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DER GRIECHISCHE TEMPEL IN POMPEJI

der steinerne Thürpfosten standen. Innerhalb ist wiederum
eine besondere Umfriedigung hergestellt durch eine ganz niedrige
Mauer, deren 3 Ecken aus oben abgerundeten Cippus-förmigen
Steinen gebildet werden. Der Bau soll frühestens der Zeit des
Augustus angehören können. Etwas weiter östlich ist ein
Brunnen gegraben und mit einem schönen Monopteros oskischer
Zeit überbaut.

Die Cella des Tempels wird auf der Terrasse im Niveau
des Stylobats durch Beste ganz erbärmlicher Mauerzüge be-
zeichnet, worunter jedoch innerhalb der Nordmauer zwei gut
schliefsende aber unvollständige Tuffquadern und ein Quader-
aufbau aufserhalb davon in die Augen fallen. Daraus hat
schon Mazois geschlossen, dass hier Beste einer altgrieeinsehen
einmal zerstörten Cella, vorlägen, die man in spätpompejanischer
Zeit sehr bescheiden wiederhergestellt hätte. V. Duhns Ver-
dienst ist es, den Versuch gemacht zu haben, sämtliche Beste
des altgriechischen Quaderbaues durch eine Ausgrabung aufzu-
spüren. Wie schon bei der Peristase bemerkt, können wir
darüber nur nach den Berichten v. Duhns, Jacobis und Soglianos
urteilen und die genügen auch hier nicht, um sich das jetzt
wieder in der Erde Verborgene (es ist auf dem Plane Taf 5
durch punetierte Linien im Allgemeinen verzeichnet) vollkommen
deutlich zu vergegenwärtigen, zumal bei den Widersprüchen
zwischen den beiden Berichten.

Nach v. Duhns Text und Jacobis Aufnahmen, wovon wir
nur das Wesentliche wiederholen, sind ringsum, aus Kalkstein-
quadern gebaut und mit Lavablöcken abgedeckt, die Funda-
mente einer Cella vorhanden, die in ihrer Länge dem modern
restaurierten Stylobat entspricht und einen sehr tiefen Pronaos
enthält; r. und 1. von dem Fundament der Pronaosfront sollen
an den beiden Ecken „weit über die Stirnmauern hervortretende
Anten" sein. Aehnliches berichtet und verzeichnet auch
Sogliano, jedoch weicht er in wichtigen Puncten ab. Die
Deckschicht des Fundaments besteht nach ihm aus Tuffquadern
und die „Anten" sind ungleich grofs (die im N. aufsen 0.40,
innen 0.G0 vorspringend und aufsen 1.G7, innen 1.00 lang, die
im S. aufsen und innen 0.30 vorspringend und aufsen 0.95,
innen 0.50 lang); einwärts hinter den Anten giebt er nicht wie
Jacobi ein durchgehendes Fundament für die Front des Pronaos
an, sondern nur im avanzo di cosiruzione in lava della Innghezza
di in. i .qo e della larghezza di m. 0.45. Endlich soll das Quer-
fundament beinahe doppelt so breit sein (1.40; vgl. C in Selinus)
wie die Aufsenfundamente (0.75) und aus Tuff bestehen, wäh-
rend v. Duhn und Jacobi hier vor dem alten Fundament ein
Fundament für den Neubau erkannten (zusammen auch ca. 1.40
breit).

Hiernach muss man alles an der alten Cella als auffällig
und zweifelhaft bezeichnen. Weder Anten von der Art wie sie
v. Duhn noch wie sie Sogliano meint sind wahrscheinlich — die
Fundamente sind ja ungleich grofs und zu einer Antenfront
würden notwendig Säulen, dazu ein Fundament gehören und
auf dem Fundament könnten sich Anten nicht besonders ab-
heben; möglich wäre etwa, dass wir nur eine lüdoiliche Eck-
bildung vor uns hätten (vgl. das Metroon in Olympia). Dann
ist die Cella für das Alter, das wir dem Tempel zuschreiben
müssen, nach allen anderen archaischen Beispielen ebenso wie
die moderne Bestauration des Stylobats zu kurz und in dem
fast die Hälfte der ganzen Cella einnehmenden Pronaos liegt
ein Verhältnis vor, wie es bei keinem anderen Tempel der Fall
ist. Um derartige Abweichungen von der Begel als That-

sachen hinzunehmen, bedürfte es einer abermaligen Ausgrabung
mit detaillierter sach- und zeitgemäfser Darstellung der Re-
sultate.

Alt, aber ebenfalls unklar ist auch der Mauerblock im N.,
den man für ein Postament anzusehen pflegt und worauf jetzt
v. Duhn die Terracottastatue eines Hirsches setzen will. Es ist
ein sehr sorgfältiger, angeblich 0.60 in den Boden hinab-
reichender, in der Höhe jedoch nicht vollständig erhaltener
Bau, da oben die mit der Fuge in der ersten Schicht unten
correspondierende Quaderaufschnürung auf mindestens eine
weitere Schicht schliefsen lässt. Aufserdem ist die westliche
Quader der unteren Schicht im Westen abgehackt und am Ost-
ende der zweiten Schicht ein Stück der Quader abgesprungen.
Die Fläche der Südseite ist nicht in ursprünglichem Zustande
erhalten und auf der Oberfläche bemerkt man an der Süd-
kante einen schwer zu erklärenden, bei einer Denkmalbasis
schier unerklärlichen Ausschnitt. Aufsen nach N. zu sitzt noch
Stuck.

Die Schwierigkeiten, auf die wir bei der Betrachtung der
alten Cella stiefsen, häufen sich, wenn wir an die Frage treten,
wann der Tempel zerstört worden sei und wie es sich mit den
Dingen verhalte, Estrichfetzen und schwachen vielfach aus un-
regelmäfsigen Steinen lose zusammengesetzten Mauerzügen,
die man auf eine antike Wiederherstellung des Heiligtums
bezieht.

Zur Zeit der ersten Entdeckung des Tempels glaubte man,
die furchtbare Zerstörung des Bauwerkes sei in nachantiker
Zeit durch die Bauern verschuldet, die wegen der sehr dünnen
Erdschicht über der Ruine auf das Steimnaterial gestofsen
seien. Diese Erklärung hielt Nissen nicht für ausreichend,
sondern er meinte, der Tempel sei vielmehr durch das Erdbeben
von G3 n. Chr. zum Einsturz gebracht und dann schon vor 79
n. Chr. als Steinbruch benutzt worden. Dagegen setzte Mau
(bei Overbeckl 85) die Zerstörung des alten Tempels lange
vorher an, da der vermeintliche Neubau nach technischen
Beobachtungen schon in ropublmanischer Zeit ausgeführt sein
müsste. Jetzt nach den Ausgrabungen glaubte Sogliano,
Mau's Datierung werde durch Münzen und Vasen, die v. Duhn
unter dem Estrich gefunden hat, bestätigt und darnach hätte
der Tempel schon seit dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr.
als Steinbruch und Schuttplatz gedient. Was auf den Neubau
bezogen wird, betrachtet Sogliano alles als modern, da die
Steinreihen nicht fundamentiert seien und unter dem Estrich
z. T. eine Aschenschicht liege (nach v. Duhn eine 0.14 starke
Unterlage von hellgrauem Mörtel-Kalk mit Tufferde gemischt).
Man, seine früheren Beobachtungen z. T. corrigierend und auch
v. Duhns Ansichten erwägend, hält jedoch daran fest, dass im
Altertum eine Wiederherstellung stattgefunden habe und dass
diese wogen der Abnutzung des Estrichs ziemlich lange vor 79
n. Chi', ausgeführt worden sei; der Estrich müsse aber jünger
sein, als die jüngsten Vasen- und Münzfunde, die eben bei
seiner Erneuerung zwischen den Stereobat geraten seien.
Auch wir hatten, wie Tafel 5 zeigt, an Ort und Stelle nach
längeren Erwägungen Mau's Ansicht gebilligt, aber nachträg-
liche Bedenken machen uns doch wieder irre daran.

Als die jetzt sichtbaren Mauerzüge angelegt wurden, hatte
man keine Kenntnis von der Lage der alten Fundamente an
der W.-, der S.- und der 0.-Seite; denn die Steinreihen sind
daneben gepackt, ohne dass sie ein neues Fundament erhalten
hätten. Nach v. Duhns und Jacobis Bericht ist das z. T. auch
 
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