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logie zu malen, die doch eine ganz andere Geistesrichtung
voraussetzen.

D. Der Unterschied ist vielleicht nicht so groß, als
man gewöhnlich mepnt, wenn man nur von dem höchste»
Grundsätze der Kunst ausgeht, der sich auf jeden Gegen-
stand anwenden läßt: Wahrheit der Gesinnung und Le-
bendigkeit der Darstellung, die Phantasie thut das klebrige.

E. 2n den Blättern zu Faust hat Cornelius trotz
jener angenommenen, altdeutschen Weise, die er vielleicht
für den Gegenstand passend gehalten, eine Originalität
entwickelt, welche große und männichfaltige Kräfte beur-
kundet und die ersten Gemälde der Glyptothek schienen
mir in einer nicht minder eigenthümlichen, von jener frü-
hern sehr abweichenden Art gearbeitet.

D. Wir sind zur Stelle. Lassen Sic uns eintreten!

E. Welche Pracht in Vergleich mit dem ersten An-
fang ! Ich gestehe, die Vollendung und Wirkung des Gan-
zen übertrifft weit meine Erwartung!

I. Ware ich. nicht ein Feind von Vergleichung der
Künstler untereinander, so würde ich sagen, die Anord-
nung erinnere mich zunächst an die Werke des Giulio Ro-
mano zu Mantua im Palazzo del T. Dann müßte ich aber
auch hinzusetzen, daß ich diesen Saal weit prächtiger finde.
Die Höhe des Gewölbes, die reichen Gesimse, das Stucco
lustro der Wände und der farbig getäfelte Marmvrbvden,
die sich hier mit den Gemälden zu einem prachtvollen Gan-
zen vereinigen, finden sich dort keinesivegs.

D. Aber in der Anwendung der Stuccaturen mit
theilweiser Vergoldung, so wie der Hoch- und Flachreliefs
zur Einfassung und Verzierung der bemalten Räume mö-
gen Cornelius allerdings wohl jene Werke vor Augen ge-
schwebt haben. Und finden Sie die Wirkung nicht gut?

E. 2ch finde den Eindruck des Ganzen für unsere
Zeit, .die wenig dergleichen und fast nichts so Prachtvolles
hat entstehen sehen, neu, und für alle Zeiten vortrefflich.
Denn wie könnten sich Malere», Plastik, Ornament und
Architektur besser zu einem künstlerischen Ganzen; zu ei-
nem harmonischen Kunstwerke vereinen, als so? Was ich
aber zugleich rühmen muß, ist die Art, wie der Künstler
seine Gemälde vor Augen gestellt hat. Die Hauptbilder
sind in den selbstständigen Räumen; am Gewölbe dagegen
ist er dem Beyspiele Rafaels in der Farnesina gefolgt; die
Gemälde gleichen aufgespannten Teppichen mit grünen
Guirlanden und Frucht - und Blumengehängen eingefaßt,
und zwischen ihnen sind Muscheln, Masken und kleinere
Felder angebracht. Der lasurblaue Grund, auf welchem
alle Bilder der Decke gehalten sind, macht den Eindruck
des Luftigen und Phantastischen, die Vergoldungen der
Zwischenräume nehmen sich prachtvoll aus und alles zu-

sammen gewährt ein äußerst heiteres und festliches An-
sehen.

I. Fast scheinen mir die oberen Räume des Gewöl-
bes, wo dje Rippen zusammenlaustn , in etwas zu kleine
Theile zerschnitten; vielleicht gewinnt dadurch der Saal an
Ansehen der Höhe, doch laugne ich nicht, großartiger wür-
de die Eintheilung meinem Auge wohlgefälliger seyn, ob-
gleich ich zugeben muß, daß der Künstler die Verhältnisse
der Figuren in den verschiedenen Feldern sehr gut gewählt
hat, und der Wechsel der Größen eine, eigene Anmuth in
da-s Ganze bringt. Aber die Vertheilung der Räume hing
wohl hauptsächlich von den Gegenständen ab, mit welchen
wir uns ja noch nicht beschäftigt haben. Mir erscheint
alles so neu und eigcnthümlich und jedes dieser Bilder
blickt mich so bedeutungsvoll an, daß ich Sie sogleich um
2hre Erklärung bitte. Zu den Gedanken des Künstlers
werden Sie, als sein Freund, wohl den besten Schlüssel
besitzen.

D. Sie wissen, im Allgemeinen sprechen Künstler
nicht gern über ihre Werke. Das Gemälde ist des Ma-
lers Gedicht, und das Schaffen seiner Hand ist die Spra-
che seines Mundes. Obgleich ich oft diese Bilder mit Cor-
nelius gesehen, hat er sich doch nur über wenige gegen
mich erklärt. Was ich Ihnen also sagen kann / ist mehr
meine eigene Deutung, wie ich nach der Bekanntschaft
mit seiner Denkweise, mir vorstelle, daß er es ungefähr
aufgefaßt und gemeint haben könnte.

Zuvörderst müssen wir darauf Rücksicht nehmen, daß die
ganze Dichtung des Künstlers vom Raume bedingt war.
Wenn cs ein Vvrtheil der Freskomalerey ist, eine Reihe
von Darstellungen so verbinden zu können, daß das Auge
von einer zur andern übergehend, wie in einem Buche
fortlieset, die Entwicklung des Gedankens schrittweise ver-
folgt, und zugleich ein Hüben und Drüben, ein Oben
und Unten in Gegensatz und Vereinigung gewahrt, Haupt-
handlüngen und Episoden scheidet und von diesen zu Schmuck
und Verzierung fortgeführt sich in einem beständig kor-
respondirenden Wechsel des Gedankens , der Empfindung
und des äußern Sinnenreizes befindet, wenn alle diese
Vortheile der Freskomalerei) zu Gebote stehen, so ist sie
anderseits doch wieder an bie vorhandenen Räume gebun-
den, und der Gedanke, welchen der Künstler faßt, muß
sich oft beschränken oder erweitern, je nachdem ein Feld
weniger oder mehr zu verzieren, eine Wand mehr oder
weniger zu füllen ist.

Die Aufgabe war, in diesem Saale einen Ucberblick
der griechischen Götterwelt zu geben, da der gegenüber-
liegende für die Darstellung der Heroenzeit bestimmt
wurde. Wie hatte aber der Künstler die unzähligen Göt-
termythen in diese Räume vertheilen sollen? Er mußte
nur das Hauptsächlichste wählen und berechnen, wie und
Register
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