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DER, GRIECHISCHE TEMPEL IX POMPEJI

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reicht, also mit diesem gleichzeitig angebracht wurde. Von
dem Estrich sind einige Partien auch nach der Ausgrabung
nn südlichen Teil des Pteron unverletzt liegen geblieben, ein
Unterschied zwischen diesem und dem in der Cella ist nicht
zu erkennen.

Capitelle, aus Sarnokalkstein, sind vier erhalten, eins ist
auf den Säulenstumpf im NW. gelegt, die übrigen auf die
andern Ecken der Ruine (Abb. 41, 42). Bei allen liegt die Fuge
dicht unter dem Ringband des Echinus, so dass bei der Verwitte-
rung von der Cannelierung kaum noch etwas zu sehen ist, das Ring-
band ist sehr schmal, der Echinus kräftig ausladend, aber über-
arbeitet und der Abacus sehr schwer und dick, die Formen
einigermafsen an die Capitelle der Tavole Paladine in
Metapont erinnernd. Die Ueberarbeitung, die an dem Capitell
auf der NW.-Ecke besonders schlecht ist, hat dem Echinus eine
fast scharfkantig spitze Schulter verliehen; die Oberfläche ist
wie bei den Trommeln für den Putz gerauht, Das Exemplar
auf der SW.-Ecke hat einen sehr kurzen Hals und das Ring-
band ist stark verscheuert, aber man sieht deutlich, dass es
nnterschnitten war; der rundlichere Echinus lässt das Scharf-
kantige der Schulter nur an der Ostseite erkennen und der
Abacus ist nordwärts zu einer etwas überhängenden Fläche
abgearbeitet, Die beiden anderen Capitelle sind sehr ver-
wittert; an dem auf der NO.-Ecke ist der Hals auch sehr kurz
und das Ringband kaum noch zu bemerken, der Echinus oben
sehr kantig.

Auf der Oberfläche der Capitelle, namentlich des an der NO.-
Ecke, erkennt man «las Auflager des wahrscheinlich einreihigen
62 cm breiten Ep ist vis an den Aufschnürungen und den Stemm-
löchern. Der obere Säulendurchmesser ist zwar unbekannt,
und es ist möglich, dass er noch etwas geringer war als das
Capitellauflager (ca. 0.90); viel kann das aber nicht gewesen
sein. Das Episty] ist also - - wie bei den alten Tempeln nicht

96lten (Ver«L C llll(1 D in Selinus) - schmäler als der obere

Säulendurchmesser.

Aus den beiden noch messbaren Axweiten ergiebt sich
für die Säulenstellung der Langseiten ein Axenmafs von
ca. 2.54 ohne die bei den dorischen Bauten der Blütezeit
übliche Verengerung des Eckjoches. Die Frontbreite von
0.24 lässt dagegen auf ein gleichmäfsiges Joch von 2.6413,
ebenfalls ohne Contraction an der Ecke, und auf eine 7 säulige
Front schliefsen; die Kanten der Fronttreppe fallen dann
ebenso wie bei dem Heraion von Selinus (E) genau in die Axen
der betreffenden Frontsäulen. Tempelfronten mit ungleicher
Säulenzahl sind ja durchaus nicht unerhört; wir kennen sie
von der sog. Basilica in Paestum, vom Zeustempel in Akragas.
von dem Tempel in Loori, von der Halle in Thorikos. Eine
6 säulige Front würde ein Joch von 3.17 ergeben und damit
gegenüber dem Längsjoch die ungeheuere Differenz von 63 cm :
selbst C in Selinus hat in den Axen der Lang- und der Schmal-
seiten nur eine Differenz von 0.55, das Apollonion auf Ortygia
ca. 0.45, D sogar nur 0.14 m. Es ist darnach eine andere
säulenzahl als 7, wobei sich eine Differenz von 10 cm ergiebt.
vollständig ausgeschlossen. So hat denn auch neuerdings, nach
dem Vorschlage von Fiorelli, C. Weichardt (Pompeji vor der
Zerstörung, Fig. 15) den Tempel mit 7 Säulen in der Front
ergänzt.

Weiteres Material für eine sichere Ergänzung der Peristase
und ihres Gebälkes ist nicht vorhanden; nur von dem Dache
hat v. Duhn einige wertvolle Stücke gefunden. Schon früher

hatte Fiorelli vermutet, dass ein altertümlicher (nicht durch-
bohrter) Löwenkopf aus Pompeji von der Terracottasima des
griechischen Tempels herrührte. Das hat sich jetzt bestätigt,
da an der Südseite ein anderes Bruchstück derselben Sima zu
Tage gekommen ist (v. Duhn Taf. VI); sie war darnach aufser
den Löwenköpfen mit Reliefanthemieii verziert, von denen nur
die abwärts gekehrten Palmetten, nicht die darüber zu er-
gänzenden Blüten bekannt geworden sind. Ein Bruchstück
einer zweiten Sima, (v. Duhn Taf. VII; Weichardt hat sie bei
seiner Reeonstruetion des Tempels als inauls auf den Giebel
gesetzt) wiedeiliolt etwa das Profil der bekannten Sima des
Geloer Schatzhausos in Olympia, ist aber in der Hohlkehle mit
plastischen Blättern vorziert und dadurch vor ähnlichen altgrie-
chischen Stücken ausgezeichnet. Ueber anderes s. v. Duhn S. 9 f.
Wir bemerken schon hier, dass wir unser Urteil über das Alter
des Tempels nur auf die Beste der Peristase stützen können, da wir,
wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, von einer Berück-
sichtigung der Cella und deren Beziehungen zur Peristase
einstweilen absehen müssen. Chronologische Kriterien sind
aufser dem archaischen Stile der Dachterracotten die willkür-
liche Fugenteilung des vielsteinigen Stylobats, die mäfsige
Differenzierung der Joche an den Lang- und an den Schmal-
seiten und der Mangel an Eckcontraction; darnach gehört der
Tempel zu den jüngeren Denkmalen des archaischen Stiles,
und es passt zu dieser Datierung die Einreihigkeit des Epistyls
und dass die Capitelle denen der Tavole Paladine in Mcta-
pont ähnlich zu sein scheinen. Für die Anwendung des
oskischen Fufses sei auf die früheren Untersuchungen des
Tempels verwiesen.

Kehren wir zu der Ruine selbst zurück, so haben wir zu-
nächst noch kurz die Treppe an der Ostfront zu betrachten.
Wie schon erwähnt, ist ihr Unterbau in die Tempelstufen ein-
geschnitten, nicht, wie sonst üblich, aufgelegt; aber es ist nicht
zu entscheiden, ob das gleich beim Bau des Tempels, was wohl
das wahrscheinlichere ist, oder erst später bei nachträglicher
Anlage der Treppe geschehen ist. Gegen die spätere Anlage
spricht das Einschneiden, gegen die gleichzeitige das Nicht-
durchgehen der Horizontalfugen. Die Technik des Treppen-
haus selbst ist gut und in der willkürlichen Fugenlage mit dem
Stylobat übereinstimmend.

Hier mögen wir auch, ehe wir auf die Besprechung der
Cella eingehen, einen kurzen Blick auf die kleineren baulichen
Anlagen vor der Ostfront werfen.

Nur 1.17 m vor der Treppe befindet sich eine rätselhafte,
aber wohl irgendwie zu dem Tempel gehörige Anlage — etwa
ein Grab? Man vergleiche darüber Overbeck. Pomp. ' 89 und
.Mau, Führer8 38. Man erwartet hier ja eigentlich den Altar.
Eine Altargruppe, vermutlich aus oskischer Zeit und vielleicht
nur Votive, nicht die Hauptopferstätte, liegt aber nördlich da-
von, nämlich ein einfacher profilloser Steinaltar mit dem Ein-
schnitt für die Escharis, ohne Prothysis, und zwei andere von
der gewöhnlichen Altarform mit der Prothysis im Westen; die
Oberfläche des nördlichen Altares ist dreifach abgeteilt, und jede
Abteilung seitlich durch das Polster eingefasst, also für eine
Dreieinigkeit von Gottheiten. Die erstgenannte Anlage, eine
rechteckige Umfassungsmauer, ist aus opus incertum errichtet,
die Ecken aus kleinen Tuffquadern. Oben läuft aufsen rings-
um ein Gesims aus einer Tuffziegelschicht, darauf eine Beendi-
gung von halbelliptischem Querschnitt (ob antik?). Der Ein-
gang liegt vorn im Westen, darin eine Schwelle aus Tuff, auf
 
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