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DER GRIECHISCHE TEMPEL IN POMPEJI

stufe der N.-Seite ist im W. abgebrochen), und man be-
greift nicht, was Sogliano und den Architekten Cozzi dazu be-
rechtigt hat auf ihrem Plane anzugeben, dass an der W.-Seite
diese Stufe nach S. zu bis über die Tempelmitte hinaus antik
erhalten sei; Jacobi verzeichnet gar diese und noch eine tiefere
Stufe über die ganze Westfront hin, aber sein Plan ist über-
haupt nicht als eine Berichterstattung über das Thatsächliche
aufzufassen. Von einer Umbiegung der Stufen nach S. ist viel-
mehr absolut nichts zu bemerken und dazu stimmt, dass nach
Soo'lianos Versicherung; der basamenio conlinno di blocchi di Sarno
alla profonditä di ///. 0.43 e della larghezza di in. 1.40, d. h. der
Stereobat unter den an der N.-Seite noch stehenden Säulen-
trommeln, an der Westfront (und auch an der Ostfront) voll-
ständig fehlt. Die bezeichneten NW.-Quadern könnten demnach
sehr wohl einem ursprünglich weiterlaufenden Stereobat ange-
hören und die Abarbeitungen mögen für den Restaurator die
Veranlassung gewesen sein, im W. nur 3 Stufen, nicht auch
noch eine 4. anzulegen.

Dass sich ursprünglich auch die Südstufen des Tempels
über die moderne Begrenzung nach Westen hin fortgesetzt
haben könnten, wird durch die an der SW.-Ecke befindliche,
etwa um die Zeit des Augustus gestiftete Schola (Overheck,

Abb. 41. Das Capitell an der NW.-Ecke.

Pomp. 4 79) nicht ausgeschlossen. Sie schneidet zwar in die
Stufenlinien ein, aber als sie gebaut wurde, war die unterste
Tempel stufe hier jedenfalls nicht vorhanden und dass die
Höhlung an der Rückseite der Schola der Abdruck von der
Ecke der zweituntersten Stufe sei, ist ganz unsicher; endlich
besagt das Einschneiden in die Stufenlinien überhaupt nichts,
da auch die Treppe an der Ostfront in die Stufen einschneidet.
Man kann aus dem Vorhandensein der Schola nicht einmal
schliefsen, ob die von uns vermutete Kürzung dos Tempels
antik oder nachantik sei.

Völlige Sicherheit über die Bedeutung der modernen
Restauration im Westen wird also allem Anschein nach erst
von einer neuen Untersuchung der Ruine zu erwarten sein; bis
dahin muss man entschieden bezweifeln, dass der ursprüngliche
Tempel wirklich so kurz gewesen sei.

Von dem altgriechischen Stylobat liegt nur noch unter den
beiden in situ befindlichen Säulentrommeln an der N.-Seite
ein kleines Stück. Die Blöcke sind schmal, ungleich und von
den Säulenaxen unabhängig. Die Oberfläche hat man im
Altertum einmal mit grofsen Beilschlägen um 5 cm abgear-
beitet, und zwar so, dass die Cannelierungen der Säulen nur
zum Teil und auch dann unsorgfältig auf das unter ihnen ver-

bliebene Stylobatstück übergeführt worden sind. Bezweckt
war mit dieser Abarbeitung nichts anderes als die Erneuerung
des Fufsbodens, ähnlich wie bei dem sog. Junotempel in Akra-
gas; die weggehauene Schicht wurde durch einen Estrich er-
setzt, der noch auf der inneren Hälfte des Stylobates sitzt.
F. v. Duhn nennt das durch die Abarbeitung entstandene Stück
unter den Säulen irreführend „eine Art Sockel" und vergleicht
ihn dann unpassend mit dem Schutzsteg einer Säule des Heraion
in Olympia; an diesen Vergleich ist bei dem Apollonion von
Syrakus noch einmal zu erinnern.

Ueber den Stereobat unter den erhaltenen Säulentrommeln
macht Sogliano die schon oben angeführte Mitteilung; wir
haben ihm noch zu entnehmen, dass der Stereobat längs der
ganzen N.-Seite, im S. aber nur 3.60 m weit (vermutlich an der
Stelle der Säule 3 von 0., wo noch die Unterstufe ungefähr in
dieser Länge vorhanden ist) erhalten sein soll. Es fällt auf,
dass ihn Sogliano auch an der Ostfront trotz der hier z. T.
noch vorhandenen Stufen als fehlend bezeichnet. Der Schnitt
auf Sogliano's Tafel stellt den Stereobat für die Säulen im N.
so dar, als wäre er von den Stufen und deren (bei Sogliano
nicht mit aufgenommenem) Fundament vollständig getrennt
gewesen — möglich, aber nach der oben besprochenen NW.-Ecke
der Ruine nicht wahrscheinlich. Der Schnitt von Jacobi ent-
hält keine solche Trennung im Stereobat, scheidet aber nicht
das Antike von dem Modernen und entbehrt aller Einzelheiten,

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Abb. 42. Das Capitell an der NO.-Ecke.

auf die man ein Urteil stützen könnte. Die sonderbare Be-
hauptung v. Dulms und Jaeobis, der Tempel sei „nicht bis auf
den Fels fundamentirt" gewesen, hat Mau mittelst einer er-
neuten Ausgrabung berichtigt (a. a, 0. 264), wonach die Fun-
damente im N. 2.04, im Süden 2.50 unter der Stylobatober-
fläche auf den Fels gebettet sind.

Von den Stufen fehlt die oberste fast vollständig, nur an
der NO.-Ecke liegen noch einige Quadern davon. Aufs er
dieser Stufe umziehen noch 3 stufenförmige Absätze den Bau.
Der unterste reicht im Norden kaum über die Mitte der Lang-
seite und verlief hier in dem steigenden Terrain, ähnlich im
Süden. Bei allen Stufen sind glatte Xanten selten, die Flächen
stark abgetreten und ausgebrochen, die Kanten durch zahllose
Halfterlöcher (um Tiere anzubinden), namentlich an der Nord-
seite durchbrochen. Die Anathvrosc ist breitrandig, dreiseitig
und tief.

Die Säulen haben ganz ausnahmsweise 18 kreisförmig flache
Canäle und sind so gestellt, dass auf die Front ein Canal und
in die Längsaxe ein Grat fällt. Die beiden noch stehenden
Trommeln sind niedrig und haben auf der Lagerfläche die runde
Polosleere, die sich auf dem Stylobat unter der jetzt verschwun-
denen östlichen Säule wiederfindet. Anathyrose ist nicht zu
bemerken. Die ursprünglich geglätteten Cannelierungsflächen
sind, wohl nachträglich, mit dem Eisen gehackt, um Stuck auf-
zunehmen; der Stuck besteht aus einer Unterschicht von teils
weifsem, teils schwarzem (Lava-)Sand und aus geschliffenem
grofskörnigen Marmorstuck, der unter die Estrichschicht hinab-
 
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