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erwähnten sehr umfangreichen Glasmalerien von Vour-
-geö dar, weil hier die bedeutende Breite des byzantinisch
rundbogigen, durch kein Stabwerk unterbrochenen Fen-
sters der malerischen Anordnung keinen Zwang anthat,
und jene Medaillons schachbrettartig über den ganzen
Mosaikgrund vertheilen ließ.

Uebrigcns ergicbt ein näherer Vergleich der dem
12ten Jahrhundert entstammenden Glasmalereien von
St. Denis und Bourges mit dem prächtigen Fenster-
schmucke der Hciligcnkapclle von Paris und der Clor-
monter Kathedrale, daß letzterer, welcher in aller Far-
benpracht des Prismas strahlt, ungeachtet seines gleichen
Alters schon nicht mehr den byzantinischen Typus trägt.

Endlich ist noch zu bemerken, daß mit dem Vor-
schreitcn des 13tcn Jahrhunderts die Breite der roma-
nischen Friese (Einfasse, Bordüren) sich immer mehr ver-
ringert, und endlich auf einfache Bänder aus kleinen
Rosetten, ans pcrlenbcsetztc Streifen oder schmale Laub-
guirlanden cinschränkt, wobei sich neuerdings eine Ein-
wirkung des orientalischen Geschmackes nicht wohl in
Abrede stellen läßt. —

Nachdem nun bisher die Leistungen unserer Kunst
in deren erster Epoche, hauptsächlichst nur von ihrer or-
namentalen und den Totaleffekt bestimmenden Seite,
beleuchtet worden: gebührt auch ihren figürlichen, zumeist
dem alten Legendenschatze entliehenen Darstellungen ein
Wort, und so finden wir an den, übrigens in Massen
gruppirtcn, Figürchcn des 12tcn Jahrhunderts alle Härte
und Dürftigkeit der Ausführung, wie diese nur immer
die Basreliefs der romanischen Zeit charakterisirt. Im
13tcn dagegen macht sich schon der günstige Einfluß der
Quellen, woraus mittlerweile unsere Kunst geschöpft,
namentlich durch freiere Bewegung und naturgemäßere
Stellung bemerkbar, ja die Gewandungen übcrtrcffen in
'Anordnung und Faltenwurf nicht selten die großen Fi-
guren aus dem Anfänge des liten. lieber den Grund
hievon weiter unten.

Die in vielen Einzclnheitcn ganz besonders ausge-
prägte Achnlichkeit zwischen den Glasmalereien der Hei-
ligenkapelle von Paris und der Kathedrale von Clcrmont,
nöthigt noch einmal aus sie zurückzukommcn. Man
möchte diese Fenster in der That, und zwar um so ge-
gründeter, für Werke der nämlichen Meister halten, als
mit dieser Ansicht nirgends eine alte Chronikstelle im
Widersprucize steht, und es vielmehr erwiesen ist, daß
zu Sugers und selbst «och späterer Zeit die ausübenden
Glasmaler in unseren Provinzen und Städten auf zu-
fällige Beschäftigung herumzogen, und so erklärlicher
Weise an mehreren Orten die nämlichen Gegenstände
behandelten. Nicht minder soll, vermöge eines flüchtigen
Rückblickes auf die behauptete Hinneigung unserer Kunst
zur Nachahmung von orientalischer Mosaik jeder Art,

die Thatsache, daß diese Gcschmacksrichtuug unter Ludwig
dem Heiligen den entschiedensten Charakter annahm, hier
eine nachträgliche Erwähnung finden. Und endlich darf
von der Betrachtung der gegenwärtigen Epoche nicht
Abschied.genommen werden, ohne noch einmal die ganz
besonderen technischen Schwierigkeiten in Erinnerung zu
bringen, womit die Glasmalerei der frühesten Zeit zu
kämpfen hatte. Sie erscheinen unermeßlich, wenn man
die damalige Dürftigkeit der Hülfswissenschaften gegen
deren jetzigen Flor in Anschlag bringt. 'Und doch reicht
Letzterer nicht aus, unsere Schöpfungen den alten in
jeglichem Anbetracht an die Seite zu setzen. Denn, was
diese in so hohem Maße durchdriugss und belebt, erman-
gelt jenen nur allzusehr — die Weihe der religiösen Be-
geisterung, die gläubige Einfalt des Herzens, und eine,
dieser entsprechende, poetische Auffassung der alten Hei-
ligen- und Volksgeschichten.

Zum Schlüsse nur noch eine, aber wesentliche Be-
merkung.

Es eristirt in Frankreich kein Glasgemälde, was
über die Zeit Ludwig vn. hinausreichte, und allen Deu-
tungen der ohnehin seltenen, aber um so häufiger'inis-
verstandenen, Urkunden hierüber zum Trotz, liegt die
Geschichte des Ursprungs unserer Kunst noch immer in
tiefem Dunkel. Am ehesten dürfte die einstige Lösung
der nicht minder unentschiedenen Frage über die Entste-
hung des Rundbogenstyls, mit welchem sich die Glas-
malerei gleichzeitig in unser Land einführte, ein genü-
gendes Licht über das wahre Bcwandtniß der Sache ver-
breiten. Wir bescheiden uns vor der Hand, die Einfüh-
rung der Glasmalerei in Frankreich lediglich als ein
Moment von höchster Bedeutsamkeit zu bezeichnen, in-
dem uns hiedurch seit dem 12tcn Jahrhundert die Mittel
eines künstlerischen Schmuckes an die Hand gegeben
waren, der bis zum heutigen Tag als unerreichbar in
der Großartigkeit seiner Wirkung sich erwiesen hat.

(Fortsetzung folgt.)

Nachrichten vom November.

Denkmäler.

Paris. Börnes Grabdenkmal auf dem Kirchhofe des
Pere Lachaise, mit dessen Entwürfe der berühmte Bildhauer
David beschäftigt war, ist nun vollendet und daselbst errichtet,
in der Nahe der Gräber von Benjamin Eonstant, Foy und
Manuel. Das Denkmal hat die Gestalt einer abgestumpften
Pyramide, von ausgezeichnet schönem polirtcm Granit, und
ruht auf einem Unterbaue von gelbem Sandstein, welcher sich
auf zwei Stufen erhebt. Das Ganze, vom Erdboden bis an
de» Gipfel der Pyramide, mißt an 10 Pariser Fuß. Am
oberen Ende der Pyramide befindet sich, in einer ausgchöhltcn
Vertiefung, Börnes Herme, von David modellirt, von de»
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