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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Schaefer, K.: Das Moderne Kunstgewerbe im Dienste des Norddeutschen Lloyd
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0058

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Das moderne Kunstgewerbe im Dienste des Norddeutschen Lloyd.

68. Aus dem Dampfer „Kronprinzessin Lecilie": Salon eines Luxuszimmers (dazu Abb. Sk u. 67);

Entwurf von Bruno Paul, Berlin; Ausführung: vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk, München.

Eegs eine gewisse Landhausstimmung, die derbere
formen gestattet und amüsante Zutaten liebt. Üb-
rigens sind die Arbeiten in eigener Werkstatt aus-
Teführt (Abb. 6st bis 73). Bei keinent der übrigen
Üäume stören die schiefen Winkel, in dem Wand,
Fußboden und Decke zueinander liegen, so auffällig,
wie in denen, die Wellermann 6c Frölich mit der
Frankfurter Firma Schneider 6c ksanau aus-
Seführt haben, fjter wird es einem am leichtesten
klar, daß die vornehme, etwas steife Zierlichkeit des
Tonis XVI. sich unmöglich für solche Aufgaben eignen
kaim; denn wenn ein noch so zart detaillierter Kamin
aus grauem Marmor, der Spiegel darüber und all
die feinen in Nußbaumholz geschnitzten Laub- und
f^erlstäbe der Tür- und Wandgliederung aus dem Lot
Tehen und in starker Neigung schief zu stehen scheinen,
dann macht uns auch das schönste jdariscr Original
von f780 keine rechte Freude. Die Bronzen, streng
und interessant im Stil gedacht, der Lsolzton der Wand,
die Tinzelformen sind vortrefflich, ebenso die Stim-
mung des weiß mit roten jdolsterstoffen gehaltenen

Damensalons. Aber neben den eigenen kräftigen
Tönen moderner Art, die von den übrigen Künstlern
angeschlagen worden sind, fehlt hier die persönliche
Note doch fast ganz.

Im ganzen wird man mit berechtigter Freude
feststellen dürfen, daß unsere bremischen Künstler sich
in diesem Wettstreit wacker gehalten haben, wenn-
gleich jeder von uns gern zugeben wird, daß fdaul
und Olbrich und Riemerfchmid ihren Namen im
heutigen Kunstgewerbe nicht ohne gute Gründe er-
worben haben.

Der Lloyd hat einen glänzenden Anfang ge-
macht, die Macht in bestem Sinne anzuwenden, die
er als ein fürstlicher Auftraggeber der modernen
Kunst in fänden hat. Aber diese Kunst ist auch
berufen, aus den Luxuskabinen der Bevorzugten
herauszutreten und von dein ganzen Schiff Besitz zu
nehmen. Nicht in dieser aufwändigen üppigen Ele-
ganz, aber in reichlich gediegener Form sollte künftig
jeder Raum unserer Lloyddampfer entstehen, redigiert
von der Hand eines Mannes, der persönliche Lmp-

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