönnt, feinen Sohn glücklich zu ſehen Titus van Ryn verlobte ſich
mit einer jungen Dame aus der Verwandtſchaft ſeiner Mutter Saskia van Uylenburgh.
Aber wenige Monate nach der Verheiraiung, vor Vollendung feines 27. Lebens-
jahres, im September 1668, wurde Titus vom Tode ereilt. Seine Witwe gab im
PMärz 1669 einem Töchterchen das Leben und ſtarb vor Ablauf desſelhen Jahres.
Rembrandt beſchloß ſein arbeitſames, von Ruhm und glänzenden Erfolgen er-
helltes und von harten Schickſalsſchlägen verdüſtertes Leben im Dunkel der Armut.
Die Begräbnisliſte der Weſterkirche zů Amſterdam verzeichnet den 8. Oktabex 1669
als den Tag ſeiner Beerdigung. Sein Nachlaß beſtand, wie die amtliche Aufnahme
feſtſtellte, nur aus Aleidungsſtuͤcken von Wolle und Qeinen und aus dem Arbeitsgerät.
Als Rembrandt ſtarb war er faſt ein vergeſſener Mann. . Der Kunſtgeſchmack
der Zeit hatte ſich ganz anderen Richtungen zůgewandt, und ſeine Werke wurden
gering geſchätzt. Die Geſchichte ſeines Lebens verſchwand auffallend ſchnell im
Dunkel. Ein Gemiſch von albernen Werkſtattgeſchichten und von böswilligen
Verleumdungen, das aus den Kreiſen ſeiner eigenen Schüler hervorging, hat die
Stelle ſeiner Lebensbeſchreibung vertzeten müffen, bis im vorigen Jahrhundert
holländiſche Forſcher die urkundliche Wahrheit ans Licht förderten. Sein Künſtler-
ruhm aber war zu groß, um von Neide berührt zu werden. Die Zeit, wo man,
wie ein zuverläſſiger Zeuge berichtet, Bilder von ihm für wenige Groſchen haben

Knackfuß, Rembrandt. 12 177
 
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