Die Ausstellung „München ;908".
gruppen. Abgesehen von den der Repräsentation,
dem „kleinstädtischen Museum" und dem Antiqui-
tätenhandel gewidmeten Partien sind fast 2/P) aller
Räume selbständige, in sich abgeschlossene, mit den
Nachbarn in keiner Beziehung stehende Gemächer.
-1- *
Gin Rückblick auf die letzte große Münchener
Aunstgewerbeschau (\888) liegt zu nahe, um voll-
ständig umgangen werden zu können. Der Unter-
schied hinsichtlich der stilistischen Durchbildung ist
natürlich das erste, was bei einem Vergleich mit
der 88 er Ausstellung ins Auge fällt; und er beruht
zu einem großen Teil darauf, daß seither die Maler
auf das Aunstgewerbe, insbesondere auf die Raum-
kunst stärkeren Einfluß genommen haben.
Als vor zwölf Pahren die schon länger drohende
Krtfis zum Ausbruch kam und die Gärung im
ganzen Bereich des Aunstgewerbes sturmflutähnlich
zutage trat, da waren es in erster Linie Maler, die
dem neuen Schaffen die Wege wiesen. Bei dem
Uberschuß an Malern, den München produziert, war
es natürlich, daß die Maler nun in Hellen Pausen
dem bisher wenig beachteten Aunstgewerbe zuliefen,
wo sie ihren Weizen blühen sahen, und das ihnen
Brot zu geben versprach.
Als Aünstler, deren Berufstätigkeit sich vor-
wiegend mit der oberflächlichen Erscheinung der
Dinge befaßt, nahmen sie auch den Raum in erster
Linie als farbige Erscheinung, der sich alles unter-
zuordnen hatte; ebenso ließ inan sich bei der Ge-
staltung des Gerätes oft viel mehr von der Aünstler-
laune leiten als die restlose Zweckerfüllung und die
solide handwerkliche Perstellung vertrugen. Der
„Jugendstil", diese Schmarotzerpflanze, die eine Zeit-
lang alles gesunde Gewächs in den neu angelegten
Gärten zu überwuchern und zu ersticken drohte *),
war das Produkt dieses unverständigen Drauflos-
Entwerfens: die zuchtlosen, revolutionären Geister,
die man gerufen, nun aber nicht mehr los werden
konnte, mußten sich erst selbst verzehren, bevor die
moderne Schaffensweise — nicht mehr gehemmt durch
die unbequeme Gefolgschaft — sich frei entfallen und
ein schlakenreines Erzeugnis liefern konnte. Die
Führer der Bewegung hatten sich von dem pexen-
tanz fern gehalten; in stiller Weiterarbeit, die vor
') wer sich über die Raumkunst aus der „Blütezeit" des
Jugendstils (um zgoo) unterrichten will, dem kann der Besuch
der humoristischen Kunstausstellung im Vergnügungspark nicht
dringend genug angeraten werden; angesichts der „Zimmer des
fferrn Nudlmaier" wird auch der eingefleischteste Altertümler
die Ausstellung ;g08 als eine Erlösung empfinden.
— 334 —
gruppen. Abgesehen von den der Repräsentation,
dem „kleinstädtischen Museum" und dem Antiqui-
tätenhandel gewidmeten Partien sind fast 2/P) aller
Räume selbständige, in sich abgeschlossene, mit den
Nachbarn in keiner Beziehung stehende Gemächer.
-1- *
Gin Rückblick auf die letzte große Münchener
Aunstgewerbeschau (\888) liegt zu nahe, um voll-
ständig umgangen werden zu können. Der Unter-
schied hinsichtlich der stilistischen Durchbildung ist
natürlich das erste, was bei einem Vergleich mit
der 88 er Ausstellung ins Auge fällt; und er beruht
zu einem großen Teil darauf, daß seither die Maler
auf das Aunstgewerbe, insbesondere auf die Raum-
kunst stärkeren Einfluß genommen haben.
Als vor zwölf Pahren die schon länger drohende
Krtfis zum Ausbruch kam und die Gärung im
ganzen Bereich des Aunstgewerbes sturmflutähnlich
zutage trat, da waren es in erster Linie Maler, die
dem neuen Schaffen die Wege wiesen. Bei dem
Uberschuß an Malern, den München produziert, war
es natürlich, daß die Maler nun in Hellen Pausen
dem bisher wenig beachteten Aunstgewerbe zuliefen,
wo sie ihren Weizen blühen sahen, und das ihnen
Brot zu geben versprach.
Als Aünstler, deren Berufstätigkeit sich vor-
wiegend mit der oberflächlichen Erscheinung der
Dinge befaßt, nahmen sie auch den Raum in erster
Linie als farbige Erscheinung, der sich alles unter-
zuordnen hatte; ebenso ließ inan sich bei der Ge-
staltung des Gerätes oft viel mehr von der Aünstler-
laune leiten als die restlose Zweckerfüllung und die
solide handwerkliche Perstellung vertrugen. Der
„Jugendstil", diese Schmarotzerpflanze, die eine Zeit-
lang alles gesunde Gewächs in den neu angelegten
Gärten zu überwuchern und zu ersticken drohte *),
war das Produkt dieses unverständigen Drauflos-
Entwerfens: die zuchtlosen, revolutionären Geister,
die man gerufen, nun aber nicht mehr los werden
konnte, mußten sich erst selbst verzehren, bevor die
moderne Schaffensweise — nicht mehr gehemmt durch
die unbequeme Gefolgschaft — sich frei entfallen und
ein schlakenreines Erzeugnis liefern konnte. Die
Führer der Bewegung hatten sich von dem pexen-
tanz fern gehalten; in stiller Weiterarbeit, die vor
') wer sich über die Raumkunst aus der „Blütezeit" des
Jugendstils (um zgoo) unterrichten will, dem kann der Besuch
der humoristischen Kunstausstellung im Vergnügungspark nicht
dringend genug angeraten werden; angesichts der „Zimmer des
fferrn Nudlmaier" wird auch der eingefleischteste Altertümler
die Ausstellung ;g08 als eine Erlösung empfinden.
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