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Koch, Günther
Kunstwerke und Bücher am Markte: Auktion, Fälschungen, Preise und was sie lehren; mit Anführung wichtiger Literatur über Kunstgewerbe, Malerei, graphische Künste, Bildnerei, Münz- und Medaillenkunde, Bücher und Handschriften alter und neuer Zeit; ein Buch für Kunst- und Bücherfreunde, Sammler und Händler — Eßlingen a.N.: Neff, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.52382#0323
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Ludwigsburger Porzellan.

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sicht eine Halbheit. Schon hinsichtlich des Titels. Die Abfassung des Titels wird eben von nur zu vielen Bücher-
schreibern viel zu leichtfertig abgetan und das entsprechende Produkt lahmt dann zeitlebens an seiner mangel-
haften Etikette. Balet hätte in seinem Titel sagen müssen, daß er sich auf eine Katalogisierung der Lud-
wigsburger Porzellanplastik des Württembergischen Nationalmuseums beschränkt hat, statt dessen täuscht
der Titel aller Welt vor, Balet habe uns das Werk über Ludwigsburg geschrieben, das Monumentalwerk, das
gerade er durch seine einseitige Beschränkung auf die Bestände des Stuttgarter Museums auf längere Zeit
hinaus unmöglich gemacht hat. Beweis: die Bemerkung, die man nun in so vielen Katalogen findet, die da
sagt „nicht bei Balet“ und die vielmehr sagen sollte „nicht in der Stuttgarter Sammlung“.
Unbedingt hat Balets Arbeit große Verdienste. Sie ist der erste Versuch, die Menge der Ludwigsburger
Erzeugnisse nach ihren Urhebern zu gliedern. Während wir bisher (und zwar ungefähr seit Hirths Deutsch-
Tanagra) bei der Ludwigsburger Plastik immer zunächst oder ausschließlich an J. Ch. W. Beyer dachten,
sind uns nun, dank Balet, Meister wie Ferreti, Weinmüller, Lejeune als mindestens ebenso wichtige Könner
vertraut geworden. Freilich zeigt sich auch hier gleich wieder eine bedauerliche, folgenschwere Halbheit.
Entfaltung eines umständlichen, viel zu umständlichen wissenschaftlichen Apparates bei Mangel an stilkritischer
Fähigkeit. Die ganze Existenz des dank Balet uns Händlern ebenfalls nur zu schnell vertraut gewordenen
Franz Anton Pustelli resultiert aus dem erwähnten Mangel. Frdr. H. Hofmann schrieb hierüber (M. N. N.,
14. April 1913): „Schon ein genaues Studium der Abbildungen, die Balet gibt, zeigt ohne weiteres, daß hier
eigentlich nur ein Sammelsurium von Modellen vorliegt, die anderwärts aus dem oder jenem Grunde nicht
sofort unterzubringen waren . . . Sehen wir sorgfältig zu, so finden wir als Arbeiten Pustellis registriert
Modelle von Ferretti, Lejeune, Weinmüller u. a. Das ganze Werk Pustellis, wie es hier zusammengestellt
ist, muß rücksichtslos wieder aufgelöst werden.“ Pustelli ist nach Hofmann absolut sicher mit Franz Bastelli
(Bustelli) identisch, der zwar mit Ludwigsburg in Unterhandlungen gestanden, höchstwahrscheinlich aber
niemals dort gewesen ist. (Das unter Nymphenburg angezeigte neueste Werk Hofmanns wird uns mit dem
wirklichen Bustelli näher bekannt machen). Ein zweiter von Hofmann a. a. 0. gerügter Irrtum ist die
ganz unhaltbare Auffassung der Kronenmarke als „Qualitätsbezeichnung“.
Ich selbst muß die gelehrte, fachtechnische Kritik kompetenteren Federn überlassen. Doch möchte ich
noch darauf hinweisen, daß der entfaltete wissenschaftliche Apparat durchaus nicht streng vorbildlich ist.
Wanner-Brandts Album bei jeder Nummer mit dem vollen, rund zwei Zeilen einnehmenden Titel statt mit
abgekürztem Titel zu zitieren, das ist doch wirklich beinahe eine Dilettanterei. Bilderbücher, wie Lehnerts
Monographie, hätten in den Literaturangaben wohl ohne Schaden ignoriert werden können. Andererseits
finde ich die Anführung anderer Autoren in manchen Fällen sehr mangelhaft. Gelegentlich der Gruppe
Karl Eugen und Franziska (Nr. 301) zitiert Balet die frühe Meißner Produktion an Porträtgruppen und in
diesem Zusammenhang auch Berling, Hauptwerk. Soviel ich mich erinnere, betont aber gerade Berling das
Posthume der Beziehung dieser Krinolinengruppen auf bestimmte Persönlichkeiten ziemlich stark.
Diese Bemängelungen waren nötig, um einer Überschätzung der Arbeit Balets vorzubeugen. Eine
solche kann nur zu leicht veranlaßt werden durch den augenfälligen Fleiß der Arbeit und durch die prächtige,
ungemein wirkungsvolle Ausstattung, die der Verlag diesem Buche gegeben hat.
Jedem an Ludwigsburger Porzellan und an der Porzellanplastik des 18. Jahrh. überhaupt Interessierten
schlechthin unentbehrlich, ist das Buch durch seine vornehm-gediegene Ausstattung sicher jedem seiner Besitzer
auch eine Erwerbung, die dauernd erfreut.
Tintenzeug. Auf vier Adlerkrallen ruht die aus kräftig modellierten Voluten gebildete
Platte. Die beiden Gefäße für Tinte und Sand stehen in durchbrochenen, korbartigen Ein-
sätzen. Rückwärts von ihnen erhebt sich ein Aufbau, der rhombenbildendes Gitterwerk zeigt
und von einer Volute abgeschlossen wird. Auf dieser sitzen zwei Putti, der eine in ein Buch
schreibend, der andere dem Schreiber das Tintenfaß haltend. Seitlich zwei Leuchterarme, als
behaarte Hälse mit nach oben gerichteten Drachenköpfen gebildet. Die Drachenmäuler speien
Flammen, die in blumenkelchförmiger Anordnung die Tülle bilden. Weiß.
Modell von Joh. Gfr. Trothe 1758—1759. Eines der frühesten Erzeugnisse der Manufaktur.
Balet Nr. 1. — Wanner-Brandt Nr. 59.
Slg. Dr. Gg. Hirth. Nr. 548. („Deutsch-Tanagra“, sehr gute Abb.) 400 Mk.
Helbing 26. 5. 1911 (Ausländ. Adelsbesitz). (Katal. von Frdr. H. Hofmann.) Nr. 120.
(Abb. im Katal.) 370 Mk.
Potpourrivase. Urnenförmiger Aufbau auf runder, profilierter Standfläche, zwei Voluten-
henkel mit Drachenköpfen, durchbrochener Deckel mit sitzendem, geflügeltem Putto. Dekora-
tion: in Blau und Gold gehöhte Kartuschen, darin A. sich balgende Putti vor einem Schlosse,
B. drei Putti, einer davon in einem Zuber unter einem Strohdach. Im übrigen indianische
Blumen in Eisenrot, Gelb, Blau und Violett.
Blaumarke: Doppel-C mit Krone. H. 28 cm.
 
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