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Dorstands-Sitzunz m Betrrff der Verwendungsfragr angoordnere Spe-
cial-Csmmissi»n sich in mehren «iZungen der Ldsung der ihr anvec-
trauten Aufgabe eifrigst unkerzogen habe, und daß sie in der Lage sei,
dem Vorstande Bericht zu erstalten un» destimmten Ankrag vorzule-
gen. Er ersucht den Hrn. Reichenspsrger um Nerlesung des von
ihm redigirten CommissionsberichkeS und Ankrags, dem dieser in fol-
gender Weisr nachkomml:

„Die Frage, welche die von Jhnen in der letzten Versammlung ec-
nannte Commission zu prüfen derufen war, kann wshl unbedenklich
als die wichkigste und folgenreichste von allen bis heran zuc Enlschei-
dung gekommenen kezeichnet werden, möge man den unmitkelbaren
Einfluß derselben auf das Schicksal drs Bauwerkes oder die moralische
Wirkung ins Auge fassen, welche Zhr Beschluß über dieselbe bervor-
bringen wird. Die letzcere Rücksichr ist gewiß nicht die wenigst bedeu-
tende. Nur dann, wenn wic stärs Hand in Hand mir der öffentlichen
Meinung gehen, können wic mit ruhiger Zuversicht in die Zukunft
des Unternehmens bli'cken, welches, außer der hochherzigen Gesinnung
unsere« allverehrten Königs, nur in den Snmpathieen deS Volkes seine
Grundlage findet.

„Durchdrungen von dem hohen Gewichte der ihc gestellten Aufgabe,
hat die Commission sich bemüht, die verschiedenen Seiten und Be-
ziehungen derselden mit möglichster Umsicht und Gewiffenhaftigkeit zu
pcüfen, und sie beehrt slch hiermir, die Resulcate dieser Prüfung zu
Jhrer Kenntniß zu bringen.

„Bevor wir zuc Sache selbst übergehen, sei noch die, vorläusige
Bemerkung eclaubt, daß selbstredend bei der nachfolgenden Erörtcrung
nicht im Entferntesten von einec Vorschrift, welcher Art immer, die
Rede sein kann, die der Dombau-Behörde son hier aus gemacht
werden könnke; schon mehr alS einmal ist es in dieser Versammlung
zur Sprache gekommcn und von ihr anerkannt worden, daß der Vecein
nicht anders denn als ein Geschenkgeber anzusehen sei, welcher seine Gabe
mit einer Bedingung zu verbinden befugt ist, von deren Berücksichti-
gung durch die betceffende Behörde wic übrigens gewiß überzeugt sein
dürfen, so fern solches nur irgend khunlich befunden werden wicd.
Und nun zuc Sache selbst.

„Vor Allem mußte oie Commission ihc Augenmerk auf dasjenige
richten, was die Statuten des Vereins über die vorliegende Frage
zum Voraus entschieden haben, denn sie bilden den Vollmachtsdrief,
durch welchen der Umfang wie die Richtunq unserec Wirksamkeit, der
gesetzgebenden Gewalt sowohl als unseren Committenten gegenüber, in
unabweichbarer Weise vorgezeichnet find. Es ergeben sich aber in sol-
cher Weise zwei wesentliche Bestimmungen, welche durch unser Grund-
gesetz sanctivnirl erscheinen: — die eine, gleich im ersten Paragraphen
niedecgelegte: daß unsere Kathedrale nach dem ursprüng lichen
Plane fortgebaut werden soll, die andere adec dahin gehcnd: daß dec
Vereinsfond von dem durch die königliche Gnade und die Kathedrat-
steuer gebildetcn Dombaufond getrennr gehalten und, wie es im §, 9
der Sratuten wörtlich heißt, „wo möglich auf einzelne, aus
dem großen Ganzen hervortrelende, Theile des Bauwer-
kes in der Art verwendet werben soll, daß dieselben als
das Werk des Vereins entstehen und, in so fern dieMit-
tel des Vereins dazu ausreichen, auch durch den Verein
zur Vollendung gebracht werden". Und gewiß haben wir es
nicht zu beklagen, daß solche Vorkehr getroffen und der Weg uns da-
durch im Allgemeinen gewiesen ist, auf welchem wir fortschreiten sol-
len. Den Dom zu Köln, der als das unübertroffene Muster kirchli-
cher Baukunst gilt, dessen höchstec Ruhm gerade oarin begründet ist,
daß Ein Geist durch alle seine Formen und Gliederungen geht, daß
seln Plan sich nach einem festen, im Ganzen unabänderlicken Gesetze
vom Größten biS zum Kleinsten hinad organisch enkfaltet und in jcdem
Detail seinen Culminationspunct ecreicht, — diesen Dom jetzt auf die
kärgste Nothdurst beschra'nken, ihn, seines Schmuckes beraubk, kahl und
nackt hinstellen zu wollen vor das Auge der Welt, das würde wahrlich
der Gegenwart zu nichts weniger als zu Ruhm und Ehre gercichen;
besser gingen wir stumm und theilnahmlos an diesem heiligen Ver-
mächtniß der Vorzeit vorüder, wie solches die letzten Jahrhunderte ge-
than, deren Entschuldiqung, daß ste die Herrlichkeit des Werkes nicht
erkannten, wir für uns freilich nicht anführen könnten. Doch wir
drauchen zum Glücke svlcher Befürchtung nicht Raum zu geden. Der
GeniuS des erhabenen Schutzherrn, der in die Liefen des Geistes ge-
schaut hat, aus welchem die herrlichste allec Kunstschöpfungen aufge-
stiegen ist, auf der einen, und der tüchtige Sinn des Volkes, der
nichts Hal^es, Veckümmerkes leiden mag, auf der andern Seite, sie ge-
ben unS gleichmäßig dic sichere Bürgschaft, daß der Dom, wenn er
vollendet wccden sollte, die Jdee des Meisters an keiner Stelle verläug-
nen, daß dieselbe überall rein und unversehrt aus dem Werke hervor-
leuchten werde.

„So viel die obcngedachte zweitc Bestimmung der Statutcn anbe-
langt, daß die Mittel des Vereins wo möglich auf einen aus dem
grvßen Ganzen hcrvortretenden, abgesonderten Theil des Gebäudes ver-
wendet werden sollen, so ist gewiß jene Möglichkeit nicht in dcm
strengsten Sinne des Wortes zu nehmen, indem sonst dieser Ausatz
als ein durchauS müßiger erschiene, da das schlechthin Unmögliche sich
schon von selbec verbietet; es soll vielmehr offenbar damit nur gesagt
sein, daß dle Verwendung in der vorgezeichrieten Weise geschehen müsse,
wenn nicht höchst tristige, aus Rücksichten dec Zweckmäßigkeit hervor-

gehende Mcünde sich entgegenstellten. Daß solche Gegengründe zur
Zeit nicht vochanden sind, daß vielmehr die gleichzeitige Föcderung des
Baues an verschiedenen Stellen im höchsten Jnteresse dcs Unterneh-
mens liegk, falls nur die Bereinsbeiträge sich in Zukunft auf der nun-
mehrigen Höhe halren, dies sindct sich in dem Berichte des Hrn. Dom-
baumeisters so bcstimmt ausgesprochen und so klar begründet, daß hier
nur noch dieBemerkung hinzugefügtzu werdenbraucht,daß dieCommission
dem dort Erwogencn einstimmig beigetceten ist. — Wir wcrden übri-
gens später Gelegenheit sinden, auf diesen Punct zurückzukommen;
für jetzt genügt cs schon, daß jedenfalls keine solche Gründe vorlicgen,
welche gewichtig genug wären, um uns zu berechtigen, die Vorschrist
des h. 9 der Stakuten unbeachtct zu lassen.

„Es bedarf im Uebrigen wohl kaum der Erwähnung, daß die in
Rede stehende Trennung dec baulichcn Thätigkeit nicht in der Art zu
verstehen ist, als ob über alies und jedes, was zu dem einen oder
andern Theile angelegt wird, besonders Buch zu führen und über
jeden Srein durch alle Stadien hindurch Rechenschaft zu geben wäre.
Wic wollen der Baubehörde ja helfend zur Seite und nicht hem-
mend entgegen treten; deßhalb soll denn nuc in so weik die Trennung
im Bauhaushalte obwalten, als es nöthig ist, um die Wirksamkeit
oes Vereins im großen Ganzen erkcnnbar zu machen, so daß man
an dem successiven Empocstreben der Pfeiler und Wölbungen gleich-
sam das Steigen und Sinken der Vvlkstheilnahme, die Ebbe und
Flul der Begeistcrung für das Unternehmen adzumessen vermöge.

„Gehen wir nunmehr zu der Frage über, welche Abtheilung
des Gebäudes sich dem Vereine als die zweckmäßi'gste zur Auswahl
empftehlt, so werden wir wohl nicht dcn Vorwurf eineS blinden, über-
tciebenen Vertrauens und der Ueberschätzung unserec Kräfte zu fürch-
ten haben, wenn wir gleich von vorne herein nuc einen mächtigen
Haupttheil deS Domes als würdigen Gegenstand eines Verein«
dezeichnen, welcher in der reichsten, blühendsten Stadt des rheinischen
Stromgebieres wurzelt und bereits durch nahe an 79 Hülfsvereine in
so kurzer Zeit sich so weit hinaus in die Fernc verzweigt hat. Ein
svlchec Verein würde eines schmählichen Mißtrauens in seine Sache
wie in seine Glieder sich schuldig machen, wenn cr zaghaft vor dem
Gewaltigen zurücktreten und die Hand an ei'n untergevrdnetes Ncben-
werk legen wollte. Er würde sich an Deutschland versündigen, wenn
ec vergessen köunte, daß die Beharrlichkeit stäts als eine der vor-
züglichsten Tugenden unserer Nation gerühmt wurde.

„Geht man von dresem Gesichtspuncte aus, und zieht man sodann
in Betrachk, daß die Ausführung des nach Süden hin gelegenen
Kreuzflügels zugleich mic den südlichen Seitenschiffen aus königlichen
Milteln bereits in Angriff genommen ist, so bleiben nur noch drei
Haupttheile des Baucs übrig, welche die Commission in den Kreis
ihrer Erwägungen zu ziehen hakte: der südliche Thurm nämlich,
sodann der nördliche Thurm mit dem Hauptportale und
endlich der nördliche Flügel des Querschiffes; wie dcnn
auch in den bisher der Oeffentlichkeit übergebenen Vorschlägen immer
nur die Wahl zwischen diesen drei Theilen in Frage gestellt worden ist.

„Für die oben zuerst gedachte Aufgabe, vor Allem den noch feh-
lenden Theil des südlichen Thurmes aus den Mitteln des
BereineS zu errichten, streiten gewiß nicht wenige und zum Theil
auch wohl gewichtige Gründe. Diesclben sind in dieser Versammlung
bereits in so scharfsinnig-er und ecschöpfender Weise dargelegt worden,
daß es ein müßiges Äeginnen sein würde, sie hier einzeln zu repro-
duciren, zumal sie auch im Organe des Vereins vor Kurzem noch
mitgetheilr wurden. (S. „Domblatt" Nr. 19.) Nach sorgfältiger Er-
ipggung des Für und Wider hat sich indeß die Commission einstimmig
gegen diesen Vorschlag ausgelprochen. Es schien ihr, daß die meisten
für denselben sprechenden Gründe theils mehc oder weniger auch auf
die beidcn anderen gedachten Theile des BaueS Anwendung fänden,
theils aber vurch wichtigere Gegengründe aufgewogen würden. Aller-
dings liegt in dem Forkbaue dcs südlichcn Thurmes gcwiß ein mäch-
riger Reiz für die Phantaste; die Höhe zieht mit gewaltigec Kraft die
Geistcr an und hält sie in steigender Spannung gefesselt; — aber ge-
rade gegen solche Verlockung müssen wir vorzugsweise auf der Hut
sein, wenn wic nicht das Ganze, den letzten und höchsten Zweck
dcs Unternehmens gefährden wollen, d-r nur durch ein qeordnetes
Thun, durch gemessencs Fortschreiten vom Leichtern zum Schwerern,
vor Allem aber vom Nothwendigern zum Entbehrlichern
erreicht wecden kann. Ganz abgesehen von den vielen Schwierigkeiten
und Hindernissen, welche der in Frage stehende Bautheil vorzugsweise
entgegenstellt, und die in stäts wachsender Progression mit der stei-
genden Höhe zunehmen, abgesehen von dem unverhältnißmäßi'g großen
Kunst- und Geldaufwande, welcher dazu erforderlich wäre, mußte schon
die eine Rückjicht als entscheidend betrachtit werden, daß diese Con-
struction ein Luxusbau sein würde, daß ein Gotteshaus
und nicht eine Pyramid« aufgerichtet werden soll. —
Weit entfernt übrigens davon, den vollständigen Ausbau dieses Tbur-
mes, der an Schönheit im Gebiete der Kunst nicht seineS Gleichen
hat, in das Reich der Chlmäcen verweisen zu wollen, glaubte die
Commission nur, daß die Thurmspitzen, als die Krönung des ganzen
Werkes, der spätern Zeit vorzubehalten wären.

„Wenn eS in solcher Weise räthlich erscheint, den südlichen Thurm
einstweilen noch kommenden Tagen entgegen harren zu laffen, so stellt
sich dagegen hinsichtlich deS Lhurmes auf der Nordseite die
 
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