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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Schaefer, K.: Das Moderne Kunstgewerbe im Dienste des Norddeutschen Lloyd
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0055

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Das moderne Kunstgewerbe im Dienste des Norddeutschen Tlo'sd.

So. Aus dem Dampfer „Kronprinzessin Lecilie": Frllhstücksraum der Kaiserzimmer;
Entwurf von Richard Riemerschmid, Dtünchen; Ausführung: Deutsche R)erkstätten
für Handwerkskunst, Dresden.

empfunden ist. Auch fein Schlafzimmer macht einen
starken Eindruck: weiße Wände geteilt durch Stäbe,
an denen Retten von Farbflecken das fchillernde Spiel
der Pfauenfederfarben ergeben; die gleichen Farben
wiederholen sich in den kräftigen ruhigen Stickereien
der Bettdecken und der Vorhänge dieses Raumes.
Glbrich bemüht sich, große Wandflächcn ununter-
brochen wirken zu lassen, uni die Enge des Raumes
dadurch wegzutäuschen. Wie Bruno Paul hat auch
Glbrich die vom Schiffsrumpf diktierte Schräge des
Raumes, die jedenfalls jeder architektonischen Wirkung
feindlich ist, durch geschickte wagerechte Deckenkonstruk-
tion vermieden. Das hat Riemerschmid nicht
getan; wenn nian ihn kennt, wird man annehmen,
daß er dieses Verbergen der einmal gegebenen Schiffs-

kojenfornr für einen
Verstoß gegen die Lo-
gik seiner Run st halten
wird. An Stimmung
sind seine beiden Wohn-
zimmer neben Glbrich
das Griginellste und
Reifste unter sämtlichen
Räumen (Abb. 60 bis
63); er setzt die intime
mit einfachen Mitteln
arbeitende Stimmungs-
kunst hier fort, die man
von seinem Trinkstüb-
chen bei Trarbach in
Berlin kennt, nur zier-
licher, der Aufgabe ent-
sprechend. Ein im Ton
reizendes Herrenzim-
mer erinnert, obwohl
von keiner Anlehnung
die Rede sein kann,
an alte getäfelte Stuben
der Gotik, etwa an die
Rurkammer iin Lüne-
burger Rathause oder
an ein Turinstübchen
auf einem Tiroler
Schloß. Der natür-
liche Holzton beherrscht
Wände und Decke, die
aus etwas schweren
Profilstäben zu einer
Art Rassetten-Felder-
teilung gefügt ist. Auch
Riemerschmid hat es
ausgezeichnet verstan-
den, sich große Wand-
stächen zu schaffen. Einzelheiten, wie die Säulchen
an den Schranknischen der abgeschrägten Ecken des
Zimmers sind wohl verfehlt: das Ganze ungemein
harmonisch und sicher. Sein zweiter Wohnraum gibt
zu dem derben Ernst dieses Herrenzimmers eine
Stimmung von zarter Eleganz: graues Ahornholz
mit Einlagen von Perlmutter und Rosenholz. Ganz
ähnlich haben Eeg und Runge das Material zu
ihrem Salon gewählt; aber Riemerschniid hat da
kräftigere Farben herausgeholt; weniger an den
Deckenfeldern als an den Flächen der Wandtäfelung
und an der wundervollen Tür ist das Spiel von
blinkendem Weiß mit den blutroten Flecken des
Holzes auf grauem Grundton von reizender Stimmung.
Reiner in den übrigen Räumen hat feine Farben so

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