Einleitung
„Gold- und Silberstadt Schwäbisch Gmünd“ - in großen Buchstaben empfangen diese Wor-
te die Reisenden am Gmünder Bahnhof, und der Untertitel des offiziellen Stadführers lautet
„Stadt der Gold- und Silberschmiede“. Die ,Stadt4, das heißt die Bevölkerung und das Kul-
turmanagement der Stadt, umgibt sich mit eindeutigen Attributen, weist sich einen für Ba-
den-Württemberg einzigartigen Stellenwert zu: In ihr habe nicht nur das Handwerk „Tradi-
tion“, vielmehr sei der Name „Schwäbisch Gmünd“ ein Synonym für die Verarbeitung von
Gold und Silber schlechthin - auch heute noch. So verwundert es nicht, daß die Literatur,
die in den letzten einhundert Jahren zur Stadtgeschichte geschrieben wurde, vor allem im
Hinblick auf die ,Tradition der Goldschmiede1 Rücksicht nahm, und die Zahl der Publikatio-
nen kleineren und größeren Umfangs reichhaltig ist. Aus diesem Grunde war die ursprüngli-
che Intention der vorliegenden Arbeit nicht, diesen eine weitere Abhandlung hinzuzufügen,
sondern sich speziell mit dem Gmünder Filigran zu befassen. Ausgangspunkt war dabei die
Diskrepanz zwischen Literatur und Realien, nämlich zwischen der Fülle an erhaltenen Ob-
jekten aus Filigran in süddeutschen Museen, Sammlungen und in Wallfahrtskirchen, die
sich aufgrund der Stadtbeschaumarke als Gmünder Produkt auszeichneten, und deren gerin-
ge Beachtung in der einschlägigen Literatur.
Durch die langjährige Beschäftigung mit dem Objekt und mit der vorhandenen Literatur kri-
stallisierten sich zunächst drei Prämissen heraus: a) Filigranarbeiter und ihre Produktion las-
sen sich von der der ,anderen1 Goldschmiede trennen, b) es muß ein hoher Grad an Arbeits-
teiligkeit beziehungsweise an Spezialisierung auf bestimmte, wenige Produkttypen inner-
halb der Berufsgruppe geherrscht haben, und c) bei Filigranware handelt es sich um Mas-
senware, bestimmt vor allem für die ärmeren, unteren Sozialschichten und für die Bewohner
ländlicher Regionen. Um es vorwegzunehmen: Diese Prämissen ließen sich im Verlaufe der
umfangreichen Quellenstudien nicht aufrechterhalten, vielmehr zeigte es sich schon sehr
rasch, daß sich der gesteckte Rahmen als zu beschränkt erwies. Eine zu begrenzte Sichtwei-
se auf das Thema hätte viele Aspekte ausgegrenzt und wäre ihm letztendlich nicht gerecht
geworden. Deshalb wurde es notwendig, die Untersuchung auf das Goldschmiedehandwerk
als Ganzes auszudehnen, und schon bald stellte sich heraus, daß die bisherigen Abhandlun-
gen über das Gewerbe äußerst einseitig und zum Teil oberflächlich recherchiert waren. Der
Fundus an Quellen in den Archiven, allen voran im Stadtarchiv von Schwäbisch Gmünd und
im Archiv der Administration zu Altötting, glich einer Goldader, die es auszubeuten galt
und die auch künftig Material liefern wird für weitere Untersuchungen zu diesem Thema,
denn die vorliegende Arbeit konnte eine allumfassende Aufbereitung nicht liefern, und viele
Fragen werden offen bleiben. Insofern ergab sich schließlich doch eine Einschränkung: Der
historische Hintergund, wie er durch die Archivalien greifbar wurde, ist immer auf das ge-
samte Goldschmiedehandwerk bezogen, während bei den Realien die Filigranproduktion im
Vordergrund stand, ohne dabei Seitenblicke auf die übrige Produktpalette außer acht zu las-
sen.1
Sinn und Zweck der vorliegenden Arbeit ist es, das Gmünder Goldschmiedegewerbe in sei-
ner Gesamtheit, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion, seit der Zeit des
1 In diesem Zusammenhang wäre für künftige Untersuchungen interessant, bestimmte Produktgruppen, zum Bei-
spiel Dosen, kunsthistorisch auf ihre motivischen Vorbilder und auf ihre stilistische Entwicklung hin zu unter-
suchen.
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„Gold- und Silberstadt Schwäbisch Gmünd“ - in großen Buchstaben empfangen diese Wor-
te die Reisenden am Gmünder Bahnhof, und der Untertitel des offiziellen Stadführers lautet
„Stadt der Gold- und Silberschmiede“. Die ,Stadt4, das heißt die Bevölkerung und das Kul-
turmanagement der Stadt, umgibt sich mit eindeutigen Attributen, weist sich einen für Ba-
den-Württemberg einzigartigen Stellenwert zu: In ihr habe nicht nur das Handwerk „Tradi-
tion“, vielmehr sei der Name „Schwäbisch Gmünd“ ein Synonym für die Verarbeitung von
Gold und Silber schlechthin - auch heute noch. So verwundert es nicht, daß die Literatur,
die in den letzten einhundert Jahren zur Stadtgeschichte geschrieben wurde, vor allem im
Hinblick auf die ,Tradition der Goldschmiede1 Rücksicht nahm, und die Zahl der Publikatio-
nen kleineren und größeren Umfangs reichhaltig ist. Aus diesem Grunde war die ursprüngli-
che Intention der vorliegenden Arbeit nicht, diesen eine weitere Abhandlung hinzuzufügen,
sondern sich speziell mit dem Gmünder Filigran zu befassen. Ausgangspunkt war dabei die
Diskrepanz zwischen Literatur und Realien, nämlich zwischen der Fülle an erhaltenen Ob-
jekten aus Filigran in süddeutschen Museen, Sammlungen und in Wallfahrtskirchen, die
sich aufgrund der Stadtbeschaumarke als Gmünder Produkt auszeichneten, und deren gerin-
ge Beachtung in der einschlägigen Literatur.
Durch die langjährige Beschäftigung mit dem Objekt und mit der vorhandenen Literatur kri-
stallisierten sich zunächst drei Prämissen heraus: a) Filigranarbeiter und ihre Produktion las-
sen sich von der der ,anderen1 Goldschmiede trennen, b) es muß ein hoher Grad an Arbeits-
teiligkeit beziehungsweise an Spezialisierung auf bestimmte, wenige Produkttypen inner-
halb der Berufsgruppe geherrscht haben, und c) bei Filigranware handelt es sich um Mas-
senware, bestimmt vor allem für die ärmeren, unteren Sozialschichten und für die Bewohner
ländlicher Regionen. Um es vorwegzunehmen: Diese Prämissen ließen sich im Verlaufe der
umfangreichen Quellenstudien nicht aufrechterhalten, vielmehr zeigte es sich schon sehr
rasch, daß sich der gesteckte Rahmen als zu beschränkt erwies. Eine zu begrenzte Sichtwei-
se auf das Thema hätte viele Aspekte ausgegrenzt und wäre ihm letztendlich nicht gerecht
geworden. Deshalb wurde es notwendig, die Untersuchung auf das Goldschmiedehandwerk
als Ganzes auszudehnen, und schon bald stellte sich heraus, daß die bisherigen Abhandlun-
gen über das Gewerbe äußerst einseitig und zum Teil oberflächlich recherchiert waren. Der
Fundus an Quellen in den Archiven, allen voran im Stadtarchiv von Schwäbisch Gmünd und
im Archiv der Administration zu Altötting, glich einer Goldader, die es auszubeuten galt
und die auch künftig Material liefern wird für weitere Untersuchungen zu diesem Thema,
denn die vorliegende Arbeit konnte eine allumfassende Aufbereitung nicht liefern, und viele
Fragen werden offen bleiben. Insofern ergab sich schließlich doch eine Einschränkung: Der
historische Hintergund, wie er durch die Archivalien greifbar wurde, ist immer auf das ge-
samte Goldschmiedehandwerk bezogen, während bei den Realien die Filigranproduktion im
Vordergrund stand, ohne dabei Seitenblicke auf die übrige Produktpalette außer acht zu las-
sen.1
Sinn und Zweck der vorliegenden Arbeit ist es, das Gmünder Goldschmiedegewerbe in sei-
ner Gesamtheit, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion, seit der Zeit des
1 In diesem Zusammenhang wäre für künftige Untersuchungen interessant, bestimmte Produktgruppen, zum Bei-
spiel Dosen, kunsthistorisch auf ihre motivischen Vorbilder und auf ihre stilistische Entwicklung hin zu unter-
suchen.
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