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DIE TEMPEL VON METAPONT.

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endigenden Mutulen sind abwechselnd mit 3 ■ G flachen Tropfen
oder mit einer plastischen Rosette verziert. Eine kleinere
Rosette sitzt in nicht näher nachzuweisenden Abständen an der
Vorderflächo der Hängeplatte.

So entfernt sich der Bau in seinen dorischen Gliedern sehr
weit von dem, was in altgriechischer Zeit Regel war, und von
spätdorischen Beispielen, die man anführen könnte, hat das
kleine Tempelchen B in Seimus zweifellos die echten Formen
treuer und stilgerechter bewahrt, so dass es älter erscheint als
der paestanische Tempel; doch erkennt man hier den Einfluss
des grofsen Poseidontempels, ein gewisses Archaisieren, an
den Einzelheiten wie an den Verhältnissen des Trigly-
phon. Wohin die ionischen und die korinthischen Formen

gehören, ist schon gesagt worden. In Pompeji würde man
sie nach ihrer Stilisierung als vorrömisch und als oskisch be-
zeichnen und diese Charakterisierung wird auch wohl eine
zutreffende Zeitbestimmung enthalten. Damit steht in bestem
Einklang, dass der Grrundriss mit der tiefen Prostasis, mit
der an die durchgehende Rückwand angelehnten Cella und
mit den seitlichen Hallen, die als alae an die Stelle der
Nebencellen treten können (Vitruv IV 7, 2), dem etruskischen,
von den Italikern allgemein reeipierten Typus entspricht.
Genauer den Tempel, seine Formen und seine Proportionen
zu charakterisieren, wäre nur im Zusammenhang mit einer
Untersuchung der etruskisch-römischen Hauten möglich. die
uns fern liegt.

DIE TEMPEL VON METAPONT

Von den aehaoisehen Colonien am Ostgestade Italiens hat
uns Metapont von zwei altertümlichen Tempeln des
6. Jahrhunderts v. Chr., einem weit aufserhalb der Stadt
gelegenen und emern wegen seiner bunten Terracotten berühmten
des Apoll,,,,, Reste bewahrt, die ihrem Stile nach zwar im ganzen
weniger absonderlich sind als die altertümlichen paestanischen
Hauten und sich mehr von den altachaeischen Traditionen
emaneipiert zu haben scheinen, die aber immerhin noch aus-
reichend deutliche Beziehungen dazu aufweisen und uns sogar
wiederum einige neue von dem gemeinen Dorismus abweichende
Züge kennen lehren.

Wie Poseidonia stand auch Metapont mit Sybaris in Ver-
mutung und es soll von den Achaeern auf dessen Veranlassung
gegründet worden sein (Antiochos bei Strabo VI p. 264). Auch
hier bietet uns die Geschichte der Colonie (vgl. Kaibel IGSel
P- 175) keinen weiteren Vorteil für die Bestimmung ihrer
Tempelruinen.

Zu den metapontinischen Bauten ist noch das in alter,
aber unbestimmter Zeit gegründete Schatzhaus in Olympia zu
rechnen (Paus. VI 19, 11. Die Baudenkmäler 50, Taf XXXV 4),
wo man in der Nähe der Fundamente Bruchstücke des Tri-
glyphenfrieses gefunden hat, die sich ähnlich wie das Triglyphon
des altertümlichen Hexastylos in Paestum dadurch auszeichnen,
dass sie über dem Capitellband, wenn auch nur in Bosse, ein
Kymation oder eine Lysis haben. Sonst hat noch Plinius //. //.
XIV 9 eine interessante Notiz über einen Heratempel: Meta-
ponti templiun hmonis vitigineis columnis sie fit; die Verwendung

eines solchen Baumateriales pflegt man als besonders altertüm-
lich aufzufassen, aber das könnte auch andere als historische
Gründe gehabt haben.

Die auf dem Gebiet von Metapont erhaltenen Ruinen sind
zum ersten Male von dem Duc de Luynes und dem Architekten
Debacq bekannt gemacht worden (Le Duc de Luynes et
F. J. Debacq, Metaponie, Paris 1833; auch ins Italienische über-
setzt, von M. G. Gallo, Castrovillari 1882, 8°). Das Buch von
Sante Simone, Studiisugliavanzidi Metaponto. Bari L875, haben
wir nicht gesehen, auch nicht die metrologische Studie von
Aures in der Gazette des Architectes et du haliiueul L865 n. 3. 7. 9.
In neuester Zeit hat sich sehr eifrig und verdienstvoll, aber
doch zu dilettantisch, Michele Lacava mit Metapont beschäftigt
und hantiger daselbst Ausgrabungen gemacht, worüber die
Notizie degli seavi kurz berichteten. Von seinen, Standpunkte
aus hat er die Ergebnisse in dem Buche Topograßa e storia di
Metaponto, Napoli 1891, zusammengefasst vvon Petersen in den
Rom. Mitth. d. arch. Inst. VI 1891, 362 ff. angezeigt). Endlich
hatte 1890 ein junger französischer Architekt, Normand, in Paris
seine Restaurationen der Tempel von Metapont ausgestellt,
worüber im . hni des Monuments 1891, 87—93 und in //. irchitecture
1891, GOß. 620 gehandelt sein soll.

Die kleineren, meist von Lacavas Ausgrabungen herrühren-
den Fundstücke von den beiden Tempelstätten wurden bis vor
wenigen Jahren in Metapont selbst aufbewahrt, jetzt sind sie
in das Museum von Neapel geschafft. Studiert haben wir
sie nicht.
 
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