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Koch, Günther
Kunstwerke und Bücher am Markte: Auktion, Fälschungen, Preise und was sie lehren; mit Anführung wichtiger Literatur über Kunstgewerbe, Malerei, graphische Künste, Bildnerei, Münz- und Medaillenkunde, Bücher und Handschriften alter und neuer Zeit; ein Buch für Kunst- und Bücherfreunde, Sammler und Händler — Eßlingen a.N.: Neff, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.52382#0155
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Zweiter Teil.
Preise.

i. Abschnitt.
Von Auktionspreisen im allgemeinen und von der Preissteigerung im
besonderen.
Zum Begriff Preis.
Die Wertschätzung eines Gegenstandes findet einen Ausdruck in seinem Preise. Dieser
Ausdruck ist für den eigentlichen Wert der Sache im allgemeinen nicht maßgebend; er ist nur
ein Maßstab für die augenblickliche Wertung des Objekts.
Wer wertet? Es ist gesagt worden, der Preis sei der Ausdruck der gesellschaftlichen
Würdigung der Güter. Das ist nicht richtig. Den Schätzen des Kunst- und Buchhandels stehen
z. B. weite gesellschaftliche Kreise — und leider nicht etwa nur die unbemittelten — fast in-
different gegenüber. Sehr viele Preise am Kunst- und Büchermärkte verdanken ihre Höhe nur
dem Interesse eines geringen Bruchteils der Gesellschaft, den Sammlerkreisen, und auch bei
diesem Bruchteil handelt es sich nicht um eine gesellschaftliche, sondern um eine rein indivi-
duelle Würdigung.
Aus diesem Grunde kann der Preis den allseitig anerkannten Wert der Sache weit über-
steigen, aber auch weit unter der allgemeinen Wertschätzung bleiben.
Weiter unten — bei meinen Ausführungen über Spleenpreise — wird man die unglaub-
liche Tatsache finden, daß ein Mensch Unsummen für — Trambahnbillette bieten kann.
Andererseits zeigt die Geschichte des herrlichsten aller Brillanten, des einst 410, jetzt
136,7 Karat schweren, vollendet geschliffenen ,,Regent“ oder ,,Pitt“, daß ein Objekt trotz
allseitig anerkannter Wertschätzung einen Preis, der diese Wertschätzung auch nur annähernd
ausdrückt, eventuell augenblicklich nicht findet. Der Diamant1) sollte 1884 aus dem fran-
zösischen Kronschatz veräußert werden; die Parlamentskommission erklärte, der Stein sei
zweifellos 10 Millionen wert, auf dem Markte würde aber sicher nicht mehr als eine halbe
Million (also ein Zwanzigstel des Wertes) erzielt werden. Daher verblieb der Stein im Louvre.
Nach diesen Erinnerungen wird man mir zustimmen:
Der Preis ist in allen Fällen der Ausdruck für das augenblickliche Ver-
hältnis von Angebot und Nachfrage.
Das ist ein Satz, den man stets vor Augen haben sollte, wenn man über Preise spricht.
Preise? Ja, für dasselbe Ding, eben diesen Ausdruck von Angebot und Nachfrage, hat man
eine Menge Bezeichnungen. Keine von ihnen fixiert den Begriff völlig, den sie decken soll.
Der Preis ist eben ein Ding, das die mannigfachste Entstehung haben und von heute auf morgen
vielfach wechseln kann.
Fest steht nur, daß Seltenheiten im allgemeinen anders gehandelt werden als kurante
Ware, daher auch andere Preise haben. Bei zeitgenössischer Produktion, bei Ware, die noch in

x) Über ihn vgl. Bauer, Max, Edelsteinkunde. Leipzig 1896, S. 285. — Enault, Louis, Les Diamants
de la Couronne. Paris 1884, p. 23 ss. — Auch Groß, Raritätenbetrug, S. 100, erzählt die Geschichte dieser
Diamanten und zwar nach dem mir nicht zugänglichen Buche von Griffiths, A., Mysteries of police and crime,
London 1898.
Koch, Kunstwerke und Bücher am Markte. Q
 
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