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Der wcchrlcheinliclie Domplan-Lrün-er.

Wic man dem heiligen römischen Reiche, unserm Vatcrlande,
vor Jahrzehenden noch Provinz nach Provinz abdingte, einen Gau nach
dem andcrn entriß, so geflissen ist man in neuestcr Zeir geworden,
nachdcm das Landabzwängcn nichr so rcchr mehc gerathen wili uno
die Ncunionskammern nicht zeitgemäß sinb, ihm seine großen Männer,
seine großen Erfindungen zu cntreißen, ihm von dcr Ehre zu rauben,
die eS sich durch seinc Weltstellung Jahrhunderte hindurch erworben hat.
Eopernic, der Prcuße, wurde zucrst von Polen vindicirt, daun Guleu-
dcrg, der Mainzcr, von Böhmen reclamirt, weil sein Rame mit dem
böhmischen Skädtchen Kuttenberg Achnlichkeit hatte; ein Weg, bec
wirklich am besten zum Ziele führt, anf welchem man Mozart, vvn
Mozo, zum Spanier machen, Schiller nach China hinüberzichcn dürsle.
Die Ecsindung des Buchdrucks wurdc e-cnfalls in dcn neuesten 2>>h-
ren von Holland in Anspruch genommen und nach Ulrecht verlegt,
obglcich es uns dcn rheinischen Äukenberg läßt; jetzt wird dieselbe wie-
dcr, vielleicht blvß um Holland zu trotzen, von cinem Belgier, B. E.
Dumoriier, füc seine Heimat in Anspruch genommen (siehe „Dvim
blatt" Nr. 10, den Aufsatz A. Ncichensperger's), waS mir jeboch wc-
niger bedrohlich, alS der Uebergriff der Böhmen fcheinen will, da E)u-
tenberg unscr bieibt und die Vorarbeilcn zu sciner großcn segensrci-
chen Erfindung, welche dieselbe keineswegS schmälcrn, noch obendrein
unser bleiben, indem Utrecht, Hollanb und Belgien zu Äutenberg's
Zeiten noch, wie viel später, dcutsche Lande waren, bem deutschen
Rciche angehörten, Ebelsteine der deutschen Krone hießcn, und gewiß
noch heute mil ihrcm innrrsten Leben, mit allen großen Erinnerungen
an ihrcr ofl verläugnetrn Mutter hangen. Sollte daher gleichfälls occ
Bau des Domes ober sein Entwurf von einem brlgischen Meistcr,
vvn Gerhard von '-Lr. Tcond, ausgegangen sein, so dücfre unS dieses
in unserm Stolze nicht wankend machcn, in unscrm Gefühle nicht her-
unterstimmcn, weil wir ja immer noch im Baumcistcr eincn cchten
Landsmann, einen Dcutschcn vor unS erblicken, so dcutsch, als der Er-
baucr des straßburger Münfters war, dcr sicherlich nicht durch nach-
maüge Bcsitzergreifung Frankrcichs sranzösirt wordcn, ebcn so wenig,
als man jetzt Themistokles unb Epaminondas für Lürken und Alba-
nesen ausgebcn darf. Wahr ist es, daß MeisterGerhard von St. Lrond
als Dank für die beim Dombau gcleistetcn Dienste vom Domcapiiel
Kölns einen Platz zur Erbauung eines Hauses erhiell; der Schluß
aber, dcr hierauf gcgründel ist, dcr den genannten Meistcr zum Dom-
ersinner, zum Enkwerfer des Domplanes macht, ihm die Einführung
des Spitzbogens am Rhcine zuschreibt, ist ein wenig zu kühn, zu voc-
cilig hingeschrieben. Engclbcct >., dec hcilige, Graf von Bcrg unb
Mark, Verwesec dcs deulschcn Kaiserreichrs, wurbe 1225 ermordet;
von 1215, wo er zum Erzbischofe unb Kursürsten von Köln ernannl
wurde, ging er mit dem Gedanken um, der L-tadt und dem Bislhume
eine ncue, würdige Domkirche statt der zeffallenden alten zu erbauen,
zu ciner Zeit, wo er also weder Gcrhard vvn St. Trond noch Albert den
Großen kenncn konnte Aber nicht bloß mit dem Gedanken beschästigke
stch Engelbert, sondern schritl dadurch zur Ausführung, daß «r aus sei-
nem großen Vermögen für dic damaiige Aeit bedeutende Opsec brachte
und den Clecus seineS Sprcngels zu ähnlichen verhällnißmäßigen
Opfern anhiclt. Der Mann, welcher also alle Mittel schon in Beceil-
schaft hatte, cin bestimmte» großartiges Gebaude aufzuführen, welcher
nur durch cinen traurigen, rafchcn, unvorhergesehencn Lod an dcfsen
Gründung verhinderl wurdc, mußte auch wohl den Grundriß dazu un-
ter Händcn haben, wird nicht wie ein Thor zum großen Werke haben
schreitcn wvllen. So lange wir aber keinen andern namhaften >LchLpser
des Grundrisses übecwiesen bekommen, dürfen wic mit großer Wahr-
scheinlichkeit annehmen, daß Engelberl selbcr dcn Riß zu dem gewalti-
gen Wcrke entwarf. Ec stand auf der Höhe sciner Zeit, war alS Rit-
ler und Felbherr, als Mönch und Priester, alS Präiat, Vorstcher der
rheinischen Freimaurer.Hülte und Gclehrter, als Hcrrschcr, als Richtcr
und Gesetzgeber, als Reichsverweser von allen Gebildeten seiner Zeit
angestaunt, so daß wir ihn nicht zu viel ehren, ihm auch den Riß des
gcwaltizen Baues zuschreibcnd, dcr in damaliger Zeit kaum von eincm
Anoern entworfen werden konnte.

Was die Entstehung und Einführung dcs Spitzbogens bctrifft, so ist
dieser nachwcislich am deutschcn Rheine entstanden, als ein Bcvürfniß,
nicht zum leecen Schmucke, und zwar damals, als die Hallcn größer, die
Gewölbe drückender und schwerer wurden. Daher sproßlendiese Bogen abcr
auch nicht auf einmal in die Wclt, sondcrn bildeten sich nach und nach,
und vereinigten stch erst zuletzt zu eincr durchdachten Baupräge, einem
Style. Wo hohe Wande, welche schwercs Gcwicht zu tragcn haltcn, unten
durchbrochen werden sollten, wendete man schon sehr früh den Spitz-
bogcn zu dcren Ueberwölbung an, was Zeder in Köln an den untcrn
Geschossen dcs Apostelnthurmes wahrnchmen kann, dcffcn Erbauung
um 1020 fällt. Ein weniq jünger stnd die Thürme der Kirche zu Loh-
nig (ctwa 1070) in der Eifel, wie St. Christoph in Mainz (um 1100),
welche beide in mchren und zwac den untcrn Gaden Spitzbogen zei-
gen, wo ihre höchsten Geschoffe (Lchallgaden) im vollendetsten Rund-
bogenstyle ausgefükrt stnd. Um 1119 fällt die Wiedererbauung der
Stiftskirche von Warden (Werden an v'er Nuhr), in welcher beide Ar-
ten der Bogen si'ch gehänft fi'nden, und zwar so, 'oaß über vielen Oeff-
nungcn, welche schwere Wuchten zu tragen haben, zuerst dec Rund-
bogen liegt, der dann vom Spitzbogen als Entlastungsbogen wic-

dcr überwölbt wird, in dcr Weise, daß beide als bauliche verzierende
Gliederungen hervorlrckcn; oder abec, daß unter cinem Rundboqcn
mehre spitzbogige Lichtcr, als Fenster anqcbracht, liegen. Um 1130
folgt der Ehor des Swibcrtsmimstcrs in Kaiserswerlh, ganz im Spitz-
bogenstyls gefügt, ob die zufälligen äußern Vcrzierungen desselben,
ö' " ^ Knotcn der Säulen, auch mchr der frühcrn Zeit angehöccn;
um 114/ die altcnberger St. Marcus-Capelle, wclche ebenfatls an ih-
ren Ehvrfcnjtern diesen Styl deutlich zeigt, welchc den Uebcrgang zu
den ^knjtern des Münsters bildct, jenes Münsters, das gleichzeitig
mit dem kölner Dome von dem heil. Engelbert entworfen und nur
fünf Jahre später durch deffcn Srben gegründct wurde (1255). Um
1151 sällt die Kirche von Offenbach am Glan, in welcher alle Licht-r,
eben^ wie die fcüher erwähnter» Thurmgeschoffe zu Warden, spitzbogig
gcwölbt sind, in welcher ji'ch nur noch Unwesentlichkeiten in so genann-
tem byzantinifchem Gcschmacke vorfinden, wo allc Gliederungen schon
auf die Form hinweisen, die späcer in dcr Liebfrauenkirche in Trier
ein so schones Ganzes gebildct hat. Die Kirche ;u Hcisterbach, 1188
vottendct, haltc, obschon hier dcr srühere Stvl vorwaltcte, dennoch vie-
leS, was auf den Spitzbogen hinwics, wie die St. Andreaskirche in
Köln ebenfalls Spuren dessclbcn zeigt, wenn man ihrcn Thurm, ih-
rcn Westgiebcl einigcr Aufmerksamkeit würdigr. Um 1222 wurde 'oie
Kirche von St. Thomas an dec Kyl erbaut, mit sichtlicher Hinneigung
zum Spitzbogen, so daß dersclbe, in die entlegensten Thäler eingedrun-
gen, bei der Dom-Erfindung in den Rheinlanden nicht ganz unbekannt
sein konnte. Freilich hatte man damals in Köln so vicl Geschmack,
dyzantinische Kirchen b-i Anbauten und Vergrößerungen, wie z. B. die
von St. Üunibert (1248), in dem alken Geschmacke durchzuführcn, und
hütcte sich wohl vor Zusammensetzungen, wie z. B. die welche 1414
mit Lt. Andreas, 1569 mit dem Rathhause vorgenommen wurden. Ec-
wähnungswcrth ist der Umjrand vielleicht, daß der heil. Engelbert
gerade in Warden, unter seinem Oheim Heribert von Warden, seine
Schuljahre durchlebte und hier sich in stärem Anblick der ziervollen
Kirche, welche beide Bogenarten vcrknüpfte, zu der ausschließlich groß-
arligen Anwendung der einen bestimmen konntc, die er für Altenbcrg
(wo, wie eben gcsagt, in der Capelle schon einmal der Styl angewen-
det war) und Köln ins Leben rief.

Nach Engelbert's traurigem Ableben und vor dcr eigentlichen Grund-
steinlegung dcs kölner Domes wucden aber noch mehre größere Kir-
chen des Rhcinlandes becndigt, in denen der Spitzbogenstyl vorwal-
tet, obschon er in allcn nicht zu der Selbstständigkeit gelangt, wie die-
ses im Dombaue und im altenberger Münster dec Fall gewesen, welche
Kirchen für immcr Mustecbilder der Art bleiben: das Zehneck von
St. Gercon in Köln, vollendct 1227 (wahrscheinlich dcßhalb schvn mehr
byzantinisch, um sich cinigcc au dic Kirche anzuschließen), d>e Lieb-
frauenkirche in Trier (begonnen 1227, beendct 1243) unt> die Kirchr
in Tholey (1230), welche Bautcn genugsam Zeugniß geben, daß der
Spitzbogenstyl sich am ganzen Nheine schon damals Bahn gebrochcn
hakte und nicht von irgend eincm fremden Mcistcr zufällig in dieser
Zeic eingeschmuggelt wurde. Wilh. v. Waldbrühl.

Lorrespondenz - Nachrichl.

Düsseldorf, im Scpt. Die hiesi'geZeitung sagt: Zn dem sei't dem
Dombaufeste wieder völlig hergestelltcn Domchore muß es jedem Bau-
fceunde, desonders jedem Bergischcn, bctrübend aufsallen: daß grrade die
Eapelle und der Altar, welcher dem erstcn Erfindec und Anreger des
Baues geheiligek, si'ch durch keine würdige Ausstattung auszeichnen,
daß kein Grabmal, kein Altarblatt in der Capelle zu sinden, daS ir-
gend eine Erwa'hnung verdienle, das von dem wahrhaft großen und
hciligen Manne kündete, der zucrst die Scholle würdigle, auf welcher
nun dcr Gottesbau fußt. Jeder Kunstfreund, besonders jeder Bergische,
wird gern sein Scherflein beitragen, diesem Mißverhältnisse Abhülfe
zu erzwecken und folgendem Vorschlage durch seincn Beitritt einige
Wirksamkeit zu geben. Es bildet sich cinc Gcsellschaft von Kunst- und
Domfreunden, außer der düsscldorfer Filial-Gesellschvst, welchc Bei-
träge sammelt, dem Domerfindcr, dem heiligen Engelbert, ei'n Denk-
mal in eincm würdigcn Altarblatte der so genanntcn Engelbcrts-Capelle
zu stistcn. Die Beilräge stnd nicht periodisch, sondern ein sür alle
Mal zu entrichten, gleich bci der Unterschrifl zu zahlen, und sollen
dem Pfarrec an dcr kölner Hauptkirche zur Verwahrung und Unter-
bringung bis zur Auszahlung überwicsen werden. Alle bergischen Zei-
kungS-Redactionen, wie außerbergischen, welche ihren Wickungskceis
auf das bergische Gebiet ausdehnen, sind steundlichst ersucht, Unter-
'christlisten und Sammlungcn für diesen Zweck offcn zu legen. Für
die gesammelten Briträge soll von jungcn märkischen und bergischen
Ki'mstlem ei'n Altarblatt in Flügelsorm gcmalt werdcn, dcffen Maße
vocher von Hcrrn Dombaumeister Zwirncr zu bestimmen waren. Das
miltlere Feld stellte den Tod des Heiligen dar, daS rechte Feld En-
gelbert, wie er von dcm nach Jtalien ziehenden Friedrich Ik. zum
Rcichsvecweser ernannt wird; im ünken: Engelbert, wie er den Plan
zum Dome entwirst. Die beiden äußcrn Decken: Cngelbert, der aus
den Wolken seinem gegenüberstehenden Nachsolger, Conrad von Hoch-
keden, den Domgrundriß hecabreicht. Zedcr andere rheinlandischs junge
Künstlcr, welcher sechs Jahre !n Düffcldorf gewohnt hat, kann mit
concurricen. Die Besti'mmunq. über di- Ausführung, die Bestellung,
Preisertheilung, soll von den Ältcrn Künstecn, dcn Herrn Stielke, Lef-
 
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