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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Neue Arbeiten Fritz von Miller's
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Schmidkunz, Hans: Analytisches im kunstgewerblichen Unterricht, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0134

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Analytisches im kunstgewerblichen Unterricht.

200. Deckel des Ehrenbcchers, Abb. 20 p

besteckt, darunter acht große dunkelrote Aarneole,
gleichsam als Früchte zu den von unten aufsteigen-
deit Stengeln; auf dem konischen Fußteil Anschrif-
ten, z. T. von emaillierten Aränzen umschlossen,
obeit große rosa Turmaline. Das Ganze, von vier
drachenartigen Lidechsen getragen, ruht auf runder,
grünweißer Marmorplinthe.

Ä-

Ehrenbecher für den Grafen Meilitz sch,
Der Pauptteil dieses Gesäßes besteht aus deui Bruch-
stück eines krankhaft entarteten Elephantenzahns,
das von vergoldetem, an den Knotenpunkten mit
Halbedelsteinen besetzteni Silber gefaßt ist; der mit
einem bunt emailliertem Rand versehene, aus Aristall
geschnittene Deckel ist selbst wieder ein kleines, schalen-
artiges Trinkgefäß (Abb. 200).

Antilopen-Trinkhorn (Abb. 202 u. 203).
Um bei der Schlankheit des porns und dessen Höh-
lung doch ein brauchbares Trinkhorn zu erzielen,
mußte das eigentliche Trinkgefäß weit vor den porn-
rand hinausragen; fein Ansatz an das porn folgt
genau dessen Querrippen, die noch in der Fläche
des Bechers nachklingen, während die Becherstäche
an der Unterseite des porns in einen langen, mit
großen Steinen besetzten, sich an das poru anklam-
mernden Grat übergeht. Das Ganze wird getragen
von einein prächtig behandelten Adlerfuß, dessen
Zehen und Alauen aus oxydiertem, dessen Federn
aus vergoldetem Silber bestehen, während unten vier
übereinandcrliegcnde, in Silber getriebene, schwarz,
blau, grün und braun emaillierte Flügel den Stand
verbreitern und zu einem rechteckig rundlichen Stein-
fuß vermitteln.

Anakxtlschee im ßunsigewerKkichen
(Unterricht.

(Vvn Dr. Hans SchmidKunz, QBcrftn?
Hakensee.

ei Erörterungen über Methode in
irgendeiner Richtung, sei es künst-
lerisch oder technisch, wissenschaft-
lich oder pädagogisch, wird sehr
häufig über einen Gegensatz
zwischen Analyse und Synthese
gesprochen. Daß mit ihm viel schematische Aonstrnk-
tion getrieben werden kann und getrieben worden ist,
liegt nahe; doch bleibt immerhin ein wertvoller Acrn.
Und diesen in: Lichte von Verhältnissen, die uns
gerade besonders interessieren, zu erörtern, soll die
Aufgabe der folgenden Zeilen sein.

Im Grund ist die Sache einfach. Irgendein
Ganzes kann aus seinen Bestandteilen aufgebaut
werden, und es kann auch wieder in feine Bestand-
teile zerlegt werden. Für gewöhnliche Betrachtung
liegt der zweite Fall näher, für gewöhnliches Schaffen
der erste Fall. Beim Aufbauen eines Ganzen aus
Teilen sprechen wir von Zusammensetzung oder
Synthese, beim Zerlegen eines Ganzen in seine Teile
von Zergliederung oder Auflösung oder Analyse.
Der tatsächliche Verlauf des produzierens, von der
Natur oder vom Menschen aus, ist anscheinend am
häufigsten aufbauend, synthetisch; der gewöhnlichste
Weg dagegen beim Erforschen und Erkennen ist zer-
legend, analytisch. Man könnte in etwas abge-
kürzter Weife sagen: die Natur macht Synthese,
der Mensch Analyse. Jene schreitet in irgendeinem
Prozesse vorwärts zu ihren Schöpfungen, progressiv;
tritt dann ein Betrachter oder Antiker an diese
Schöpfung heran, fo fchlägt er leicht den der Natur-
entgegengesetzten Weg ein, er schreitet vom Späteren
zum Früheren, regressiv. Darum nennt man auch
Synthetisches progressiv, Analytisches regressiv.

Dieser Gegensatz findet sich in einem nahever-
wandten Verhältnisse wieder. Aus Ursachen ent-
stehen Wirkungen; das ist der gewöhnliche Weg nach
vorwärts, progressiv. Wer sich dann damit theo-
retisch beschäftigt, kann immerhin, zumal wenn er
es in der Erkenntnis weit gebracht hat, den gleichen
Weg gehen, also aus den Ursachen auf die Wir-
kungen schließen. Allein das Näherliegende ist der
umgekehrte Weg: die Wirkungen sind uns bequemer
zur Hand, und wir schreiten von ihnen zurück, indem
wir aus ihnen auf die Ursachen schließen. Ein
solcher regressiver weg wird ebenfalls analytisch
genannt, wie der zugehörige progressive synthetisch.

*20
 
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