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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Gmelin, Ludwig: Die Ausstellung "München 1908", [1]: Vorgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0317

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Ausstellung „München (908".

532. („München (908".) Lisenbeton-Randelaber auf dem
ffauptplatz; nach Entwurf von E. Pfeifer ansgeführt
von Gebr. Rank.

das die führenden Geister im Aunstleben der Gegen-
wart auf das stärkste bewegt, ein Problem, würdig
der Bedeutung, die München als Metropole der
deutschen Aunst bisher zukam, würdig seines Reich-
tunis an ersten künstlerischen Mästen, die dem ge-
steckten hohen Ziele in höchster Begeisterung entgegen-
streben. Gelänge es, demselben nahe zu koinmen,
dann wäre diese Ausstellung eine befreiende Tat,
eine Aundgebung künstlerischer Araft und Eigenart,
deren ersprießliche Wirkung weit über unsere Stadt
hinaus sich über unser engeres und weiteres Vater-
land erstrecken würde.

„Ob uns der große Wurf geglückt, der Prüfung
dieser Frage, die die nächste Zeit entscheiden wird, sehen
wir nicht ohne Bangen, aber doch auch mit dem
Bewußtsein entgegen, daß alle an der Durchführung
der Ausstellung Beteiligten, insbesondere die Künstler,
in höchst dankenswerter Opferfreudigkeit ihr Bestes
zu bieten bemüht waren, daß es daher wohl berech-
tigt ist, den innigen Segenswunsch zum Ausdruck zu
bringen: »kur sit fortuna labori«."1)

’) Aus der Rede des Oberbürgermeisters bei Eröffnung
der Ausstellung.

Die Dauerbaucen der Ausstellung.

Praktische und künstlerische Gründe waren es, die
für die endgiltige Planung und Ausführung der Ein-
zelbauten auf Verteilung der Arbeiten an mehrere Ar-
chitekten hinwirkten. Es ist ein Zeugnis besten Folie
gialischen Verstehens, daß keiner der beteiligten
Architekten etwa bestrebt war, seine Arbeit besonders
herauszuheben, sondern vielmehr jeder daran dachte,
wie seine Arbeit sich am besten dem Gesamtgrund-
gedanken einfügte.

Den Gebrüdern Rank fiel der bjaupteingang
(nächst der alten Schießstätte) samt dem Verwaltungs-
gebäude als Aufgabe zu (Abb. —52^). Baum-
J Pflanzungen und Flaggenmasten leiten zum Portal
| hin, einen: breiten, für den Massenverkehr gerüsteten,

! fünfteiligen, aus den vier Zwischenpfeilern mit Figuren-
gruppen geschmückten Tor; zwei pikant geschwungene
1 Pavillons, unter deren stuckierten Gewölben die eigent-
j lichen Eingänge für das Publikum liegen (Abb. 52-j),
scheiden das Portal von den anstoßenden niedrigen
Schalterhallen, an deren Ende einerseits das Ver-
waltungsbureau, andererseits das Pförtnerhaus sich
anschließt — alles in weiß, nur die Ziegel- und
Blechdächer grau. Bunte Blumen nicken von den
Fenstern herab und von den Terrafsen-Brüstungen
auf den Pavillons, wo am Abend lodernde Feuer-
zeichen aus großen Pechpfannen zu nächtlichem Treiben
locken und frohe Lust künden.

Die in so kurzer Frist nach den Plänen von
Wilhelm Bertsch entstandenen Ausstellungshallen
unterscheiden sich von anderen ihrer Gattung vor
allen Dingen durch ihre ungewöhnliche Schlicht-
heit,ja Enthaltsamkeit; das Helle Ziegelrot der Dächer,
das welke Gelb der Ruscuskränze und deren farbige
Schleifen vermögen in ihrer Zusammenwirkung die
gelassene Ruhe des hellgrauen Betonmauerwerks
nicht zu beeinträchtigen. Erst das Alles durchziehende
lebendige Pflanzen- und Blumenwerk ruft in Ver-
bindung mit der bewegten Menschenmenge den nöti-
gen lebendigen Farbenkontrast hervor.

Die Pallen^) bestehen der Hauptsache nach aus
Glaswänden zwischen schmalen Eisenbetonrahmen,
und auch die Dächer sind so gestaltet, daß das Licht
möglichst ungehemmten Zutritt hat. Die großen,
breiten, rechteckigen Öffnungen geben zu interessanten
Betrachtungen Anlaß über die Wandlungen des
tektonischen Empfindens. Die steinartig wirkenden
Bauteile nehmen Formen an, bei deren Betrachtung
jeden Techniker der alten Schule ein gelindes Gruseln

') Halle I hat eine Größe von ((6: 53 m, bei einer First-
höbe von 24 m (Rosten: -(80 000 M.); Halle II: 92 : 3( m
(240000 M.).

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